6. Eintritt in die Hölle

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Ich nahm nur das Nötigste mit und tat alles in eine kleine Sporttasche. Lange würde ich dort definitiv nicht bleiben. Der Chauffeur fuhr die Straßen entlang, während meine Gedanken wieder zu Asya schwebten. Seit dem Tod unserer Eltern hat sie sich enorm verändert. Während viele bei so einer Situation leider Depressionen bekamen, wurde Asya temperamentvoller und sozialer. Vielleicht war es ihre Art, den Schmerz zu verarbeiten, doch ich wusste nicht, ob das ein gutes Ende haben wird.

In den vergangenen drei Stunden war so vieles passiert, dass mir der Kopf zu explodieren drohte. Ich wusste nicht, warum ich keine Panik empfand. Auch wusste ich nicht, wie ich einem wildfremden Mann so vertrauen konnte. "Miss, wir sind da." Ich war so in Gedanken versunken, dass ich gar nicht gemerkt habe, wie der Chauffeur meine Tür aufgemacht hatte. Mit leicht offenem Mund betrachtete ich die Villa und jetzt fing doch mein Magen an, verrückt zu spielen. Ich hasste es, Angst zu empfinden oder jegliche Art solcher Gefühle, weil ich für Asya immer stark sein musste. Als große Schwester verbot ich mir, schwach zu werden, doch der Gedanke an Kara brachten genau diese Gefühle wieder hervor.

Ich folgte dem Chauffeur zur Tür und im nächsten Moment wurde diese geöffnet. Eine Frau mit Dienstkleidung stand vor mir. Ich schätze sie auf mein Alter, vielleicht bisschen älter. Ohne mich überhaupt anzuschauen, nahm sie meine Tasche vom Chauffeur entgegen und verschwand schon wieder. Ich dachte mir nichts dabei und setzte einen Fuß nach dem anderen und bewunderte die innen Einrichtung. Aber im nächsten Moment trafen meine Augen genau auf die von Kara. Nicht unser Augenkontakt ließ meine Augen so weit öffnen, sondern das Geschehnis, was sich vor mir abspielte. Er saß auf dem Sofa und zwei Frauen waren bei ihm. Sie hatten beide nur einen leichten Stoff an und während die eine seine Schultern massierte, saß die andere auf seinem Schoß und küsste seinen freien Hals entlang.

Ich war wie versteinert, nicht fähig, mich zu bewegen. Seine dunklen Augen verschlangen mich und seine Art, wie er mich dabei anschaute - als wäre ich seine Beute. Sein Lächeln zeigte mir, wie sehr er es dabei genoss. Langsam, ohne den Blick eine Sekunde von mir abzuwenden, trank er den restlichen Wein in seinem Glas auf Ex, gab plötzlich dem Mädchen auf seinem Schoß einen Kuss auf die Wange und stand auf.

Verstört, sah ich ihn an, während er unseren Abstand immer mehr verringerte. "Hoşgeldin yeni evine." [Willkommen in deinem neuen Zuhause.] Sprach er mit Belustigung, als er vor mir zum Stehen kam...

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