Kapitel 1 - Hailey

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Verwirrt starrte ich meine beste Freundin Nina an. Das konnte nicht ihr Ernst sein. Aber ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, meinte sie es todernst. Was mich in meinem vom Wein vernebelten Hirn dazu brachte, nochmal die Worte meiner Schwester abzurufen, als ich gestern mit ihr telefoniert hatte.

„Hailey, es wäre so schön, wenn du Carl mit zur Hochzeit bringst! Ich weiß, ihr seid noch nicht allzu lange zusammen, aber Mama und ich würden uns sehr darüber freuen und so eine Hochzeit ist doch ein schöner Anlass um sich kennenzulernen oder meinst du nicht?"

Ja, das wäre tatsächlich ein schöner Anlass gewesen, wenn es einen Carl gegeben hätte. Den es nicht gab, denn Carl war meiner Fantasie entsprungen, eine Fixe Idee für Aktivitäten, auf die ich keine Lust hatte. Wenn mich zum Beispiel einer meiner Kolleginnen gefragt hatte:

„Hey hast du Lust diesen neuen Club zu besuchen?"

„Nein Carl und ich machen heute einen ruhigen DVD Abend!"

oder meine Mutter

„Hailey Schatz kommst du übers Wochenende nach Hause, dann können wir zwei es uns mal so richtig gemütlich machen?"

„Nein Mama, ich würde gerne, aber ich kann nicht. Carl ist krank und ich möchte ihn nicht alleine lassen."

Tja, das hatte ich nun davon. Die großen Lügen bestraft der liebe Gott sofort, die kleinen erst nach neun Monaten. Obwohl, die dann umso schöner waren, vermutete ich.

Seit gestern war ich schon einige Optionen durchgegangen. Die Erste war: Sag es ihnen! Sag ihnen, dass du gelogen hast.

Aber die enttäuschten Augen meiner Schwester und die Schnappatmung meiner Mutter, die sich ans Herz fasste und beinahe einen hysterischen Anfall bekam, hielten mich davon ab. Die nächste Option war: Ich heuerte jemanden vom Escortservice an, verpasste ihm ein Image und er gab sich als Carl aus. Problem nur diese Männer waren sauteuer. Das konnte ich mir bei dem mickrigen Gehalt einer Anwaltsgehilfin nicht wirklich leisten. Männliche Freunde hatte ich nicht und wenn ich welche hätte, wie peinlich wäre das bitte? Ich hätte sie niemals um so einen Gefallen gebeten.

Ich hatte sogar überlegt, ob ich mir über Ebay jemanden suchen sollte. So eine Anzeige. Die Leute schalteten doch ständig Anzeigen. Selbst einen passenden Text hatte ich mir schon überlegt: 

Suche Date für Hochzeit vorzugsweise einen Carl. Groß, muskulös, dunkelhaarig, Augenfarbe egal. Bei Interesse bitte bei Loopimaus 86 melden.

P.s. Für Spesen jeglicher Art ist gesorgt. Anreise muss selbst bezahlt werden.

Ich wollte gar nicht genauer darüber nachdenken, wer sich auf so eine Anzeige meldete. Da lief mir ein kalter Schauer über den Rücken.

Oh, ich war so was von geliefert.

Hastig griff ich erneut nach der Weinflasche und lauschte den Worten von Nina.

»So abwegig ist das gar nicht und ich glaube, du müsstest nicht mal an eine Kreuzung gehen. Ein Wald oder Garten reicht bestimmt auch, ich meine bei den heißen Brüdern aus der Serie funktioniert das ja auch immer.«

Wenn es wirklich nur noch diese eine Option gab, einen... Ich konnte den Gedanken nicht mal zu Ende denken, so bekloppt war er.

»Nina bischt du bescheurt« Oh jetzt hickste ich sogar. So viel zum Trinken bis zum Verlust der Muttersprache... Sie haben ihr Ziel erreicht!

In diesem Zustand würde ich wohl heute keinen Carl mehr aufreißen, denn das war auch eine Option von mir gewesen. Ausgehen, Reize spielen lassen, einen Typen aufreißen, ihm verklickern, dass er sich als Carl ausgab und ihm körperliche Gefälligkeiten dafür versprechen. Ja, so weit war es schon mit mir gekommen!

A Date with a DevilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt