17. Trucker-Babe, hehe

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„Normalerweise transportiere ich Lebensmittel vom Lager zu den Supermärkten, hehe", erzählte uns unsere zweite Mitfahrgelegenheit, die sich selbst feierlich als Álvaro I. vorgestellt und über seinen eigenen Witz gelacht hatte. Seit wir ihn an der kleinen Tankstelle in Andorra getroffen hatten, redete er ohne Punkt und Komma. Sein Lieblingsthema war sein Job als Lkw-Fahrer. „Aber ich habe von einem alten Kumpel, der Vieh transportiert – meist Rinder und Schafe, selten auch mal ein paar Pferde – einen Anruf gekriegt, dass er wegen einer kurzfristigen Gallenstein-OP seine Sonderfahrt, also diese Wollknäuel dahinten, nicht antreten kann und hat mich gefragt, ob ich nicht für ihn einspringen kann. Wisst ihr, meine Frau ist Altenpflegerin und hat dieses Wochenende Nachtschicht, weshalb wir uns eh nicht viel sehen, weshalb ich mir dachte: Mensch, das sind mehrere hundert Tacken für eine Fahrt nach Frankreich, du wärst schön blöd, wenn du das ausschlagen würdest! Und wie lange kennst du den alten Hector schon, einige Jahre hat eure Freundschaft schon auf dem Buckel, da machst du das nur zu gern für ihn, damit der Esel sich mal ausruhen kann, hehe."

Wenn ich Álvaro beschreiben müsste, würde ich ihn einen fröhlichen Mann mittleren Alters nennen, der bei seinen ausschweifenden Erzählungen über seinen heiß geliebten Job die für ihn witzigen Passagen mit einem glucksenden „hehe" unterstrich. Außerdem knüpfte er jede erklärende Bemerkung mit einem „Wisst ihr..." an seine Berichte an und verschachtelte seine Sätze anscheinend sehr gerne. Da unsere Spanischkenntnisse noch am Anfang standen, war er sogar so nett und umschrieb die uns die unbekannten Vokabeln mit einfachen Worten oder Gesten oder gebrochenem Englisch.

Nach der vierten Geschichte über eine dicke Katze, die sich wohl in die Ladung geschlichen und ihm beim Ausladen entgegen gesprungen war, hatte ich mir angewöhnt, bloß zu nicken und kleine Worte des Interesses von mir zu geben, denn das reichte ihm anscheinend völlig aus, um uns weiterhin mit seinem „hehe" zu unterhalten. Henry stellte dagegen ab und zu Fragen, aber da er sich mehr seiner Kamera und unserer Umgebung widmete, tat er dies auch nur aus reiner Höflichkeit.

Aber auch wenn wir nicht alles verstanden, was Álvaro uns da auftischte, weil er stellenweise auch sehr schnell und etwas undeutlich sprach, empfand ich seine tiefe, weiche Stimme in Fusion mit dem gebürtigen Katalanisch als sehr angenehm. Sein ewig andauernder Wortschwall war mir um einiges lieber als Pierres und Hélènes französische Volksmusik.

„Wo sagtet ihr, wollt ihr nochmal hin?", fragte er irgendwann und ich war so überrascht, dass ich erst gar nicht realisierte, dass er uns direkt angesprochen hatte, bis Henry ihm unser Ziel verriet. Dabei hatten wir Álvaro das direkt beim Kennenlernen gesagt. Aber er hatte sowieso fröhlich von seinem Job geplappert, als wäre er einfach heilfroh, zur Abwechslung ein paar Gesprächspartner auf einer langen Fahrt zu haben, sodass er diese Informationen scheinbar nicht richtig abgespeichert hatte. „Ach ja, das sagtet ihr ja schon in Andorra, hehe. Ich lasse euch dann einfach in Toulouse raus. Wisst ihr, ich muss noch ein ganzes Stück weiter nördlich, nach Aurillac, falls euch das was sagt, denn Toulouse ist die nächstbeste große Stadt, die wir anlaufen, und dort gibt es sicherlich jemanden, der euch mitnehmen kann, obwohl ich es ja selbst tun würde, aber die Schafe da hinten lassen sich nicht von selbst nach Aurillac transportieren. Wisst ihr, als meine Frau und ich geheiratet haben, haben wir uns das Wohnmobil ihres Bruders ausgeliehen und sind auch Richtung Italien gefahren, aber wir sind so viele Umwege gefahren, weil wir uns ständig zu spontanen Abstechern entschieden haben, dass wir letztendlich an der Nordsee gelandet sind und einen Angelkurs gebucht haben, bei dem wir nur Algen und eine einzige Forelle gefangen haben, hehe."

Und dann folgte ein ganzer Vortrag über die ganzen abenteuerlichen Erlebnisse in diesen zwei Flitterwochen. Irgendwann schaltete ich einfach ab, da ich mich einfach nicht mehr auf das Katalanisch konzentrieren konnte, als er unbemerkt schneller redete. Außer „hehe" konnte ich nach zwei Stunden keine vernünftigen Worte heraushören, weshalb ich irgendwann wieder nur nickte und hoffte, dass es nicht gelangweilt oder desinteressiert wirkte.

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