Hektisch rannte ich umher. Nirgends war sie zu sehen. Verdammt, was hab ich nur gemacht dass sie weggerannt ist?
Ich sah mich um. Drehte mich gefühlte hunderte Male im Kreis. Versuchte sie zu entdecken. Was ist wenn ihr was zustößt? Sie scheint ja schon so einiges durchgemacht zu haben... Armes Ding.
Ich suchte weiter nach ihr. Es konnte ja nicht sein dass sie sich einfach so in Luft auflöst?! Ich wollte gerade die Suche aufgeben als ich sie schreien hörte, man solle sie loslassen. Meine Gedanken spielten verrückt. Was wenn ein irrer Pädo sie hatte?
Ich wollte es mir nicht vorstellen. Für mich war in diesem Moment nur eine Sache wichtig: Sie zu finden und von dieser Person wegbringen. Ich rannte quer über Straßen. Autos hupten mich an. Fahrer riefen mir nach ob ich blind sei und noch alle Tassen im Schrank hätte. Gerade als ich mir nicht mehr sicher war ob ich überhaupt richtig lief, hörte ich erneut ihre Schreie und sah sie am Ende der Straße. Eine erwachsene Frau hielt sie am Handgelenk fest und zog sie hinter sich her. Viele Jugendliche, so um die 16-17 Jahre gingen der Frau nach, welche Mara mit sich mitschleppte. Ich rannte los.
"HEY!!!" brüllte ich "Hey! Lassen sie sie los!"
Die Frau blieb stehen. Drehte sich um. Keuchend blieb ich vor ihr stehen.
"Was willst Du denn?"
"Sie ... Sie sollen sie los...lassen habe ich gesagt!" keuchte ich und versuchte meine Atmung wieder zu normalisieren. Von dem ganzen Gerenne war mir die Puste ausgegangen.
"Ach und wieso sollte ich das? Diese kleine Göre wird von ihren Eltern vermisst. Also scher' dich um deinen eigenen Kram, Bursche!" keifte sie mich an. Ich blickte Mara an. Sie zitterte und war am Weinen. Flehte dass man sie loslassen sollte.
Verdammt...Was mach ich denn jetzt? .. Ich hab eine Idee ...
"Lassen Sie gefälligst meine Schwester los!" schrie ich sie an, packte Maras andere Hand und zog sie zu mir. Maras Hand klammerte sich sofort um meine und so rieß sie sich von der Frau los. Sie versteckte sich hinter mir. Die Frau sah mich verdutzt an.
"Deine Schwester?" fragte sie verwundert. Ich nickte und hoffte dass Mara nichts sagen würde. Die Jugendlichen sahen allesamt genau wie die Frau: verwirrt. Bis auf ein Mädchen. Es lächelte Mara an.
"Also falls Sie nichts dagegen haben, was ich Ihnen raten würde, lassen sie meine Schwester gefälligst in Ruhe und verschwinden, bevor ich meinen Vater anrufe!" fuhr ich sie böse an. Ich spürte wie Maras Hand sich entspannte und nichtmehr verkrampft ihre Nägel in meine Haut bohrte. Die Frau wandte sich an das lächelnde Mädchen.
"Das ist sie doch? Die verschwundene Tochter von der Alleinerziehenden mit dem reichen Lover?"
Das Mädchen wurde bleich. Schüttelte den Kopf.
"Nein, das ist Bella, die Tochter einer Freundin meiner Tante..." murmelte sie und blickte auf den Boden.
"Na du als beste Freundin der verschwundenen Göre musst es ja wissen" keifte die Frau, warf mir und Mara einen abwertenden Blick zu und zitierte die Schar Jugendlicher zum Bahnhof.
Das Mädchen wandte sich nocheinmal um und ich konnte die Tränen in ihren Augen erkennen. Sie muss Mara also gekannt haben ... Aber warum nannte sie sie Bella? Sie hätte doch wissen müssen dass sie Mara heißt? Oder hat sie gelogen um Mara zu schützen?
Als die Gruppe endlich verschwunden war, wandte ich mich wieder Mara zu. Sie zitterte am ganzen Körper und sie hatte Tränen in den Augen. Ohne Vorwarnung nahm ich sie in den Arm. Zu meiner Verwunderung drückte sie sich an mich. Sie schien ziemlich fertig zu sein. Naja, ein junges Mädchen wie sie ... Wer weiß was sie schon alles durchmachen musste?
Ich ließ sie nicht los ehe sie mir durch sanftes wegdrücken zu verstehen gab dass ich sie loslassen sollte. Sie blickte mich mit ihren großen, strahlend blauen Augen an. Ihre Augen waren leicht rot und wirkten glasig, vermutlich vom vielen Weinen. Ich erwiderte ihren Blick, bis sie plötzlich den Blick abwandte.
"Was wollte die Frau von dir?" fragte ich vorsichtig. Mara schaute mich wieder an.
"Sie wollte mich zurückbringen. Dahin, wo ich nie wieder hin will... Sie hätte mich zurück in die Hölle gebracht, vor der ich geflohen bin.." murmelte sie. Zu meiner großen Verwunderung drückte sie sich wieder an mich und umarmte mich.
"Danke dass du mir geholfen hast..." murmelte sie erschöpft.
Der ganze Stress und die Aufregung scheinen sie ja mächtig ermüdet zu haben .. Ich sollte einen sicheren Platz für sie suchen ... Vorerst vermutlich wieder zum Gartenhaus, dort sollte sie vor der Öffentlichkeit sicher sein.
Ihre Arme lösten sich und sie glitt langsam zu Boden, ihre Augen waren geschlossen und als ich sie ansprach gab sie keine Antwort mehr. Sie schien wohl eingeschlafen zu sein. Kein Wunder. Vorsichtig hob ich sie hoch und nahm sie Huckepack. So trug ich sie zurück zu dem Haus wo wir die Nacht verbracht hatten.
Dort war zum Glück niemand der Fragen stellte und so legte ich sie behutsam auf's Bett und deckte sie zu. Sie blickte nocheinmal kurz auf und ehe sie endgültig einschlief, lächelte sie mich an.
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Missbraucht
Short StoryEr lässt sie nicht in Ruhe. Ihre Mutter glaubt ihr nicht. Ihr Vater - unauffindbar. Keine Geschwister, aber eine beste Freundin. Doch diese bleibt allein zurück. Denn SIE hat andere "Pläne". Auch wenn es aussichtslos erscheint, findet sie dennoch Ha...