7. Dezember

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Ohne zu klopfen, betrat ich das Zimmer meiner älteren Schwester Natalie

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Ohne zu klopfen, betrat ich das Zimmer meiner älteren Schwester Natalie. Obwohl das Lied „Thank God It's Christmas" von Queen mindestens auf Lautstärke 100 aus ihrem Lautsprecher dröhnte, hatte sie gemerkt, wie ich hereingekommen war. Sie murmelte etwas in einem genervten Tonfall, doch ich verstand kein Wort, da sie von der lauten Musik übertönt wurde. Also schnappte ich ihr Handy und drückte auf Pause. „Angelina, wie oft soll ich es dir noch sagen, klopfe, bevor du hereinkommst! Und gib mir gefälligst mein Handy zurück, sonst passiert was!", drohte sie, aber ich wusste, dass sie sowieso nichts machen konnte. Ich war das jüngere Geschwisterkind, weshalb meine Eltern immer mir glaubten und Natalie schimpften. Ich musste nur weinend zu ihnen laufen, dann wurde sie auch schon angeschrien. Das war echt praktisch, da ich Natalie so immer nerven konnte, ohne Ärger zu bekommen.
Deshalb rannte ich lachend mit ihrem Handy davon, in den Flur und ins Stiegenhaus, wo ich aufpassen musste, nicht die Treppen runterzufallen. Ich hörte, wie Natalie mir dicht auf den Fersen war, weshalb ich anfing zu schreien. Sofort standen meine Eltern da. „Was ist los?", fragte meine Mutter und sah zwischen mir und Natalie hin und her. „Sie will mir wehtun!", log ich, ohne mit der Wimper zu zucken. „Das stimmt nicht, sie hat mir mein Handy weggenommen!", widersprach Natalie mir. „Habe ich nicht!", rief ich und ließ das Handy in der Tasche meines Pullovers verschwinden. Wütend kam Natalie auf mich zu und ich dachte, sie wollte mir wirklich wehtun, aber stattdessen griff sie in meine Tasche und nahm ihr Handy zurück. „Sag ich doch!", sagte sie und zeigte demonstrativ auf das Handy. „Angelina, wieso hast du ihr das Handy weggenommen?", fragte mein Vater streng. Mein Gehirn suchte schon nach einer Ausrede, eines meiner größten Talente. „Weil Natalie immer am Handy ist!", meinte ich siegessicher. „Um Himmels Willen, von wegen ich bin immer am Handy, ich habe mir Weihnachtsmusik angehört! Ich kann es euch beweisen!", protestierte Natalie und öffnete ihr Handy. Sie suchte irgendetwas und als sie es fand, hielt sie meinen Eltern das Handy vor die Augen. Dann zeigte sie es mir und ich erkannte ihre Bildschirmzeit. Heute nur eineinhalb Stunden und der Großteil davon war nur wegen Musik. Ich hatte verloren.
„Angelina, wieso hast du ihr das Handy weggenommen?", wiederholte Papa. „Ich... ich", stotterte ich, während mein Gehirn nach einer neuen Ausrede suchte, doch das erste Mal in meinem Leben fand es keine. „Sie lügt euch immer an!", verpetzte Natalie mich. „Stimmt doch gar nicht!", sagte ich, aber meine zitternde Stimme verriet mich. „Hmm... ich erinnere dich nur an die tausend Male, als du gesagt hast, ich hätte dich ganz arg geschlagen, daweil hast du mich öfters gehaut. An die hundert Aussagen, dass ich dir etwas weggenommen habe, daweil hast du es heimlich in mein Zimmer gelegt, damit ich Ärger bekomme. Soll ich fortfahren?" Es war mir bewusst, dass unsere Eltern Natalie und nicht mir glaubten. Wieso hatte ich heute wirklich ihr Handy gestohlen? Klar, um sie zu nerven. Aber hätte ich dies nicht getan, wäre die Wahrheit jetzt nicht ans Tagelicht gerückt. „Angelina, du hast Zimmerarrest und Fernsehverbot", gab Mama mir Bescheid und ich verwendete meine einzige Waffe, die mir noch nicht weggenommen worden war. Ich fing an zu weinen. Die Tränen kamen wie Wasserfälle und normalerweise bewirkte dieser Trick immer, dass Mama Mitleid mit mir bekam. Jedoch zeigte sie nach oben und signalisierte mir, dass ich in mein Zimmer gehen musste. Ich tat wie mir geheißen und stieg die Treppen hoch zu meinem Schlafzimmer, wo ich mich trotzig aufs Bett schmiss und meinen Teddybär Bill, den ich zu meinem ersten Geburtstag bekommen hatte, fest umklammerte.

24 Lichter | 2023Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt