Aurela

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Wir fuhren schon eine Weile und der Van rumpelte über die Straße

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Wir fuhren schon eine Weile und der Van rumpelte über die Straße.

Julina meinte, dass die Versteigerung der Mädchen auf dem Privatanwesen von Juan Garcia stattfinden würde. Er war der führende Mafiaboss in diesem Gebiet, der die Auktionen mit Frauen organisierte und am Ende das Geld dafür kassierte.

Jules hatte noch mehr in seiner Akte gefunden...

Er war einer dieser Männer, wegen dem wir das hier begonnen hatten.

Eines dieser Arschlöcher, die mit dem Leid und dem Elend anderer reich geworden sind.

Die Mädchen schliefen noch. Eines von ihnen hatte ihren Arm unter dem Rücken verdreht. Er war sicherlich schon taub, weil die Durchblutung gestört war. Unauffällig und sanft drehte ich mit meinen Fuß ihren Oberkörper, sodass ihr Arm etwas mehr Bewegungsfreiheit bekam.

Nicht, dass ihr das jetzt etwas genutzt hätte, doch ich wusste nicht, wie glatt unser Einsatz laufen würde. Vielleicht musste sie sich dann verteidigen und dafür benötigte sie beide Arme.

Die Dosis Chloroform hatte sie wahrscheinlich etwas stärker getroffen. Die Menge, die auf das Tuch geträufelt worden ist, war eher für eine Erwachsene gedacht.

Wieso hatten sie dann diese armen Kinder mitgenommen, dachte ich wütend.

Ich beantwortete mir die Frage selbst:

Weil sie einfach nur ehrlose, kleine Dreckschweine waren. Nicht mehr und nicht weniger.

Die Frau neben mir schien jedoch langsam zu Bewusstsein zu kommen. Sie stöhnte leise und bewegte sich unbeholfen hin und her. Mit einem Keuchen versuchte sie, ihre Gliedmaßen zu sortieren und sich aufzusetzen. Ihre Haare waren von einem auffallenden Rot. In einem gekämmten und frisierten Zustand erregte sie mit dieser Farbe sicher überall Aufmerksamkeit. Jetzt jedoch sahen sie verdreckt und ziemlich zerzaust aus.

Ihre Augen weiteten sich schreckverzerrt, als sie realisierte, wo sie war. Eine vollkommen nachvollziehbare Reaktion. Ich hatte mich nicht anders gefühlt.

Der Moment, in dem man versteht, dass man allein ist.

Dass niemand kommen wird.

Und dass du nichts weiter bist, als ein Spielzeug.

Ein Opfer. Hilflos und Schwach. Ersetzbar.

Es gab in meinem Leben bisher nur eine Sache, die noch schlimmer war, als das: Zuzusehen, wie andere, die sich in der gleichen Situation befinden, ebenfalls gequält werden, ohne ihnen helfen zu können. Ohne den Schmerz zu lindern.

Das Leid zu beenden.

Zu Sterben.

Oder den Verantwortlichen zu Stoppen.

... Aber das war jetzt anders.

Die junge Frau richtete sich unter einiger Anstrengung in eine sitzende Position auf.

Mit ihrer Bewegung und den damit verbundenen Geräuschen lenkte sie die Aufmerksamkeit von Hinkebein auf sich. Er drehte sich zu ihr um und blaffte sie auf mexikanisch an.

Ich bin mir sicher, dass sie kein Wort seiner Sprache verstand, doch anhand seiner bedrohlichen Miene und seiner aggressiven Gesten verstand sie auch ohne Übersetzung, dass sie sich wieder hinlegen sollte.

Sie lehnte sich wieder ein Stück zurück, doch ihre Augen huschten schnell und hilfesuchend durch das Innere des Wagens.

Als sie die beiden kleinen Mädchen zu ihren Füßen sah, atmete sie scharf ein. Falls sie noch einen letzten Funken Hoffnung besessen hatte, die Situation noch unter Kontrolle bringen zu können und ihren Charme und ihre Schönheit für sich nutzen zu können, war dieser gerade erloschen. Auch dieses Gefühl kannte ich nur zu gut.

