KAPITEL 1 | Kepler

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Ivan Tasca hatte schon von klein auf ein Polizist werden wollen, so wie seine Mutter es früher war. Sie hatte den Job gewechselt, als Ivan zur Welt kam. Er hatte seinen Vater nie kennengelernt und seine Mutter wollte ihm noch viele Jahre erhalten bleiben. Deshalb hatte sie zum Journalismus gewechselt. Ein Beruf, in dem sie teilweise noch immer mit der Polizei zusammenarbeiten konnte, ohne direkt in die Fälle involviert zu sein.

Doch ihr Herz schlug weiterhin für den Polizeiberuf und ihren Ehrgeiz hatte sie Ivan geradezu in die Wiege gelegt.

Erst hatte er ein Ausbildung abgeschlossen und dann das Studium bestritten. Er hatte sich richtig ins Zeug gelegt und war immer als Abschlussbester hervorgegangen.

Auch in der Praxis hatte er Engagement gezeigt und war mittlerweile, mit seinen nun 30 Jahren, ein hochangesehener Polizist der Station Kepler.

Seine Mutter war stolz auf ihn. Er pflegte noch heute guten Kontakt zu ihr, aber zurzeit genoss sie ihren Urlaub auf dem Planet Giesen.

Zu seinen Vater hatte er nie Kontakt gehabt, aber er war nicht traurig darum, denn auch zu zweit waren sie immer eine heile Familie gewesen.

Seine Freunde sah er nur selten, aber wenn sie sich trafen, hatten sie eine gute Zeit miteinander. Sie trafen sich in Bars, tanzten und sangen dort – manchmal machten sie die gesamte Nacht zum Tag.

Sein Leben war genau so verlaufen, wie Ivan es sich immer gewünscht hatte. 

Ivan bereute nichts.

Er bereute auch nicht, die Utopia Mission angenommen zu haben. Im Gegenteil, er war stolz darauf, als erstes gefragt worden zu sein.

Seine Polizei Station hatte schon vor einigen Tagen eine aktuelle Fahndung nach Nyx eingeleitet, doch bislang war nicht viel dabei herumgekommen.

Zumindest war das so, bis Ivan am Morgen die Station betrat.

Er hatte kaum die Tür passiert, da kam seine Kollegin, Julie Sanchez, ihm bereits entgegen.

Ihre blonden Haare trug sie zu einem Zopf gebunden und in ihren Händen hielt sie ein Tablet.

„Ivan, du wirst es nicht glauben", sprach sie aufgebracht. „Gerade eben ist ein anonymer Hinweis über Nyx's Aufenthaltsort eingegangen."

Ivan zog überrascht seine Augenbrauen in die Höhe. „Wie vertrauenswürdig ist er?"

„So vertrauenswürdig, wie ein anonymer Hinweis eben sein kann."

„Nun gut, wir sollten keine Möglichkeiten ausschließen", beschloss er: „Wo soll er sich aufhalten?"

„Auf der Erde", antwortete Julie.

Ivan verzog sein Gesicht. „Wie langweilig. Ich hatte mir mehr von ihm erhofft."

„Ich war noch nie auf der Erde", protestierte Julie vor ihm: „Wie ist es da so?"

„Standartmäßig, so wie hier, aber das wirst du schon noch sehen. Mach dich fertig, wir werden jetzt sofort losreisen", sagte Ivan bestimmt und machte sich auf den Weg in die Umkleide, um seine Arbeitskleidung anzuziehen.

Die Uniform war marineblau. Er legte seine Schutzweste, sowie seinen Gürtel an. Die Polizei war stets mit Elektroimpulswaffen und Handschellen ausgestattet. In diesem Jahrhundert benutzte niemand mehr scharfe Munition, so etwas war viel zu primitiv. Die Elektrowaffen wurden lediglich im Notfall eingesetzt, um fliehende Straftäter zu betäuben. Sie wachten spätestens 30 Minuten nach dem Schock wieder auf, ohne Folgeschäden erleiden zu müssen.

Ivan band sich seine braunen Haare zu einem kurzen Zopf zusammen und erblickte im Spiegel vor sich sein Spiegelbild. Seine Haut war braun, ebenso wie seine Augen. Vor seinem linken Auge schwebte ein Hologramm, wie ein rechteckiges Monokel. Sie nannten es Micro-Scanner.

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