13. Dezember

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Unerwartete Wendungen

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Unerwartete Wendungen

Schon als ich die Tür aufdrückte, kam mir ein Geruch von Glühwein, altem Holz und Zimt entgegen. Normalerweise würde ich so einen Schuppen nicht betreten, aber mir blieb wohl oder übel nichts anderes übrig. Denn leider war es so, dass ich auf dem Weg zu meinen Eltern, die in einer Kleinstadt mit gerade mal dreitausendfünfhundert Einwohnern lebten, durch dieses elendige Schneegestöber fahren musste und mir dann auch noch der Motor verreckt war. Natürlich blieb mir auch nichts erspart! Ich war seit drei Jahren nicht bei meinen Eltern, um Weihnachten mit ihnen zu verbringen. Nicht weil ich ein Weihnachtsmuffel war, nein vielmehr, weil ich ein Familienmuffel war und einfach zu viel arbeitete.
Ich war mit meinem Job verheiratet, die Leiterin einer der größten Mall in Chicago zu sein, ließ einem nicht viel Zeit. Diese kleine Auszeit über die Feiertage zu meinen Eltern zu fahren, war auch mein erster richtiger Urlaub, seit drei Jahren. Selbst wenn ich mal freie Tage hatte, verbrachte ich sie lieber damit, in der Mall zu sein, als zu Hause. Warum auch? Niemand wartete auf mich! Ich war sowas von Datinguntauglich. Ich hatte es einmal versucht, aber No way!
War es eigentlich mittlerweile üblich, dass man sich bei einem Date lustige Katzenvideos zeigte? Denn genau das hatte mein letzter Datingpartner getan.

Na ja, dieses unspektakuläre zwanzig Minuten Date, hatte ich dann mit einem »Ich gehe jetzt Lol« beendet.
Hätte mich der Typ, der mich auf einen Kaffee eingeladen hatte, nicht in der Parfümabteilung angesprochen, hätte ich seit fünf Jahren kein Date mehr gehabt und hätte meine Mittagspause auch anderweitig verbringen können. Aber genug davon.
Ich ließ meinen Blick durch diese kleine, wenn auch hübsch eingerichtete und weihnachtlich geschmückte Bar schweifen und blieb an einem breiten Rücken hängen, der in einem schwarz rot karierten Hemd steckte. Typisch, oder? Kleinstadt ... Holzfällerhemd, wie klischeehaft!
Dennoch sah der Rücken gut aus, muskulös und auch so als könnte er mir weiter helfen. Die Tatsache, dass er anscheinend der Barkeeper war, weil er hinter der Bar stand, ließ ich jetzt mal außer Acht. In meinen Absatzschuhen, die absolut nicht zu den Wetterbedingungen passten, lief ich über den stellenweise klebrigen Boden, bis hin zu dem Holzfällerhemd.
Ich blieb direkt vor der Bar stehen und räusperte mich über die gedämpfte Weihnachtsmusik hinweg. »Hallo Mister« ... Ich überlegte und entschied mich für Barkeeper. »Mister Barkeeper!«
Holzfällerhemd, der damit beschäftigt war, ein paar Flaschen ins Regal zu sortieren, drehte sich langsam um. Sehr intensive grüne Augen, die sich verengten und ein kleines Schmunzeln, dass ihn wirklich umwerfend aussehen ließ, betrachteten mich einige Sekunden lang. Dann lächelte er breit und fragte:

»Mister Barkeeper, ein besserer Name ist ihnen nicht eingefallen?«
Wie bitte sollte ich ihn denn seiner Meinung nach nennen? Sexy Santa? Denn als solcher würde er definitiv durchgehen! Ho Ho Ho ich bring' dir Weihnachtsgeschenke in Form von Orgasmen, die sich gewaschen haben.
Bilder aus meinem Kopf.
Ich setzte mein bestes Lächeln auf und redete mit der nettesten Stimme, die ich besaß. »Hören sie Mister« ... Ich stockte, weil ich ihn nicht schon wieder so nennen wollte und blickte ihm auffordernd in die Augen.
»Josh« half er mir auf die Sprünge. »Josh« wiederholte ich, seinen Namen. »Ich bin auf dem Weg zu meinen Eltern und muss nach Galena. Mein Auto steht ein Stück weit die Straße runter, ich komme weder vor noch zurück. Die anderen Läden hier auf der Straße hatten schon zu und mein Handy hat keinen Empfang.«
Josh musterte mich einen Augenblick, dann erwiderte er: »Sie sind hier in „Dubuque Iowa" falls ihnen das etwas sagt. Haben sie mal nach draußen geschaut? Der Schneesturm wird immer heftiger und gerade im Radio wurde gesagt das die Straßen gesperrt werden, also tut mir leid Lady heute wird das nichts mehr.«
Haben sie mal nach draußen geschaut, war das sein Ernst? Woher kam ich denn bitte? Wie gern hätte ich ihm jetzt die Schneeflocken, die immer noch in meinem langen blonden Haaren hingen, ins Gesicht geschleudert, aber ich ließ es. Kleinstadtmenschen doch nicht so freundlich wie immer behauptet wurde.

24 Lichter | 2023Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt