2. Begegnung mit dem Teufel

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Rückblick

Ich sprach mit Halil, bis es plötzlich an der Tür klingelte und wir daraufhin verstummten. »Erwartest du jemanden?« Fragte ich ihn und er schüttelte langsam den Kopf. Hatte er Angst? Mit einem Ruck wurde seine Haut blass und selbst seine Atmung wurde anders. Jemand, den ich nicht sehen sollte? Unerwarteter Frauenbesuch? Jetzt war ich diejenige, die ins Grübeln kam. Als die Person auch noch anfing wie wild zu klopfen, stand Halil auf und öffnete die Tür. Aus Respekt stand ich vom Sofa auf und wartete, bis die Person in meine Sicht erschienen würde. »Halil! Wo bist du seit Tagen?! Habe ich dir nicht gesagt-«, Schrie auf einmal ein Mann.

Und sofort unterbrach Halil ihn: »Ich habe Besuch!« Allein durch die Stimmen der beiden bemerkte ich, dass etwas ganz und gar nicht stimmte und ich definitiv fehl am Platz war. Ohne jegliche Vorwarnung lief die Person einfach ins Wohnzimmer und sein Gesichtsausdruck änderte sich, als er mich sah. Ein junger Mann kam zum Vorschein. Ich schätze ihn auf 23 oder doch 27? Ich weiß es nicht, im Schätzen war ich nie besonders gut. Eine Weile lang analysierten wir uns beide gegenseitig. Seine schwarzen Haare waren leicht zu Seite gegelt, seine dunklen Augen strahlte etwas aus, was ich nicht deuten konnte. Durch die Sonne bemerkte ich, dass seine Augen eigentlich ein Braunton hatten, ich jedoch nicht einmal seine Pupille von seiner Iris unterscheiden konnte.

Zudem hatte er ein Ziegenbart und trug eine schwarze Anzughose und ein schwarzes Hemd. An seinem Handgelenk sah ich eine silberne Uhr und an seinem Finger einen Ring. Ein Ehering? Wohl möglich. Es waren nur Sekunden, doch es fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Halil kam ins Wohnzimmer - mit einem blauen Auge! Was zum?! War das der Mann vor mir? Doch ich hätte sicherlich den Schlag gehört oder sein schmerzvolles Aufstöhnen. Mein Blick glitt wieder zum unbekannten Mann. Er lächelte plötzlich und streckte seine Hand aus.

»Merhaba, Kara.« [Hallo, (ich bin) Kara.] Immer noch unter Schock und Verwirrung nahm ich langsam seine Hand. »Ayla.« Seine Hand fühlte sich kalt an. Sehr kalt, im Gegensatz zu meiner. Es war Hochsommer, wie konnte er so kalte Hände haben? Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als Halil mich darum bat, mit ihm in die Küche zu kommen.

»Halil Abi, bu adam kim?« [Halil Bruder, wer ist dieser Mann?]

(Kurz zur Aufklärung: Sehr oft sprechen wir unsere Älteren, mit denen wir jedoch nicht direkt verwandt sind, aus Respekt mit Bruder oder Schwester an. Nicht das hier was falsch verstanden wird🥲😭💀)

»Niemand.« war seine einzige Antwort. Er lief zum Kühlschrank und holte daraufhin ein Kühlpack für seine Augenprellung. »Kannst du bitte für uns Kaffee machen?« Fragte er und ohne auf meine Antwort zu warten, ging er ins Wohnzimmer. Na toll! Ich war oft genug hier, deshalb wusste ich, wo was ist. Aus dem einen Schrank nahm ich mir die zwei Gläser und den Zucker. Dazu die Milch, die im Kühlschrank stand und jedes Mal enttäuschte mich der Anblick der Alkoholflaschen. Sein Kühlschrank war nicht mit Essen gefüllt, sondern eher mit Alkohol. Manchmal da habe ich ihn drauf angesprochen, doch er meinte es ginge mich nichts an und er hatte recht.

