48. Girls Talk

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Nach dem Ausklang am letzten gemeinsamen Abend, bei dem unsere Lehrer uns mitteilten, uns um Mitternacht auf unseren Zimmern zu erwarten und sonst morgen früh um halb zehn in der Hotellobby, hatten wir fünf Mädels uns auf dem Weg zum Hard Rock Café gemacht, weil Denise ihrem Freund noch ein T-Shirt mitbringen wollte. Auf dem Weg dorthin waren wir uns auch alle einig, dass wir danach auf jeden Fall nicht direkt zum Hotel zurückgehen wollten und Vera schlug eine kleine Bootstour über den Tiber vor, was am Abend laut TripAdvisor-Bewertung wunderschön sein sollte.

Ich lachte nervös auf. „Danke, aber ohne mich!", rief ich und erinnerte sie an meine weniger schöne Erfahrung in Barcelona auf der Yacht. Zwar sollte der Tiber wesentlich ruhiger sein als das Mittelmeer, aber ich wollte es lieber nicht provozieren. Also entschieden wir uns für einen entspannten Billard-Abend in einem Lokal, das sogar nur ein paar Straßen von unserem Hotel entfernt lag.

Nachdem wir das T-Shirt für Denises Freund besorgt hatten, beschlossen wir, die Dreiviertelstunde Fußweg auf zwanzig Minuten U-Bahn zu reduzieren. Glücklicherweise hatte das Lokal noch einen Billardtisch für uns zur Verfügung. Wir teilten uns für die erste Runde in die Teams Lizzy-Ich und Rebekka-Vera auf, denn Denise erklärte sich bereit, die erste Runde auszusetzen. Mir wurde die Ehre zuteil, den ersten Stoß abzugeben und der war sogar ganz gut. Die Kugeln verteilten sich in alle Richtungen, aber leider fiel keine in eine der sechs Balltaschen. Allerdings leitete dieser Stoß nicht nur den Spielbeginn ein, sondern animierte Lizzy nach stundenlangem und bisher geduldigem Warten, das heiß ersehnte Frauengespräch über die sehr komplexe Beziehung zwischen Henry und mir anzusprechen.

Mit einem leisen Seufzer erzählte ich den Mädels von dem Zwist, den Henry verursacht hatte und der unserem Roadtrip ein bitteres Ende bereitet hatte. Ich fing bei dem gemütlichen Frühstück bei Mariela an und betonte die Intimität, die zu dem Zeitpunkt noch zwischen uns geherrscht hatte, als er mir wie selbstverständlich die Hand auf den Oberschenkel gelegt hatte. Die Stelle hatte augenblicklich angefangen zu prickeln, während ich mein Grinsen im Milchschaum des Cappuccinos versteckt hatte.

Die Szene erwähnte ich nur aus dem Grund, um im Nachhinein zu verdeutlichen, wie verraten ich mich gefühlt hatte, als ich im Zug in seinem aufschlussreichen Tagebuch gelesen hatte. Und wie mir dabei die tintenblauen Worte den Boden unter den Füßen weggerissen hatten.

„Er hatte den ganzen Scheiß geplant und es nicht für nötig gehalten, es mir zu sagen, geschweige denn mich vorher zu fragen, ob ich das überhaupt will." Lizzy und ich waren wieder an der Reihe beim Billard. Mit meinem Laienauge beurteilte ich die Position der weißen Kugel als sehr günstig für uns. Ich begab mich in Position und zielte mit einer geraden Ziellinie auf die blaue halbe Kugel, die direkt vor der Tasche lag.

„Hättest du denn Ja gesagt?", fragte Denise hinter mir. Mit einem Ruck stieß ich den Queue gegen die weiße Kugel und ohne selbst in die Tasche zu fallen, stupste sie unsere Kugel elegant hinein. Das war meine erste Kugel für heute Abend! Die anderen beiden hatte Lizzy schon eingelocht.

„Natürlich nicht", antwortete ich Denise, während ich mir die rote halbe Kugel aussuchte, die ich etwas rechts treffen musste, damit sie eventuell in die Tasche fiel.

„Dann kann ich ihn ehrlich gesagt vollkommen verstehen", sagte Lizzy. „Er wusste selbst, dass du niemals mit ihm irgendwohin gehen würdest, also hat er die einzige Chance ergriffen, zu der er je kommen konnte."

Wollte sie mich eigentlich verarschen? Hatte sie mir überhaupt zugehört? Ich hielt inne.

„Lizzy, er mich angelogen", betonte ich das Problem langsam. „Er hat mich die ganze Zeit im Glauben gelassen, wir sind uns nähergekommen, weil die Klassenfahrt für uns einfach nur schiefgelaufen ist. Dabei hat er das alles initiiert und das nur für den eigenen Zweck. Auf mich und meine Gefühle und was ich überhaupt will hat er keinerlei Rücksicht genommen! Und wem gibt er dann noch zum Schluss die Schuld? Richtig mir, weil er sich sonst nicht traut, mich anzusprechen."

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