Mattys Weihnachtswunsch
Wenn wir uns etwas wünschen und ganz fest daran glauben, geht es dann in Erfüllung?
Weihnachten vor zwei Jahren
Vorsichtig darauf bedacht, keinen einzigen Laut zu machen, ging der Junge auf leisen Sohlen. Der Boden war kalt, kälter als sonst, doch wenn er seine Schuhe angezogen hätte, wäre womöglich eines der anderen Kinder wach geworden. Oder vielleicht sogar Miss Melly. Nein, das wollte er nicht riskieren, zumal Miss Melly ihm immer dieses nette Lächeln schenkte und außerdem wusste er ganz genau, wenn er nicht artig war, dass sein Wunsch womöglich nicht in Erfüllung gehen würde. Das konnte er nicht riskieren. Dennoch musste er noch einmal nachsehen, er musste noch einmal ganz sicher sein, dass was er sich gewünscht hatte auch wirklich in Erfüllung gehen würde. Dafür musste er noch einmal zum Fenster und den großen Weihnachtsbaum, den die Kinder heute draußen zusammen mit Miss Melly geschmückt hatten sehen.
Ihre Worte gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf. »Wenn ihr eure Kugel aufhängt, dürft ihr euch etwas wünschen und mit viel Glück erfährt es der Weihnachtsmann.«
Der Junge hatte sich eine Kugel aus der Schachtel genommen, hatte sie betrachtet und ganz still und heimlich mit ihr vereinbart, dass sie seinen Wunsch doch bitte zum Weihnachtsmann schicken sollte. Er wartete schon so lange und war immer geduldig gewesen. Jahr um Jahr hatte er immer nur diesen einen Wunsch gehabt und bisher war nichts passiert. Als er die Kugel an den Weihnachtsbaum gehängt hatte, hatte er ganz leise vor sich hin geflüstert: »Bitte schicke meinen Wunsch zum Weihnachtsmann. Ich wünsche mir eine richtige Familie«
Er hatte kurz die Augen geschlossen und innegehalten, bis er Connors Stimme gehört hatte. »Bitte lieber Weihnachtsmann, ich wünsche mir ein ferngesteuertes Auto.«
Es war nicht so, dass der Junge sich nicht auch ein Auto oder ein anderes tolles Spielzeug wünschte, doch eine richtige Familie, mit einer Mutter, die ihn abends ins Bett brachte und vorlas und einem Vater, der mit ihm, Fußball spielte, das wünschte er sich mehr als alles andere. Vielleicht sogar eine Schwester oder einen Bruder, oder einen Hund, aber er wollte nicht zu viel verlangen.
Er trat an das Fenster heran. Es schneite immer noch und obwohl es draußen dunkel war, sah durch die Schneedecke, die auf dem Boden lag, alles heller als sonst aus. Er stellte sich auf Zehenspitzen, um den Baum besser sehen zu können und da war er. Miss Melly hatte, sowie sie es den Kindern versprochen hatte, die Lichter angelassen. Der Junge wusste ganz genau, wo sich seine Kugel befand und sah unverwandt dahin. Von der Entfernung aus konnte er sie nicht richtig sehen, aber er war sich sicher, dass sie noch da war. Auch wenn er die Kugel nicht sehen konnte, schloss er die Augen und flüsterte nochmal leise vor sich hin. »Bitte, Bitte lieber Weihnachtsmann, schenk mir eine Familie!«
Als der Junge die Augen öffnete, sah er an die Stelle, an der seine Kugel hing, etwas aufblitzen. Vor Schreck riss er weit die Augen auf und sein kleines Herz klopfte mit einem Mal ganz wild. Er war sich sicher, dass der Weihnachtsmann diesmal seinen Wunsch gehört hatte...
Das kaputte Auto
Matty plusterte die Wangen auf und hielt die Luft an. Er wusste, wenn er das tat, konnte er ausblenden, was gerade passiert war. Es war nicht so, dass er es mit Absicht gemacht hatte, doch wirklich aufgepasst hatte er nicht. Er konnte ertragen, dass Connor sauer auf ihn war, aber er konnte nicht ertragen, wenn Miss Melly ihn mit diesem mahnenden Blick ansah. Miss Melly war für Matty das, was einer Familie am nächsten kam. Deshalb war es für ihn auch besonders beschämend, dass Miss Melly jetzt im Zimmer der Jungs stand und das kaputte Auto in den Händen hielt und Matty diesen Blick zuwarf. Sie warf diesen Blick nur unartigen Kindern zu. Bisher hatte sie Matty diesen Blick noch nicht zugeworfen, da er immer artig war, auch wenn es nichts brachte. Der eine Wunsch, den er sich seit langen wünschte, war unerfüllt geblieben. Mittlerweile war er zehn Jahre alt und er hatte sich oft gefragt, ob er nicht so langsam zu alt für eine Adoption war. Jedes Mal, wenn ein Pärchen ins Waisenhaus kam, nahmen sie immer nur die jüngeren, süßeren Kinder mit. Oder sie nahmen die Kinder mit, denen es egal war, ob sie blieben oder gingen. Matty hatte das schon ganz genau durchschaut und ob es den Weihnachtsmann wirklich gab, daran zweifelte er auch so langsam.
Neulich hatte Alex aus seiner Klasse erzählt, dass es den Weihnachtsmann gar nicht geben würde. Dass er nur eine Erfindung der Erwachsenen sei, um Geschenke unter den Baum zu legen.
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24 Lichter | 2023
RandomAlle Jahre wieder - ist es so weit und Weihnachten steht vor der Tür... Alle Jahre wieder - suchen sich alle vorfreudigen Menschen einen Adventskalender... Alle Jahre wieder - komme ich auf die grandiose Idee, die - ganz entspannte und stressfreie...