𝟙𝟘・Schatten und Licht

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Mit einer Schüssel voll frisch aufgeschnittener Zitronen und Limetten trete ich aus der engen Clubküche in den pulsierenden Barbereich des Sonic Heaven. Die Musik dröhnt, die Menge tanzt und lacht. Die Hektik lässt kaum eine Atempause zu, doch die Aussicht, bald Feierabend zu haben, hält mich bei der Stange. Noch eine halbe Stunde, dann kann ich mich auf den Heimweg machen, die Füße hochlegen und die Anstrengungen des Tages hinter mir lassen.

Als ich an Metin vorbeigehe, fange ich sein warmes Lächeln ein, das mir einen kurzen Moment des Durchatmes schenkt. Heute hatten wir kaum Zeit, aber ich freue mich darauf, wenn er mich gleich wieder zur U-Bahn fährt. Unterwegs werden wir endlich die Gelegenheit haben, uns auszutauschen. Ich bin gespannt, wie er auf meine Nachricht reagiert, dass ich in die engere Auswahl für das Stipendium gekommen bin. Vor zwei Wochen habe ich meine Bewerbung abgeschickt und war sehr überrascht, nach so kurzer Zeit schon eine Antwort zu bekommen - und dann auch noch eine positive. Natürlich habe ich das sofort in unserem Gruppenchat, in dem wir beide mit Nilay und Elaine sind, mitgeteilt, aber für ein ausführliches Gespräch fehlte bisher die Zeit. Nur Nilay und Hannah haben es bisher erfahren, da sie mich heute vor meinem Dienst überraschend abgefangen und mir gratuliert haben.

Ich persönlich bin eher vorsichtig optimistisch. Ich möchte einfach nicht die nächste Enttäuschung erleben müssen. Umso mehr haben sich meine Freunde für mich gefreut.

»Lu, machst du mir drei Long Island?«, ruft Nilay. Ich nicke und mache mich sofort daran, die Bestellung vorzubereiten.

Als ich ihr die drei Gläser auf das Tablett stelle, fällt mein Blick auf die Person, die plötzlich neben ihr steht.

»Tino?«

Tino lächelt gewinnend und seine grauen Augen funkeln. »Hallo Lucia!«

Nilay schaut ihn überrascht an. Ihre Augen verengen sich leicht, als sie Tino eingehend mustert. Dann scheint sie sich an ihre Pflicht zu erinnern, nimmt das Tablett und schlängelt sich geschickt durch die Menge.

Mein Herz macht einen Satz. »Was machst du denn hier?«

Er lehnt sich lässig an die Bar, seine Lippen formen ein selbstbewusstes Grinsen. »Ich war mit ein paar Freunden was trinken und dachte, ich schaue mal vorbei und nehme dich mit nach Hause.«

Seine Stimme klingt bestimmt, fast herausfordernd, und ein Teil von mir will automatisch widersprechen. Doch in seinen grauen Augen liegt ein warmes Funkeln und eine leise Sehnsucht regt sich in mir. Wir haben in den letzten Wochen viel Zeit miteinander verbracht, waren gemeinsam Mittagessen, im Kino, Eis essen im Park, und mit jedem Mal hat er mehr Platz in meinem Herzen eingenommen. Seit unserem letzten Treffen am Wochenende haben wir uns leider nicht mehr gesehen.

Bevor ich mir also richtig bewusst bin, was ich tue, nicke ich und sehe, wie sich ein zufriedenes Lächeln auf seine Lippen legt, als hätte er einen stillen Sieg errungen.

»Meine Schicht ist bald vorbei, wenn du so lange hier warten willst, kann ich dir noch was zu trinken machen.«

Tino greift sich einen der unbesetzten Barhocker. »Ein Ginger Ale wäre perfekt«, antwortet er lässig und macht es sich bequem.

»Kommt sofort!«

Die halbe Stunde vergeht wie im Flug. Als ich mich im Personalraum umziehe und meine Tasche hole, schlüpft Nilay durch die Tür.

»Lu, ich bin enttäuscht! Warum weiß ich nichts von deinem Date?« Sie steht vor mir, die Hände in die Hüften gestemmt, den Kopf schief gelegt. »Ist das nicht der Typ aus dem Pub neulich?«

Ich kann das Lächeln nicht verbergen, das um meine Mundwinkel zuckt. »Ja, das ist er. Tino heißt er. Und wir treffen uns jetzt seit ungefähr zwei Wochen.«

The Devil's RoommateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt