Kapitel 8

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Eine Zeit war es sehr still und ich beließ es so. Meinem Zukünftigen ging es schlecht und wenn er mit mir über die Ereignisse sprechen wollte, würde er dies tun.

„Sie war äußerst erfreut, als ich zu ihr zurückkehrte - vor der Niederkunft. Die Kleine ließ dann auch nicht mehr lange auf sich warten und erblickte das Licht der Welt vor einigen Tagen. Selenna war überglücklich, ich war überglücklich.... doch es währte nicht lange. Ihr Schmerz nahm mit jedem Tag zu und kein Heiler vermochte ihr zu helfen. Ich wollte dich holen, doch das wollte sie nicht. Mit all ihrer letzten Kraft wehrte sie sich dagegen. Sie wollte die letzten Stunden mit unserer kleinen Familie alleine sein. Sie nahm mir das Versprechen ab, dich niemals zu lieben, wie ich sie liebte." als er endete sah er mich an, als würde er eine Reaktion erwarten.

„Wirst du dein Versprechen halten?" fragte ich vorsichtig.

„Du liebst einen anderen Mann ... du machst es mir leicht, mein Wort zu halten. Doch müssen wir heiraten ohne unserer Zustimmung. Aber wer will uns zwingen – uns zu lieben, eine Familie zu gründen? Dazu ist niemand in der Lage und es sollte unseren Eltern eine Lehre sein, uns diesem Schicksal auszusetzen! Stimmst du dem zu?" ich war begeistert von diesem Plan und so einigten wir uns.

Boromir schwor mir, mich nicht zu entjungfern und mir Freiraum zu geben. „Vereinige dich mit wem auch immer du willst – doch schwanger darfst du nicht werden!" mahnte er mich zu unserem Pakt.

Gemeinsam gingen wir zu Erania, die friedlich in ihrem Bettchen schlief, nichts ahnend von all dem Kummer, den ihr Vater ertrug. Das kleine Mädchen wird nie ihre leibliche Mutter kennenlernen und mit mir stattdessen aufwachsen.

„Sie ist ein hübsches Kind. Ich werde ihr eine gute Mutter sein und dir eine gute Frau." schwor ich dem jungen Vater. Dankbar schloss er mich in seine Arme und vergrub sein Gesicht in meinem Haar.

„Sie war meine große Liebe Lynea! Wie soll ich nur ohne sie weiterleben?" Sein trännennasses Gesicht sah mich fragend an. Meine Hände legten sich auf seine Wangen und drehten ihn zu seiner Tochter. „Selenna lebt in ihr weiter! Ich werde für dich da sein mein Freund!" ergänzte ich, während ich seinen Kopf in meine Richtung drehte.

Denethor ernannte Boromir und mich voller Stolz zu Mann und Frau. Die kleine Erania war nicht so zufrieden damit, ihrem Geschrei nach zu urteilen. Isolde gab ihr Bestes, sie zu beruhigen. Rioa, meine Freundin, selbst bereits Mutter von Kindern, eilte ihr zu Hilfe, da der hasserfüllte Blick des Truchsess auf das Neugeborene fiel. Er hieß es gut, dass ich die Bastardtochter von Boromir aufzog, doch so richtig anfreunden konnte er sich nicht mit ihr – zumal sie kein Junge war. In diesem Land war eine Frau von geringerem Wert als ein Mann. In Rohan war das nicht so und auch aus den Geschichten der Elben las man heraus, dass es so gut wie keinen Unterschied gab. Auch Boromir behandelte Frauen mit Respekt, ebenso wie sein Bruder. Es gab also Hoffnung, dass sich mit der neuen Generation das Schicksal der Frauen zum besseren wenden würde.

Meines jedoch ... nun ich habe es angenommen und eingesehen, dass es mich bedeutend schlimmer treffen könnte.

Boromir war ein guter Mann. Ein Hübscher noch dazu, der mich respektvoll behandelte und seine Familie vor allem stellte.

In der Hochzeitsnacht geschah schlichtweg nichts. Mein Mann erfüllte sein Wort und rührte mich nicht an – all die Jahre. So gewann er endgültig mein Vertrauen und meine Zuneigung im freundschaftlichen Sinne. Wir redeten viel, hörten uns zu und führten ein harmonisches Leben. Wenn ich mich einsam fühlte, war auch er es, der mich tröstend in den Arm nahm oder des nachts mir den Rücken wärmte. Da er ein geschäftiger Mann war und oft nicht an meiner Seite sein konnte, gestattete er mir die Ausflüge nach Osgiliath. Rioa wurde zu meiner engsten Freundin und auch andere aus der kleinen Stadt wuchsen mir ans Herz.

Ein altes Herrenhaus direkt an einer großen Brücke grenzend, wurde für mich hergerichtet. So übernachtete ich manche Male in Osgiliath, wenn es zu dunkel wurde, um alleine nach Hause zu reiten.

Boromir gab sich zunehmend weiblicher Vergnügungen hin. Er war eben ein Mann mit Bedürfnissen und das würde ich ihm niemals untersagen, denn das würde bedeuten, dass ich mich ihm hingeben müsste. Unser Abkommen hielt über Jahre bestand und wurde niemals gebrochen – niemals würde ich es riskieren, dass es nicht mehr gehalten werden könnte.

„Sehnst du dich denn nie nach fleischlicher Lust?" fragte er mich nach einem seiner nächtlichen Streifzüge. Kopfschüttelnd verneinte ich. „Man kann nichts vermissen, was man noch nie hatte." begründete ich meine Keuschheit.

„Hast du dir nie vorgestellt, wie es wäre, wenn Eomér deinen Körper befühlt? Wie sich seine Lippen auf deinen Knospen anfühlen? Wie es sich anfühlt, wenn er in dir eindringt?" Meine Augen wurden größer. Peinlich berührt drehte ich meinen Ehering und stotterte vor mir her. „Ich... ja ... nun ... es wäre sicherlich schön!"

Boromir war bei bester Laune und öffnete einen Wein, wovon er mir reichlich eingoß und sich selbst noch mehr. Angetrunken schwelgte er in Erinnerungen. Ausführlich beschrieb er die Empfindungen des Beischlafs anhand von Selenna. Er sprach oft von ihr, vor allem abends am Bett seiner Tochter. Doch dieses mal wollte er mir vermitteln, was mir entging und ermutigen es selbst zu erleben. Zugegeben, seine Schilderungen klangen verlockend, doch selbst wenn ich wollte. Ich wollte mich nicht irgendeinen Mann hingeben... es sollte der Mann sein, den ich wahrhaftig liebe.

Mein Mann zog einen Brief hervor und hielt den mir grinsend unter der Nase.

„Du gehst deine Heimat besuchen, anlässlich einer Hochzeit. Eomér wird ebenfalls anwesend sein. Bleib eine Weile, wenn du willst Lynea. Doch du musst zu mir zurückkehren! Erania und ich brauchen dich hier – in Gondor! Nur mit diesem Versprechen kann ich dich ziehen lassen!"

So schloss sich also der Kreis und erklärte die vorherige Unterhaltung über den Beischlaf. Glücklich lachte ich und nickte eifrig. Einfach nur wieder nach Rohan gehen zu dürfen, nach so langer Zeit, erfüllte mich mit unbändiger Freude.

„Eines muss ich dir noch mitgeben! Ich gönne dir alles Glück auf dieser Welt, Liebes, doch solltest du schwanger werden ... wird dieses Kind als meines in Gondor aufwachsen. Ich habe keine andere Wahl! Sei dir dessen bewusst." Dankbar für seine Unterstützung, umarmte ich ihn fest. „Danke!" hauchte ich in sein Ohr. Gütig lächelnd strich er über meine Wange.

Den Brief legte er mir aufs Bett. Er war von Isolde, die mir freudig von der Hochzeit Eddas und Everards berichtete. Es war wohl Eddas sehnlichster Wunsch, dass ich der Hochzeit beiwohnen würde. Dass die beiden zueinander fanden, war nicht ganz überraschend. Tauschten sie doch schon seit jeher verliebte Blicke aus und suchten die Einsamkeit, wenn sie aufeinander trafen. Isoldes letzter Satz lautete: 'Wir alle freuen uns auf dein Kommen liebe Lynea ... vor allem Eomér. '

Faramir war mein einziger Begleiter für diese Reise. Boromir hatte Vertrauen in meine erlernten Kampfkünste und noch mehr in die seines Bruders. Mit einem Kuss auf der Wange verabschiedete mein Mann mich mit Erania – unserem Kind - auf dem Arm, was zur Abwechslung schweigsam das Geschehen beobachtete. Normalerweise war sie mit ihren drei Jahren schon recht redselig. Sie wuchs mir so sehr ans Herz, dass ich mich wie ihre wahrhaftige Mutter fühlte. Die Trennung von ihr fiel mir schwer. Doch Rioa versprach, nach beiden regelmäßig zu schauen und sich um sie zu kümmern.

Denethor missbilligte meine Abreise. „Du solltest lieber hier bleiben und dich von Boromir endlich schwängern lassen!" kommentierte er brummig, wünschte mir dennoch eine sichere Reise. Der Truchsess ahnte nichts von dem Pakt, den sein Sohn und ich vor drei Jahren schlossen. Sein Wunsch nach einem rechtmäßigen Enkel wurde von Monat zu Monat größer.  

Jugendliebe vergeht nicht (Eomér FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt