"I'm so creative.
I create new problems for me every day."~◇~
Leises Hufgeklapper begleitet mich in meinem Dämmerschlaf. Das Pferd, auf dem ich reite trottet, in einem gemütlichen Tempo über den ausgetrampelten Waldweg.
Irgendwann geht ein Ruck durch das Pferd, das Hufgetrappel verstummt. Mir fallen die Zügel aus den Händen und ein leises Gluckern ertönt. Verschlafen öffne ich meine Augen und sehe mich um. Das Pferd ist an einem kleinen Bach stehen geblieben und trink genüsslich das kalte Wasser. Ich steige ab und strecke meine vom langen Ritt verspannten Muskeln. Vorsichtig löse ich den Wasserschlauch vom Sattel und trinke die letzten Tropfen. Dann lege ich den Wasserschlauch neben den Bach und tauche meine Hände in das kühle Nass. Nachdem ich mein Gesicht abgekühlt habe, fülle ich den Wasserschlauch wieder auf. Das Pferd hat sich inzwischen dem grünen Gras neben dem Bach zugewendet. Ich sehe mir die Gegend genauer an. Der Weg, den ich entlanggeritten bin, führt ein Stück oberhalb auf eine Anhöhe. Der Bach fließt durch ein kleines Tal. Um mich herum ist eine Lichtung. Der Rest des Tals ist mit kleinen Bäumen ausgefüllt.
Ich lasse das Pferd auf der Lichtung zurück und laufe die Anhöhe hinauf. Oben angekommen setzte ich mich auf einen Stein am Wegesrand und warte.Nach kurzer Zeit tauchen Reiter und Planwagen auf. Ich stehe auf und warte, bis der erste Reiter mich erreicht hat. Hinter ihm stoppt die ganze Karawane. Wortlos zeige ich auf die Lichtung im Tal. Der Reiter wirft einen kurzen Blick runter und lenkt sein Pferd vorsichtig in das Tal. Ruhig beobachte ich ihn, wie er einmal um die Lichtung rumreitet und dann winkt. Sofort setzt sich die Karawane wieder in Bewegung und bringt die Pferde und Planwagen auf die Lichtung. Ich möchte ihnen folgen, aber ein Fellknäul springt aus dem letzten Planwagen und wirft mich um. Ich lande auf dem staubigen Weg. Einige Kinder, die hinter den Planwagen laufen, lachen mich laut aus. Seufzend löse ich vorsichtig den kleinen Wolf, der seine Krallen in meiner Kleidung versenkt hat und am liebsten für immer dort hängen bleiben würde. Da ich aber noch ein bisschen zu tun habe, setzte ich den Wolf neben mich auf den Boden und stehe auf. Während ich mir den Staub von der Kleidung klopfe, reibt der Wolf seinen Kopf an mein Bein. Ich ignoriere ihn und laufe in das Tal.
Eigentlich sollte der kleine Wolf sich ausruhen, nachdem er sich vor zwei Tagen schlimm verletzt hat. Es wird wahrscheinlich eine Narbe an seiner Schnauze zurückbleiben. Das hindert ihn aber offensichtlich nicht daran, wie eine Klette an mir zu kleben.
Während alle das Lager aufbauen, gehe ich zusammen mit drei Männern durch den Wald im Tal. Der Wolf folgt uns in einiger Entfernung. Die Männer stellen einige Fallen gegen mögliche Diebe oder Räuber auf. Ich untersuche währenddessen die Gegend genauer auf mögliche Gefahren. Jedoch fällt mir nichts besonders ins Auge.
Nachdem auch die letzte Falle steht, gehen wir zurück in das fertig aufgebaute Lager. Das Pferd, auf dem ich an diesem Tag geritten bin, ist zwischen den Pferden und Ochsen der Karawane nicht wieder zu finden. Ich zucke mit meinen Schultern. Am nächsten Tag wird mir irgendwer ein anderes Pferd geben.
Auch wenn ich seit mehreren Jahren mit der Karawane reise, fällt mir der Tagesablauf immer noch schwer. Morgens kurz nach Sonnenaufgang aufstehen. Während das Lager zusammengeräumt wird, bauen wir die Fallen ab. Dann reite ich vorneweg und sichere den Weg für die Karawane ab. Wenn ich am Nachmittag einen geeigneten Platz zum Übernachten finde, auf die Karawane warten und während das Lager wieder aufgebaut wird, Fallen aufstelle und die Gegend erkunde. Dann gibt es Essen und wir legen uns schlafen.
Auch wenn sich das leicht anhört, ist es das nicht. Ich sitze den ganzen Tag im Sattel und hole meistens den Schlaf, den ich in der Nacht nicht bekommen konnte nach - anstatt auf die Gegend zu achten.
Häufig werde ich mitten in der Nacht wegen Tiergeräuschen von den Wachen aufgeweckt und muss dann die Lärmquelle in der Finsternis ausfindig machen. Zum Glück hilft mir dabei mein gutes Gehör und der kleine Wolf mit seiner guten Nase. Wenn ich einige Zeit in der Dunkelheit unterwegs war, haben sich meine Augen auch an die Lichtverhältnisse gewöhnt und ich kann meine Umgebung meistens gut genug erkennen, um nicht bei jedem zweiten Schritt über Baumwurzeln oder Steine zu stolpern. Wenn ich dann die Lärmquelle gefunden habe, muss ich noch den Weg zurück zum Lager finden und die Wachen beruhigen. Meine Hoffnung ist - wie eigentlich jeden Abend - endlich diese Nacht durchzuschlafen und am nächsten Tag fit zu sein.
Ich gehe an den äußeren Planwagen vorbei in den inneren Kreis. In der Mitte brennt ein laut knisterndes Feuer, über dem einige Frauen Fleisch braten. Drumherum stehen und sitzen die Nomaden und Händler, die mit ihnen reisen dürfen.
Ich lebe, seit ich klein bin bei den Nomaden. Anscheinend haben meine Eltern mich einfach bei ihnen ausgesetzt. Da die Nomaden sehr hilfsbereit sind, haben sie mich aufgenommen. Anfangs haben sich die anderen Kinder über meine schneeweiße Haut lustig gemacht. Ich konnte mich aber mit allen nach einiger Zeit gut vertragen, da ich nicht auf ihre Sticheleien eingegangen bin und immer nett und hilfsbereit zu jedem war. Da ich mich nicht für Kleider oder anderen Mädchenkram interessierte, hat ein älterer Mann mir das Kämpfen mit und ohne Waffen beigebracht, was mir letztendlich den Leibwächterjob für die ganze Karawane beschert hat.
Dadurch kann ich für immer mit der Karawane reisen und selbst wenn ich irgendwann irgendwo bleiben möchte, würden mich die Nomaden unterstützen.
Egal was ich mache, die Nomaden werden mich unterstützen. Das war das erste, was sie mir beigebracht haben.
Während ich in meiner Vergangenheit geschwelgt habe, bin ich stehen geblieben. Der Mann links neben mir reicht mir seinen Wasserschlauch, welchen ich dankend annehme und bis auf den letzten Tropfen austrinke.
Ich sollte mich nach meinen Wasserschlauch umschauen. Ich kann morgen nicht den ganzen Tag über ohne Wasser reiten. So wie die Sonne heute schien, wird sie das morgen auch noch tun.
Ich gebe dem Mann den leeren Wasserschlauch zurück und reihe mich in eine lange Schlange aus Händlern und Nomaden ein. Die Schlange endet neben dem Feuer. Dort geben einige Frauen Essen aus. Da ich heute nur trockenes Fleisch hatte, begrüße ich die grüne Suppe, welche mir eine der Frauen in einer Holzschüssel reicht. Ich gehe zu einem der Planwagen und setzte mich dort im Schneidersitz auf den Boden und lehne mich mit dem Rücken gegen eines der Holzräder. Während ich langsam meine Suppe schlürfe, beobachte ich eine Händlergruppe etwas abseits der Nomaden. Die fünf Händler begleiten uns seit unserem letzten Halt in Crens.
Die Gruppe besteht zu meinem Erstaunen aus einem Zwerg, zwei Elfen, einem Menschen und einem Vampyr. Das Verblüffende war die Zusammensetzung. Zwerge verkaufen ihre Waren für gewöhnlich unnötig teuer, Elfen leben eigentlich in einem Wald im Westen und kommen nur selten raus. Ich selbst habe deshalb nur wenige Male im Leben einen zu Gesicht bekommen. An Menschen ist nichts Besonderes, außer häufig ein zu großes Ego. Und dann währe da noch der Vampyr... Eine friedliche Art von Vampiren als Händler sind sie allerdings sehr gefürchtet, da häufig mehr verkauft wird, als der Kunde eigentlich wollte ...
Das nächste Ziel der Karawane ist die Stadt Neim, welche hoch oben in den Bergen liegt. Dort werden uns die meisten Händler verlassen, um einen Großteil ihrer Ware zu verkaufen und dann eine andere Karawane zur nächsten Stadt zu nehmen. Bisher führte unser Weg nur über eine Hügellandschaft, doch die Berge kann man schon seit Tagen in der Ferne größer werden sehen.
Ich lasse die Schüssel neben dem Reifen stehen, nehme den Wolf in die Arme und gehe zu den Händlern.
"...wisst ihr Genaueres über die Monster?"
Das ist das einzige, das ich verstehen kann und bleibe erschrocken stehen.
Monster?! Hoffentlich nicht auf unserem Weg.
Schnell stelle ich mich zu den Händlern und frage sie:" Was für Monster?"
Nachdem sich die Händler von dem Schrecken meines plötzlichen Auftauchens erholt haben, antwortet mir ein Zwerg: "Ist nichts großes. Wir haben in Crens nur Gerüchte gehört."
Ich sehe ihn neugierig an.
"Was für Gerüchte?"
"Na ja ... Gerüchte über Monster, die schon ganze Dörfer vernichtet haben. Niemand hat bisher ihren Angriff überlebt."
Ich ziehe ungläubig meine linke Augenbraue hoch.
"Echt? Wenn niemand überlebt hat, woher weiß man denn, dass der Angriff von den Monstern kommt?"
"Das ist schwer zu erklären ..."
Der Zwerg hat angefangen zu schwitzen und einer der Elfen rettet ihn aus der misslichen Situation.
"Das tut jetzt nichts zur Sache. Wir haben, wie der Zwerg bereits gesagt hat, nur Gerüchte gehört. Auf dem Pfad, den wir nach Neim nehmen, sollen sie Reisende angegriffen haben. Deshalb sind wir ein bisschen besorgt."
Ich nicke und bedanke mich. Dann entferne ich mich von den Händlern.
Interessant. Ich sollte morgen ein bisschen mehr aufpassen.
Schnell bringe ich meine leere Schüssel zurück zum Feuer und sammle meinen Wasserschlauch am Ufer des Baches ein. Inzwischen ist die Sonne untergegangen und ich gehe zu einem Planwagen im äußeren Ring. Für einen Außenstehenden ist es recht schwer, die verschiedenen Planwagen voneinander zu unterscheiden. Da ich aber schon so lange mit der Karawane reise, kenne ich inzwischen die besonderen Merkmale von jedem Planwagen. Die Reifen sehen meist verschieden aus, häufig bestehen diese auch aus verschiedenen Holzarten oder die Planen haben einen anderen Gelbstich. Der Planwagen, zu dem ich gehe, hat auf allen Reifen Muster, denn ich habe die Reifen vor Jahren aus Protest bemalt. Die Farbe ließ sich nicht mehr abwaschen, was mir große Genugtuung beschafft hat. Vorsichtig schlage ich die Plane des Wagens zurück und klettere leise ins Innere. Drinnen setzte ich den Wolf ab und ziehe eine Decke zwischen Holzkisten hervor. Den Wasserschlauch verstaue ich in einer Kiste mit Trockenfleisch. Schließlich lege ich mich auf die Decke draußen neben den Planwagen und schlafe sofort ein.~◇~
"Wach auf, Ryoko!"
Verschlafen öffne ich meine Augen. Neben mir hockt ein junger Mann mit einer Fackel in der Hand. Ich kneife schnell meine Augen zusammen, um nicht geblendet zu werden. Nach einigen Sekunden öffne ich meine Augen wieder. Ein Blick zum Mond lässt mich aufstöhnen.
Es ist noch nicht mal Mitternacht.
Ich setzte mich und frage den Mann vorwurfsvoll:" Was ist denn jetzt schon wieder passiert?! Du musst mich nicht wegen jedes Geräusches aufwecken."
Er kratzt sich verlegen am Nacken.
"Ich weiß. Das ist aber kein kleines Geräusch. Komm bitte mit."
Er steht auf, ohne meine Antwort abzuwarten und läuft in die Dunkelheit, wobei die Fackel die Dunkelheit um ihn herum vertreibt. Ich schnalle mir mein Schwert an den Gürtel, hole schnell meinen Bogen mit Köcher aus dem Planwagen und laufe ihm hinterher.
Nachdem wir den Wald ein Stück betreten haben, bleibt der junge Mann stehen. Ich trete neben ihn, kann aber nichts Verdächtiges sehen oder hören. Nach kurzer Wartezeit ertönt tiefer aus dem Wald ein lautes Brüllen. Ich spanne mich sofort an. Der junge Mann ist inzwischen ganz blass geworden, deshalb nehme ich ihm die Fackel aus der Hand und gehe langsam in die Richtung, aus der das Gebrüll kam. Nachdem ich mich ein gutes Stück vom Lager entfernt habe, höre ich hinter mir ein Rascheln. Erschrocken drehe ich mich um und lasse aus Versehen die Fackel fallen, welche fast sofort in der feuchten Erde und Moos erlisch. Ich seufze auf und hocke mich auf den Boden. Dann stecke ich meine Hände aus, bis ich weiches Fell spüre."Warum musst du mich unbedingt begleiten, San?"
Der kleine Wolf reibt sich als Antwort an meine Hände. Ich stehe auf und gehe weiter in die Richtung, aus der das Gebrüll kam, während San mir folgt.
Nachdem ich zweimal fast hingefallen war und mit ein paar Bäumen Bekanntschaft machte, gewöhnen sich meine Augen an das Mondlicht und ich kann meine Umgebung wieder erkennen. Ich bin jetzt fast bis ganz an den Rand des Tals gelaufen und kann zwischen den Bäumen und Büschen hindurch Bewegungen erkennen. Das leise Schnaufen von zwei Tieren ist zu hören. Vorsichtig nähere ich mich ihnen. Hinter einem Baum bleibe ich stehen und schaue vorsichtig dahinter hervor. Auf dem ansteigenden Hang stehen sich tatsächlich zwei Tiere gegenüber. Links steht eine kleinere Gestalt und macht sich bereit zum Sprung. Das Tier ist mit schimmernden Federn bedeckt. Erst halte ich es für einen großen Adler, aber nur die vordere Hälfte ist ein Adler, denn hinten ist das Tier ein Löwe.
Auch das zweite Tier kenne ich bisher nur aus Geschichten. Die silbernen Schuppen reflektieren das Mondlicht und der Schwanz zuckt unruhig hin und her.
Ein Greif und ein Drache!
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Whispers of magic
Fantasy'Memento mori, Memento vivere. - remenber you must die, so remember to live' Ryoko ist Wache in einer Karawane. Als plötzlich Wesen auftauchen, die sie nur aus Geschichten kennt und die Karawane angegriffen wird, stellt sich ihr Leben auf den Kopf...