KAPITEL 9 | Maskenball

18 3 0
                                    


„Auf gar keinen Fall", rief Ivan empört, als Nyx seine Neuigkeiten mit auf die Wache brachte. „Ich bin nicht für Undercover-Missionen geeignet." Und dann schlug er stattdessen vor: „Julie könnte dich begleiten."

„Auf gar keinen Fall", lehnten sowohl Julie als auch Nyx augenblicklich ab und warfen sich daraufhin abgeneigte Blicke zu.

„Muss wirklich ich dich begleiten?", fragte Ivan fast schon jämmerlich. „Ich bin für Cyber-Kriminalität zuständig, nicht für so etwas!"

Nyx nickte ernst. „Du leitest diese Mission. Außerdem vertraue ich niemand anderem dieser feinen Polizisten."

„Feinen Polizisten?", wiederholte Julie beleidigt, die sich mittlerweile von ihrem Platz am Schreibtisch erhoben hatte und nun erhobenen Hauptes an Nyx herantrat. „Oh entschuldige, dass wir uns die Hände nicht mit dem Blut anderer besudeln."

„Ich hatte noch nie Blut an meinen Händen."

Ivan erinnerte sich an den Terroristen, den Nyx bei seiner damalige Flucht vom Dach geschubst hatte. Er war gestorben. Doch das sagte er Julie nicht.

„Metaphorisch gesehen", murrte Julie daraufhin.

Nyx rollte mit seinen Augen. „Sicherlich hast du auch schon Leben ruiniert. Du buchtest wöchentlich Menschen ein."

„Leute, das ist gerade wirklich egal", mischte Ivan sich hastig wieder ein, bevor die Diskussion vollkommen eskalieren konnte. „Ich bin nicht ausgebildet für Undercover-Missionen. Wir suchen dir einen anderen Spezialisten, der dich begleitet", schlug er vor und öffnete bereits sein Mailprogramm, um eine Anfrage an die anderen Polizeistationen zu senden.

„Nein", lehnte Nyx jedoch hart ab.

„Wie bitte?"

„Ich arbeite mit niemand anderem zusammen, Officer. Dann lass mich allein gehen."

Ivan zögerte. Er hatte Nyx bereits eine Menge Spielraum in dieser Zusammenarbeit gelassen, aber einen so großen Freiraum konnte er ihm nicht geben. Er konnte einen Cyberkriminellen wie Nyx nicht allein auf eine Veranstaltung von Utopia schicken. Die Situation war zu heikel.
„Das geht nicht", verneinte er seinerseits.

„Dann war's das", entschied Nyx und lehnte sich mit vor der Brust verschränkten Armen auf seinem Stuhl zurück.

Ivan glotzte ihn sprachlos an.

„Ich lasse mich auf deine Einheit ein. Das sind mehr als genug Polizisten, mit denen ich zusammenarbeite und denen ich potenziell meine Identität verrate", verdeutlichte Nyx gereizt. „Ich gebe euch meine DNA, ihr nehmt mir meine Ausrüstung – kein Problem. Aber wir machen hieraus keine internationale Angelegenheit. Es bleibt bei einer Zusammenarbeit zwischen uns." Dabei zeigte er zwischen sich und Ivan hin und her.

Julie motzte von der Seite: „Das hier ist eine internationale Angelegenheit. Ob du willst oder nicht."

„Eure Entscheidung", sprach Nyx lediglich schulterzuckend.

„Dann wanderst du wohl früher als angenommen ins Gefängnis", entgegnete Julie mit einem kalten Grinsen.

Nyx ließ sich davon allerdings nicht beunruhigen. Er lächelte seelenruhig Ivan an und wartete schweigend auf eine Antwort seinerseits.

Dessen Gehirn war auf Hochtouren am Arbeiten. Wenn er nun die Zusammenarbeit mit Nyx beenden würde, dann würden ihnen vermutlich relevante, interne Informationen über Utopia durch die Lappen rutschen. Das konnten sie sich nicht leisten. Ivan entschied sich, das Risiko auf sich zu nehmen.

UTOPIAWo Geschichten leben. Entdecke jetzt