Obwohl ich hier war um zu helfen. Obwohl ich heute und hier nicht hilflos war und nicht allein, so war es dennoch schwer, die Angst und die Panik in den Augen der Mädchen, Jungen und Frauen zu sehen.

Es ist, als würde ich den Spiegel blicken und erneut mein eigenes zwölfjähriges Ich darin sehen. Jedes Mals aufs Neue.

Ihr Blick wanderte weiter und blieb an mir hängen.

Ich lächelte ihr leicht zu. Es gab im Moment nichts, womit ich sie hätte beruhigen können. Doch ein Sprichwort sagte: Ein Lächeln ist der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen. Vielleicht konnte es dennoch ein kleines Licht in ihre Dunkelheit werfen.

Ihr Blick wanderte über meinen Körper. Das hübsche Kleid, die hohen Schuhe, ... meine gefesselten Hände. Die Zuversicht, die ich kurz in ihrem Gesicht aufblitzen sah, verschwand.

Ich war nur jemand, der Hilfe benötigte und niemand, der sie geben konnte.

So hatte es zumindest nach außen den Anschein.

So sollte es sein. Wir hatten lange an diesem Bild gearbeitet.

Der Wagen wurde langsamer und hielt schließlich an. Ich sah, wie Specki sein Fenster herunterließ und mit jemandem sprach.

Durch seine Sprachstörung konnte ich ihn kaum verstehen. Aber ich nehme an, dass wir uns am Dienstboteneingang befanden und gerade von Garcia's Security kontrolliert wurden.

Von der anderen Seite des Gebäudes erklang lautes Gebrüll und Geschrei. Einige Männer schienen sich lautstark und nicht nur verbal ineinander verkeilt zu haben. Da schien eine ziemliche Prügelei statt zu finden.

Hier schien irgendein Idiot zu versuchen, ohne Einladung zu Garcia's exklusiver Party zu erscheinen. Und er schien dafür gerade die Quittung zu kassieren.

Mein Mitleid hielt sich jedoch in Grenzen. Welcher Spinner würde so etwas Dummes tun? Jeder wusste, wie viele Fäden Garcia, der auch el Tigre genannt wurde, hier zog. Niemand legte sich ohne Grund mit ihm an. Im Gegenteil: die meisten hatten Todesangst vor ihm.

Es knackte leise in meinem Ohr.

„Ihr seid am Hintereingang, kleine Schwalbe. Gleich bist du drin", erklang es leise. Jules trackte mich und aufgrund des Tumults am Haupteingang konnte sie problemlos sprechen. Alle Aufmerksamkeit konzentrierte sich dort.

„Es gibt irgendeinen Konflikt am Haupttor", sprach sie leise weiter. „Einige Männer sind gekommen und haben angefangen rumzupöbeln und Streit mit den Türstehern angefangen."

Sie hatte sich in Garcia's Überwachungssystem gehackt und seine Aktivitäten schon einige Wochen beobachtet.

Aufgrund der Informationen der Überwachungsvideos wissen wir, wie viele Wachleute er im Haus hat, wie viele Neben-Haupt- und Notausgänge. Wie oft er am Tag speist, welche Vorkoster er hat, welche Personen ihn am nächsten sind, wo er sein Geld und seine Waffen versteckt.

Ich habe mir den Grundriss eingeprägt und wir haben das Schlupfloch gefunden, durch das Mals mir folgen kann.

Jules hackt in der Zeit die Kameras, sodass sie ungesehen rein schlüpfen kann.

Sie kommt ohne Probleme an einem Großteil der Söldner vorbei. Dafür sorgte ich vorher. Das ist meine Aufgabe.

Mit dem Rest, der übrig bleibt, wird sie bequem allein fertig.

Der Wagen fährt mit einem Rucken wieder an und unsere Fahrt geht weiter.

Wir waren drin.

Das Spiel konnte beginnen, motherfuckers.

wild swallow #1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt