Knapp eine Woche wohne ich bei Metins Familie. Die Zeit mit ihnen ist Balsam für meine Seele. Ich genieße jede Minute und bin immer wieder erstaunt, wie selbstverständlich mich alle aufgenommen haben. Als hätte ich schon immer dazugehört. Die Tage vergehen zwischen Lachen, Essen und gemeinsamen Aktivitäten. Ich lerne Metins jüngsten Bruder Aslan kennen, der von einem Ausflug mit Freunden zurückkommt, helfe Metin und seinem Vater im Laden, verstehe mich blendend mit Enissa und Helga und lerne einiges über die türkischen Traditionen, die in der Familie gepflegt werden.
Auch die Arbeit im Club geht weiter. Metin hat es in Absprache mit Hannah geschafft, unsere Schichten so zu tauschen, dass wir immer zusammenarbeiten.
Ich habe mir viele Gedanken über den Traum gemacht, aber ich bin keinen Schritt vorangekommen. Tino kann mit der Warnung nicht gemeint sein. Er war so verängstigt, dass er mir bestimmt weiter aus dem Weg gehen wird. Also kann es ja eigentlich nur um Felix gehen. Ich verstehe nur nicht, was mir mein Unterbewusstsein damit sagen will. Ich habe nie das Gefühl gehabt, dass Felix versucht, mich zu manipulieren oder mir gar zu schaden. Und seit unserem Streit herrscht sowieso absolute Funkstille zwischen uns. Vielleicht hat seine Behauptung, er sei der Teufel, auch nur meine Fantasie zu sehr angeregt.
Trotz aller Sorgen und Ängste, die immer noch in meinem Hinterkopf lauern, geht es mir so gut wie schon lange nicht mehr. Metin ist wie ein Fels in der Brandung, er unterstützt mich, gibt mir Halt und bringt mich zum Lachen. Ich kann nicht leugnen, dass diese Nähe etwas mit uns beiden macht. Dass sich unsere Freundschaft auf eine andere Ebene bewegt. Auch wenn ich noch nicht genau definieren will, was das bedeutet, da mir die Sache mit Tino noch sehr in den Knochen steckt.
Doch an diesem Abend überschatten dunkle Gewitterwolken die sonst so entspannte Stimmung zwischen uns. Ich habe beschlossen, nach Hause zu gehen. Ich kann Metins Eltern nicht ewig auf der Tasche liegen und Felix aus dem Weg gehen. Metin ist von meinem Vorhaben nicht begeistert und zeigt das deutlich. Ich glaube, es war das erste Mal in unserer Freundschaft, dass ich ihn so wütend erlebt habe. Aber ich kann stur sein, und er hat schnell eingesehen, dass er verloren hat. Was ihn nicht daran hindert, immer wieder zu betonen, was er davon hält.
»Das gefällt mir nicht«, murmelt Metin neben mir. Wir sitzen in seinem Auto und sind kurz vor dem Ziel. »Ich sollte einfach umdrehen und dich mitnehmen.«
Verärgert schaue ich ihn an. »Das ist Freiheitsberaubung. Das würdest du nie tun. Lass es jetzt gut sein, Metin. Wir haben lange genug diskutiert und ich bleibe dabei. Ich will nach Hause. Ich liebe deine Familie, aber ich muss mich auf das Vorstellungsgespräch Ende der Woche vorbereiten, und bei euch habe ich keine Ruhe. Vor allem nicht, seit Aslan wieder da ist.«
»Ich könnte dafür sorgen, dass mein Bruder und meine Schwester bei ihren Freunden schlafen.«
Der Vorschlag bringt mich dann doch zum Lachen. »Mach dich nicht lächerlich, Metin! Es wird schon nichts passieren!« Ich lege ihm beruhigend meine Hand auf den Arm. »Ja, Felix hat mich hintergangen und mein Vertrauen zerstört. Aber bei all seinen Fehlern und Macken hatte ich nie das Gefühl, bei ihm in Gefahr zu sein. Sobald ich in meinem Zimmer bin, gebe ich dir Bescheid. Und morgen früh telefonieren wir sofort. Deal?«
»Was ist mit deinem Traum? Mit der Warnung?«
Ich zucke mit den Schultern. »Vielleicht war es ja auch nur ein böser Traum.«
Metin wirft mir einen langen, prüfenden Blick aus den Augenwinkeln zu, bevor er tief einatmet und die Luft mit einem langen, gedehnten Seufzer wieder ausstößt. Seine linke Hand löst sich vom Lenkrad, dreht sich in einer sanften Bewegung und findet den Weg zu meiner, die immer noch auf seinem Arm ruht. Wie von selbst verschränken sich unsere Finger, wie so oft in den letzten Tagen. Eine Geste, die sich überraschend gut anfühlt.
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The Devil's Roommate
Paranormal| Urban Fantasy Drama | Lucia Hertzog steckt in der Klemme. Sie braucht dringend einen neuen Mitbewohner und nimmt den erstbesten an, der sich bei ihr meldet: Felix Schwarz. Was sie nicht weiß: Felix ist der Teufel höchstpersönlich, der nach Jahrtau...