𝟙・Von schwarzen Katzen und Sterneköchen

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Nach einem langen Arbeitstag bin ich um vier Uhr morgens auf dem Weg nach Hause. In der U-Bahn beobachte ich das Spiel der Lichter, die an meinem Fenster vorbeiziehen. Ich bin fast allein. Nur eine Gruppe junger Nachtschwärmer und zwei müde Männer, die offenbar auch einen harten Arbeitstag hinter sich haben, sind mit mir in der Bahn.

Mein Bahnhof ist wie ausgestorben. Das letzte Stück meines Weges führt mich entlang einer normalerweise stark befahrenen Straße. Auch hier ist um diese Zeit nichts los. Nach hundert Metern biege ich ab. Ich freue mich auf mein Bett. Eine anstrengende Schicht liegt hinter mir. Meine Beine brennen. Ich bin froh, dass wir keine hohen Schuhe tragen müssen, wie es in anderen Clubs üblich ist. Hannah, die Inhaberin des Sonic Heaven, ist da sehr arbeitnehmerfreundlich. Aber nach acht Stunden auf den Beinen helfen auch flache Schuhe nicht mehr.

Das Viertel liegt verschlafen vor mir. Nur vereinzelt brennen Lichter in den Fenstern. Wahrscheinlich die armen Schweine, die jetzt zur Frühschicht raus müssen. Es ist nicht die beste Gegend, in der ich wohne. Manche würden es einen sozialen Brennpunkt nennen. Aber ich liebe es. An jeder Ecke begegnet man anderen Kulturen, überall riecht es nach den verschiedensten Gewürzen. Und so ruhig wie jetzt ist es hier tagsüber in der Regel nie.

Allerdings ist die Kriminalitätsrate auch sehr hoch und gerade als Frau sollte man nachts und auch tagsüber bestimmte Ecken meiden. Aber ich bin vorsichtig und habe mein Pfefferspray immer griffbereit.

Ein Geräusch hinter mir lässt mich aufhorchen und automatisch schneller werden. Meine Hand wandert in die Tasche und umschließt die Spraydose. Sind das Schritte? Ich habe noch drei Straßen vor mir, bis ich zu Hause bin. Kaum habe ich einen Hof passiert, höre ich es wieder. Etwas fällt zu Boden, Glas zerbricht, ich glaube, auch ein Stöhnen gehört zu haben.

Unwillkürlich bleibe ich stehen, drehe mich um. Niemand ist zu sehen. Ich bin ganz allein. Etwas fällt und klirrt. Es kommt eindeutig aus dem Hof, an dem ich gerade vorbeigegangen bin. Es ist eine sehr dumme Idee, jetzt nachzusehen, aber ich kann einfach nicht anders. Zögernd setze ich einen Fuß vor den anderen und nähere mich dem offenen Hoftor.

Plötzlich schießt etwas Schwarzes aus den dunklen Schatten auf mich zu und springt mich an. Im letzten Moment kann ich einen Schrei unterdrücken. Keuchend halte ich mir die Brust und blicke zu dem schwarzen Kater hinunter, der mir jetzt schnurrend um die Beine streicht.

»Himmel, Nero! Musst du mich so erschrecken?«

Der Kater sieht nicht aus, als täte es ihm leid. Eher so, als wäre er beleidigt, dass ich ihn nicht sofort gestreichelt habe. Auffordernd maunzt er mich an. Seufzend nehme ich ihn hoch, er klettert auf meine Schultern und macht es sich dort gemütlich, an meinen Nacken geschmiegt wie ein kostbarer Pelz.

Nero gehörte einer älteren Dame in meinem Haus. Nachts streift er immer durch unserer Nachbarschaft. Und wir beide haben eine Abmachung. Er wartet irgendwo auf dem Weg auf mich und leistet mir auf dem letzten Stück Gesellschaft. Und ich trage ihn diese Strecke zurück und kraule ihn dabei ein bisschen. Meistens erzähle ich ihm von meinem Arbeitstag und er schnurrt mir zufrieden ins Ohr.

Vor unserem Haus angekommen, wird er unruhig. Ich bleibe stehen und beuge mich etwas herab. Mit einem eleganten Satz springt er von meinen Schultern. Noch einmal streicht er um meine Beine, dann sprintet er davon und verschwindet in den Schatten.

»Ja, dir auch eine gute Nacht«, murmele ich lächelnd und suche nach meinem Schlüssel.

Als ich die Wohnung betrete, ist es fünf Uhr morgens und entgegen aller Erwartungen finde ich die WG nicht im Dunkeln vor, sondern hell erleuchtet. Ein fantastischer Duft schlägt mir entgegen und lässt mich kurz innehalten. Während ich die Tür hinter mir zuschiebe, schließe ich kurz die Augen und sauge den Duft in mich auf.

The Devil's RoommateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt