Kapitel 32

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James

An einem Café hielt ich den Waagen an. Es war jedoch nicht nur ein Café für mich. Es war gleichzeitig ein Sprung zurück in meine Vergangenheit. Wenn es für mich nicht leicht war in der Schule, weil sich wieder Kinder dachten, jemandem Hänseln zu müssen und dieser jemand ich war, bin ich hierhergekommen ins Café Small's & Talk's. Ob es der richtige war Zufluchtsort wahr, weiß ich nicht, denn die Geschäftsinhaberin ist keine andere als die beste Freundin meiner Mutter. Abigal.

Meine Mutter hatte sie auf dem Weihnachtsmarkt getroffen und es war alles andere als leicht, sie von ihr weg zubekommen. Die beiden können einfach nicht aufhören, zu quatschen. Ich nahm mir meinen Computer, den ich auf die Beifahrerseite gelegt hatte, und stieg aus. Das Café sah genauso aus wie früher. Es gab nur ein paar Kleinigkeiten, die ausgebessert wurden. Die große Glasfront, die einem einen Einblick ins Café schaffte, war noch da. Abigal hatte überlegt, sie wegzumachen, weil sie das Putzen hasste. Die großen Buchstaben über der Glasfront, die den Namen des Cafés bildeten, wurden erneuert sowie die Pastellfarben an der Tür des Cafés selbst wurden aufgefrischt. Das Mintgrün passt perfekt zu der Dekoration, die Abigal jedes Jahr sorgfältig aussucht. Außen um die Tür und die Glasfront befinden sich Lichterketten, die eine gemütliche Atmosphäre brachten, und egal ob draußen oder drinnen, die Weihnachtsbäume waren so geschmückt, dass sie keiner übersehen konnte.

Ich trat hinein und ein altbekannter Duft von heißer Schokolade und Sugar Cookies kam mir entgegen. Für einen Moment stand ich nicht als ein 26-jähriger Mann hier, sondern als der siebenjährige James, der nichts anderes wollte als eine heiße Schokolade mit Marshmallows. Weihnachtsmusik lief leise im Hintergrund, während das Café gut besucht war, es aber nicht zu laut war, um arbeiten zu können. Das liebte ich immer, wenn man hierherkam. Diese gemütliche Stimmung brachte einem den Stress, den man in sich trug, zu vergessen.

"James", hörte ich eine bekannte Stimme meinen Namen sagen.

"Hallo Abigal" Ich lächelte die alte Dame vor mir an.

Während sie mich in eine Umarmung zog und sich nach ein paar Sekunden wieder entzog, merkte ich einen Schlag auf meiner Brust. Geschockt schaute ich sie an.

"Wofür war das denn?"

"Dafür, dass du dich seit Ewigkeiten nicht mehr blicken lassen hast."

Entschuldigend schaute ich die alte Dame, die mir bis zur Brust ging, an. "Es tut mir leid, Abigal, aber die Arbeit wird nicht weniger." Ein kleines Lächeln bildete sich auf ihren Lippen, während sie sich bei mir einhackte und wir zu einem freien Platz gingen.

"Deine Mutter war früher genauso, aber im Gegensatz zu ihr bist du noch jung, mein Lieber. Lass mich dir etwas sagen." Wir setzten uns jeweils gegenüber vom anderen auf einen freien Platz und ich war gespannt, was sie sagen wollte. Ob es so eine Weisheit, wie sie meine Mutter mir immer sagte?

"Du hast dein ganzes Leben noch vor dir. Ein kleines Vögelchen hatte mir gezwitschert, dass du eine Freundin hast. Statt dir so viel Zeit für die Arbeit zu nehmen, nimm dir die Zeit und gib sie deiner Freundin. Deine Akten werden auch noch am nächsten Tag auf deinem Schreibtisch liegen, diese verschwindet nicht auf magischer Weise, aber sie ... sie kann es." Ohne ein Wort auf ihre Worte zu sagen, schaute ich aus dem Fenster. Es hatte wieder angefangen zu schneien und mein Gewissen meldete sich in mir. Es war nicht richtig von mir, Elysia einfach so stehenzulassen und wegzugehen, aber Elysia würde mich nach allem sowieso verlassen, oder nicht? Im Augenwinkel konnte ich sehen, wie Abigal aufstand und sich neben mich stellte.

Eine zierliche Hand spürte ich auf meiner rechten Schulter und sie sagte: "So wie immer?" Ich nickte ihr zu, da ich immer noch nicht wusste, was ich sagen sollte. Abigal ging zurück zur Küche und ich war wieder allein. Allein mit meinen Gedanken. Was hatte meine Mutter alles bei einem kurzen Treffen nur erzählt, dass ihre beste Freundin mir einen Rat gibt? Dennoch schwirrten mir ihre Worte in meinem Kopf herum. Sie war nicht die Erste, die mir gesagt hatte, ich soll kürzertreten, dennoch hatte ich es bis jetzt nicht geschafft, aber warum? Lag es daran, dass ich fast nur allein war? Ich habe zwar die Jungs an meiner Seite, aber sonst ist da niemand. Die Zeiten hatten sie jetzt geändert, denn jetzt hatte ich Elysia an meiner Seite und wenn ich so darüber nachdachte, hatte sie jetzt schon alles in meiner Welt auf den Kopf gestellt.

Für einen kurzen Moment dachte ich noch über Abigal, ihre Worte, bevor ich mich wieder faste. Ich war hier, um meinen Kopf frei zubekommen und nicht darüber nachzudenken, worüber ich sowieso ständig nachdachte. Mein Plan war und ist immer noch, Hunter zu vernichten, und dieser Plan muss verbessert werden. Ich schlug mein Laptop auf und stellte ihn vor mich hin. Schritt für Schritt ging ich schon einmal durch. Dass Hunter lügen würde auch mit einem Eid, den er aussprechen wird, war mir bereits bewusst, also müsste ich ihn mit seinen eigenen Waffen schlagen. Doch das war der Haken an dem ganzen Plan, denn Hunter wird alles dafür geben, dass er gewinnt, und ob das legale Sachen sind, die er da tut, wage ich zu bezweifeln.

Nachdem die Anklageschrift vorgelesen wurde, werden die beteiligten Personen Frage und Antwort geben müssen, und da musste ich noch mit El reden. Sie hatte mir gestern noch vieles erzählt, aber ich muss wissen, wen Hunter zur Verhandlung einbeziehen könnte. Auf Elysia ihrer Seite konnte ich mir stark vorstellen, dass wir ihre beste Freundin Annie in den Zeugenstand mit einbeziehen werden, aber eine Zeugin reicht nicht.

Wie lange ich hier im Small's & Talk's saß, wusste ich nicht, das einzige, was ich mitbekam, war, wie Abigal mir persönlich meine Bestellung hinstellte und mich mit einem skeptischen Blick anschaute. Doch ich war so in meinem Tunnel, dass mich dieser Blick kalt ließ. Ich kam ein ganzes Stück weiter und ich bin froh, dass ich es getan hatte, auch wenn ich die kleine Wette mit Elysia schon längst verloren habe. Aber was sie nicht weiß, macht sie nicht heiß.

Als ich noch weiterarbeitete, merkte ich, wie sich mir jemand gegenübersetzte. Erst schenkte ich dieser Person keine Aufmerksamkeit, doch als sie anfing zu sprechen, da gefriert mir das Blut in den Adern ein. Das konnte jetzt nicht wahr sein.

Christmas DealWo Geschichten leben. Entdecke jetzt