Ich betätigte dann die Kaffeemaschine und konnte meine Neugier nicht unterdrücken. Also machte ich mich langsam auf den Weg zum Wohnzimmer, blieb aber um die Ecke stehen. Vorsichtig streckte ich meinen Kopf seitlich. Ich hatte eine gute Sicht auf Kara und er starrte geradewegs auf Halil. Seine Haltung war angespannt, das erkannte man an seinem Körper, welcher sehr angespannt war und auch an seiner geballten Faust.

»Wer ist diese Frau?« Fragte Kara mit fester und eindringlicher Stimme. Als hätte er mich gespürt, drehte er seinen Kopf unerwartet in meine Richtung. Ich wurde ertappt - Scheiße! Sofort machte ich mich wieder auf den Weg in die Küche und hörte plötzlich sein raues, leises Lachen. Die Kaffeemaschine piepte und signalisierte, dass der Kaffee fertig war.

Schnell nahm ich mir ein Tablett und legte die Milch, den Zucker und die beiden Tassen darauf und ging zum Wohnzimmer. Sofort schaute Kara mich die ganze Zeit über an und verschlang mich gefühlt mit seinem Blick. Die eine Kaffeetasse stellte ich vor Kara auf den Tisch und die andere bei Halil. »Ich würde dann gehen, Halil Abi.« Sagte ich und sofort stand er hektisch auf und flehte mich, fast regelrecht an, zu bleiben. Hier ist definitiv etwas faul und ich brachte es nicht übers Herz, ihn jetzt allein zulassen. Also setzte ich mich mit etwas Abstand neben Halil und saß nun gegenüber von Kara.

Kara's Blicke durchbohrten mich gefühlt und er schaffte es, mich nervös zu machen. Doch so gut es ging, versuchte ich mir nichts anmerken zu lassen. Wie ich diese unangenehme Stille hasste! Nur das Ticken der Uhr war zu hören und ab und zu gab der Kühlschrank Geräusche von sich. Halil rührte seinen Kaffee nicht einmal, während Kara seinen auf Ex trank. Ich musterte Halil und er sah so aus, als hätte er einen Geist gesehen. Auch sah ich auf seiner Stirn ein paar Schweißtropfen. Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, wie Kara aufstand und er dann anfing zu sprechen.

»Ich sollte dann Mal gehen, aber Halil, nimm das nächste Mal meine Telefonate an und zeig dein blaues Auge einem Arzt. Mit dem Kühlpack wird das nichts.« Es war keine Bitte, sondern eine Aufforderung. Genau, als ich dachte, er würde gehen, wandte er sich zu mir. »Kannst du mir bitte das Badezimmer zeigen, Ayla?« Ich weiß nicht, was mich mehr überraschte, dass er mich fragte, obwohl doch Halil hier ist und hier lebt. Oder mit was für einer Betonung er meinen Namen aussprach.

Ich nickte wie in Trance und ging den Flur entlang. Er folgte mir - irgendwie zu nah. Wir kamen an und ich wartete, bis er reinging. Doch statt reinzugehen, drehte er sich zu mir um und lehnte schlagartig seinen linken Arm an die Wand. Ich wollte die Flucht ergreifen, aber Kara versperrte mir den Weg, indem er seinen rechten Arm ebenso an die Wand lehnte. Ich war umzingelt und mein Herz raste vor Angst. Als er mir mit seinem Gesicht auch noch näher kam, hielt ich es nicht länger aus. »Halt Abstand.« Sprach ich mit fester Stimme, doch er begann nur zu lächeln und seine dunklen Augen starrten mir gefühlt in die Seele. Sein Handeln verwirrte und überforderte mich jedes Mal aufs neue. Seine Hand legte er auf einmal an meinem Haaransatz. Ich spürte seine Finger, wie sie sich in meine Haut bohrten, doch er nahm seine Hand direkt wieder runter. Er entfernte sich von mir und nun war ich verwirrter als zuvor.

»Du hattest etwas in deinem Haar...« Erklärte er und ließ mich dann noch irritierter mit meinen ganzen Gedanken und zweifeln allein...

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