Vor Ivan eröffnete sich ein großer Saal mit hellen Wänden aus Sandgestein. Er wurde gestützt von Säulen, die mit Goldelementen verziert worden waren. An den Säulen wuchsen sattgrüne Kletterpflanzen die Mauer empor und breiteten ihre gefächerten Blätter aus.
Zu seiner Linken war eine Bar aufgebaut worden, die in lila Lichtern erstrahlte. Zu seiner Rechten gab es eine große Fensterfront, die hinaus zu einer Terrasse führte. Von der Decke hingen Kübel mit weiteren Grünpflanzen, die den Palmen und Dschungelpflanzen entgegenwuchsen, die den Raum zierten. Der gesamte Saal erweckte den Anschein, dass sie sich in einem Urwald aufhalten würden - einem fremden Land oder gar Planeten.
Ivan hatte selten in seinem Leben so viel grüne Natur gesehen.
Draußen ging die Sonne unter und man konnte die ersten Lichter der Stadt in den Fenstern der Häuser erkennen, die sich anschalteten, um die Dunkelheit auch am Abend zu vertreiben – so wie der Mensch es bevorzugte.
In dem Saal tummelten sich Menschen – mehr als es ihm lieb war. Ivan zerrte die Maske vor seinen Augen zurecht. Sie saß nicht schief, aber es fühlte sich so an und er hatte Angst sie zu verlieren.
„Wir sollten uns vorstellen", meinte Nyx fröhlich und zerrte Ivan bereits wieder hinter sich her in die Menge.
Alle trugen sie ausgefallene Kleider und Anzüge. Und sie lachten so gestellt und falsch, dass Ivan schlecht wurde. Er fühlte sich fehl am Platz. Nicht einmal mit den Gesprächsthemen konnte er sich identifizieren.
„Ich meine, wenn du dir nicht einmal ein Privatraumschiff leisten kannst, was kannst du dir dann überhaupt leisten?", hörte Ivan im Vorbeigehen einen der Gäste sagen.
Noch nie zuvor hatte Ivan so viel Abneigung gegenüber ihm fremder Personen verspürt, wie in diesem Moment.
Nyx übernahm den Großteil des Redens. Er stellte sich zu einer Gruppe völlig fremder und fing heiter an zu sprechen, so als hätte er nie etwas Böses in der Welt gesehen.
Und er sprach und brachte die Leute zum Lachen und zum Reden. Über teils persönliche Dinge und es störte sie nicht einmal. Sie schienen nicht einmal zu merken, wie viel sie Nyx verrieten.
Nyx sprach mit dem Geschäftsführer einer großen Modekette, dem Geschäftsführer einer großen Restaurantkette und einem führenden Drogendealer von Trappist. Und er sprach mit ihnen, als wären sie alte Grundschulfreunde.
Ivan bewunderte diese Aufgeschlossenheit. Er konnte in all diesen Menschen nur das Schlechte sehen. All die Fehler, die sie gemacht haben mussten, um hier her zu gelangen. Und doch befand er sich in diesem Moment unter ihnen, zusammen mit Nyx. Nyx sah er nicht als grundlegend schlecht an. Womöglich sollte er sich auch etwas offener gegenüber all dieser anderen Leute verhalten. Schließlich war er es selbst gewesen, der gemeint hatte, dass kein Mensch von Grund auf böse sei.
Doch trotz alle dem fiel es ihm schwer. So sehr er auch versuchte das Gute in diesen Menschen zu sehen, er erkannte überall nur falsche, verstellte Fratzen.
Wenn immer jemand an ihn gerichtet fragte, ob es ihm auf der Feier nicht gefiel, weil er so schweigend dastand, legte Nyx einen Arm um ihn und meinte lachend: „Er ist etwas schüchtern. Er ist von so vielen Menschen leicht überfordert, also nehmt es ihm nicht übel, wenn er sich später mal zurückzieht."
Ivan lachte angestrengt und nickte. „Es ist nichts Persönliches, die Veranstaltung ist wirklich hervorragend, nur... sehr voll."
„Oh ja, Utopia kennt viele Leute. Ihre Feiern sind immer die Besten", würde dann jemand sagen und ein neues Thema anschneiden, sodass ohnehin niemand mehr auf Ivan achtete und dieser wieder durchatmen konnte.
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UTOPIA
Science FictionIm Jahr 2245 hat sich der Mensch bereits auf sechs bewohnbaren Planeten ausgebreitet. Doch seine Gier ist dadurch nicht gestillt. Als Polizist wird Ivan Tasca einem wichtigen Fall zugeteilt. Er soll die Terroristengruppe „Utopia" stoppen. Um dieser...