Kapitel 9

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Fararmir berichtet mir unterwegs, dass er von Boromir die Anweisung bekam, auf mich aufzupassen, aber nicht von Eomér fernzuhalten. „Ich weiß von eurem Pakt! Ein nobler Zug von meinem Bruder, doch es ist nur eine Frage der Zeit, wie lange das gut gehen wird. Du weißt, wie kurz der Geduldsfaden unseres Vaters ist! Er wartet nun schon drei Jahre vergebens auf einen Enkel und rechtmäßigen Erben." Er sprach den Gedanken aus, der schon vor einiger Zeit in meinem Kopf aufkeimte. Die Lösung würde sich heute und auch in den nächsten Wochen nicht darlegen. So schob ich die Sorgen zunächst nach hinten. Außerdem überwog zunächst die Freude auf meine Heimat.

Die Reise konnte nicht schnell genug vergehen, wenn es nach meinem Befinden ging. Mein freundlicher Begleiter lenkte mich zwar gut ab, dennoch malte ich mir ständig Szenario aus, was mich in Edoras erwarten würde.

Endlich erspähte ich in der Ferne die goldene Halle Meduseld. Die Luft war hier anders, was ich vorher nie so wahrnahm. Hatte ich doch Zweifel, ob Edoras wirklich meine Heimat war, so hatte ich jetzt Gewissheit! Mein Herz wollte hierher zurück und Heimat ist bekanntlich da, wo sich das Herz zu Hause fühlte. Doch vermutlich lag der Grund meiner Sehnsucht auch noch an jemand anderem.

Mein Pferd war schon erschöpft, doch ich trieb es zu einem letzten Spurt an. Faramir folgte mir, nur nicht ganz so schnell und fiel ein wenig zurück. Erst vor der Halle brachte ich meinen Hengst zum Stehen und stieg ab, in die ausgestreckten Arme meiner Freundinnen Jolanda und Isolde. Edda kam kreischend auf mich zu und rannte mich dabei fast um. Auch andere mir bekannte Gesichter stürmten auf mich zu. König Theodén selbst begrüßte mich in einer warmherzigen Umarmung. Sogar Eowyn begegnete mir freundlich.

Weiter hinten am Rande des Geschehens erkannte ich einen stattlichen Mann, der viele Ähnlichkeiten mit Eomér hatte. Ungläubig ging ich auf den Krieger zu, blieb mit etwas Abstand stehen. „Eomér?" fragte ich ungläubig. Der Krieger war mindestens zwei Köpfe größer als der des jungen Mann, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Seine Haare waren länger als bis zur Schulter und ein Bart zierte sein Gesicht. Doch unverwechselbar - seine goldbraunen Augen funkelten mich an. Eomér ́s Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, ein etwas gequältes, aber dennoch war es eins. Tränen stiegen in meine Augen und ohne nachzudenken, raffte ich mein Kleid und rannte die letzten Schritte zu ihm. Er hieß mich in seinen Armen willkommen – drückte mich fest an sich und ließ mich nicht mehr los.

Lachen und Weinen überkam mich. Nach einer Ewigkeit ließ er mich frei. Er sah mir in die Augen, liebevoll und schmerzlich zugleich. Der Versuchung nachgeben und wissend, dass wir weit genug weg waren vor neugierigen Blicken, nahm ich sein Gesicht in meine Hände und küsste ihn, bevor er sich mir entziehen konnte. Das tat er nicht. Im Gegenteil, er vertiefte den Kuss und zog meinen Körper, wenn überhaupt möglich, noch dichter an seinen. Mein Herz stolperte vor sich her – es wusste nicht, ob es rasen oder stehen bleiben sollte.

„Lynea..." Er rang um seine Worte und ich um meine Fassung. Seine Stimme ist tatsächlich noch tiefer geworden, als ich zuletzt in Erinnerung hatte. Er war zum Mann geworden, ebenso wie ich zur Frau.

„Ich liebe dich." brachte er leise die Worte über seine Lippen.

Ein Freudenseufzer entkam mir und Tränen aus verschiedensten Gefühlsregungen, rannen über meine Wangen.

„Ich habe dich schon immer geliebt – Eomér!" antwortete ich sanft.

„Ich weiß und das macht das alles nicht besser. ...Wenn du nachher Zeit hast ... wenn du dich ausgeruht hast ... Was ich sagen will – wir sollten uns unterhalten. Drei Jahre sind eine lange Zeit und ich will alles von dir wissen. Isolde berichtete schon einiges, doch sie ging vor zwei Jahren vom Hofe ... ."

Scheinbar war der junge Krieger ein neugieriger Mensch geworden. Doch genauso wollte ich auch wissen, was sich bei ihm geändert hat... wie sein Leben bisher verlief.

„Ja ... wir sollten uns unterhalten. Doch erst nach der morgigen Hochzeit. Wirst du mein Begleiter dafür sein?"

Ein schönes Lächeln und leichtes Nicken beantwortete meine Frage. Mit einem Kuss auf der Wange verabschiedete mich der junge Mann, bevor er sich elegant umdrehte und in den Schatten der Mauer verschwand. Wie in einer Schockstarre verweilte ich einen Moment. Meine Hände berührten meine Lippen, die eben noch von Eomér liebkost wurden. Alles in mir geriet durcheinander und ich selbst ins Wanken. „Du hast also Eomér gefunden?" fragte mich Faramir vorsichtig, der einen Arm um mich legte und zum Gehen bewegte. „Das habe ich. Was geschieht mit mir? Mein Körper fühlt sich merkwürdig an ... meine Kehle ist trocken, mein Herz rast und mir ist unglaublich schlecht." Mein Begleiter gluckste vergnügt. „Du liebst ihn immer noch. Was ist passiert?" Gezielt lenkte er mich während des Gesprächs zu meinen Freundinnen. „Wir haben uns geküsst und ... er hat mir seine Liebe gestanden. So viele Jahre fragte ich mich, ob er wohl jemals mich wirklich geliebt hat. Nun, da ich es weiß ... lässt das den Schmerz beinahe wachsen." Der junge Krieger an meiner Seite blieb stehen und drehte mich zu sich um.

„Lynea – Liebe ist ein seltenes Gut! Zweifel nützen euch nichts! Du kannst einige Zeit hier bleiben und hast dafür den Segen von Boromir. Es hätte euch viel schlimmer und aussichtsloser ergehen können."

Faramir und ich standen uns schon all die Jahre nah und waren sehr gute Freunde. Sein Rat und in dem Fall seine Meinung waren mir wichtig. Zum Dank umarmte ich ihn freundschaftlich und verabschiedete mich, um zu meinen Freundinnen zu stoßen. Sie planten einen Frauenabend vor der Hochzeit, um die Braut aufzuhübschen und zu entspannen. Außerdem würden wir reichlich über Weiberkram schnattern.

Jolanda, Isolde und ich versammelten uns bei Edda, machten ihr ein Fußbad und eine Gesichtsmaske aus Rosmarien- und Lavendelöl. Die Fingernägel wurden gründlich gereinigt und von mir in Form gefeilt. Edda war eine Frau bereits in die Jahre gekommen, ebenso wie der Ausbilder Everard. Beide waren bereits verheiratet und verloren durch Krankheit oder Wunden ihren damaligen geliebten Partner. Doch das Schicksal meinte es gut, immerhin heirateten sie erneut einen Menschen, den sie liebten. Sie würden gemeinsam alt und glücklich werden. Das wollte ich auch – genau das!

Meine Freundinnen wollten alles von mir wissen. Vor allem über das Land Gondor – war es doch mit mehr Reichtum gesegnet als Rohan. „Prunk und Edelsteine sind nicht alles. Die nettesten Menschen sind dort die, die ein einfaches Leben führen. Die Adligen, Hochgeborenen oder Reicheren sind unausstehlich... sie würden ertrinken wenn es regnet – so hochnäsig sind sie." wetterte ich über die Meinesgleichen. Jolanda und Isolde verfielen in hysterisches Gelächter und Edda brachte zu diesem Anlass einige Weinflaschen zum Vorschein. Von da an wurde Wasser durch Wein ersetzt und die heitere Stimmung wurde immer ausgelassener. Die Damen plauderten über schmutzige Schlafzimmertätigkeiten und fantasierten, wer von den Kriegern in Edoras besonders begehrenswert war. „Ich verstehe Lynea... Eomér ist sooo unwiderstehlich! Nur zu schade, dass er keine mehr an sich ran lässt, seit du fort geschickt wurdest." lallte Jolanda in ihrem vernebelten Zustand. Breit grinsend und selbst nicht mehr zurechnungsfähig, freute ich mich so sehr über diese Botschaft, dass ich mein Glas darauf erhob. Was danach geschah, wusste ich nicht mehr.

Jugendliebe vergeht nicht (Eomér FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt