Der Montag ist traditionell der Tag, an dem ich all das erledige, was in der Woche durch den verschobenen Tag-Nacht-Rhythmus liegen geblieben ist: Einkaufen, Besorgungen, Arzttermine, Putzen, Waschen. Meine jährliche Kontrolle beim Zahnarzt habe ich heute Morgen schon hinter mich gebracht. Jetzt bin ich in der Stadt unterwegs. Der Himmel ist mit grauen Wolken verhangen, als könne er sich nicht entscheiden, ob er loslegen oder nur drohen will.
Unwillkürlich schweift mein Blick zu meinem Spiegelbild, das mich entlang der vielen trüben, teilweise mit bunten Graffiti besprühten Schaufenster begleitet. Ein Bild, das widersprüchliche Gefühle in mir auslöst. Der Messy Bun sitzt wieder perfekt, ohne dass ich ihn zu Hause kontrolliert hätte. Lange Strähnen haben sich gelöst und tanzen rebellisch in meinem Nacken. Dabei fällt mir auf, dass ich meinen schiefen Pony mal wieder schneiden sollte. Der alte Ledermantel, den ich trage, hat seine besten Tage längst hinter sich. Aber er tut mir immer noch gute Dienste und umhüllt mich wie eine zweite Haut. Meine Jeans, an den Knien zerschlissen, könnte man mit etwas gutem Willen als modisch bezeichnen. In Wirklichkeit hat das Material einfach aufgegeben. Eigentlich wäre es längst Zeit für eine neue, aber ich ringe noch mit mir, ob es sich wirklich lohnt. Mit meinen Schuhen ist es ähnlich. Die Turnschuhe sind ausgelatscht, eine Lasche ist schon vor einiger Zeit gerissen. Aber auch die Schuhe haben ihr Lebensende noch nicht erreicht.
Das Bild, das sich mir bietet, spiegelt mit schonungsloser Ehrlichkeit nicht das Ideal wider, das ich gerne hätte. Es ist unverfälscht und echt - ein Porträt der Entschlossenheit, das gleichzeitig die harte Realität meiner Lebensumstände offenbart. Ein Leben, in dem es schon als kleiner Triumph gilt, wenn ich es schaffe, am Ende des Monats noch genügend Geld für eine Packung Spaghetti und ein Glas Tomatensoße übrig zu haben, damit ich mir wenigstens ein warmes Essen gönnen kann.
Zugegeben, das hat sich seit Felix' Einzug deutlich verbessert. Er kümmert sich um die Hauptmahlzeiten und weigert sich auch strikt, einen Anteil von mir anzunehmen. Trotzdem bleibt mir am Monatsende kein Geld für so etwas wie neue Schuhe oder Kleidung. Jeder Cent, der übrig bleibt, wandert auf ein Sparkonto, von dem ich eines Tages mein Studium bezahlen werde. Bis dahin lebe ich von dem Wenigen, das ich habe, und pflege es, bis es wirklich nicht mehr geht.
Meine Schritte hallen auf dem Kopfsteinpflaster wieder, als ich mich zwischen den Passanten hindurchschlängel. Und dann sehe ich ihn: Nero. Der schwarze Kater sitzt auf einem Fenstersims und beobachtet das Treiben mit distanzierter Überlegenheit. Als hätte er nur auf mich gewartet, setzt er sich in Bewegung und streicht mir um die Beine, als er mich erreicht hat.
»Na du, auch auf Tour?«, frage ich ihn leise.
Seine goldenen Augen fixieren mich einen Moment, bevor er gähnt und den Kopf abwendet. Ich muss schmunzeln und gehe weiter in Richtung Marktplatz. Montag ist einer der Tage, an denen der Bauernmarkt stattfindet. Ich lasse mir Zeit, schlendere zwischen den Ständen hin und her und probiere von den kleinen Köstlichkeiten. Die Leute nicken mir zu, einige kennen mich schon und grüßen mich freundlich.
Nero lässt mich keine Sekunde aus den Augen, schleicht zwischen den Ständen umher und folgt mir unauffällig. Irgendwie kommt es mir vor, als wäre er mein Bodyguard. Der Gedanke lässt mich schmunzeln. Ich könnte mir jedenfalls keinen besseren und sympathischeren vorstellen.
Als ich den hinteren Teil des Platzes erreiche, fällt mein Blick sofort auf den Stand von Frau Huber. Mit ihr habe ich eine kleine Abmachung getroffen: Ich bekomme von ihr beschädigtes oder unansehnliches Gemüse, das sie nicht verkaufen kann, zu einem deutlich günstigeren Preis. Dafür helfe ich ihr in der Hochsaison ab und zu am Stand aus. Im Moment ist es noch vergleichsweise ruhig, aber im Sommer werde ich einmal die Woche vormittags einspringen, wo es nur geht. Zusätzlich zu meiner Arbeit im Club. Es ist anstrengend, aber das Geld und noch besser das frische Obst und Gemüse kann ich gut gebrauchen.
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The Devil's Roommate
Paranormale| Urban Fantasy Drama | Lucia Hertzog steckt in der Klemme. Sie braucht dringend einen neuen Mitbewohner und nimmt den erstbesten an, der sich bei ihr meldet: Felix Schwarz. Was sie nicht weiß: Felix ist der Teufel höchstpersönlich, der nach Jahrtau...