Richtige Person, falscher Zeitpunkt- Elijah POV

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Seufzend öffne ich das Fenster und stütze mich am Fensterbrett ab, um etwas frische Luft zu schnappen. Was mache ich jetzt nur? Ich weiß nicht was ich tue, wenn sich meine Vermutung, die ich jetzt habe, bestätigt. Eigentlich hat es wirklich gar keinen Sinn, wirklich absolut keinen.

Nach nicht mal einer Minute, öffnet sich die Tür erneut. Bestimmt ist es Aleyna, die nach mir schauen will. Ich bin wirklich ziemlich lange weg und sollte langsam zurückgehen, bevor ich noch den Anfang der Stunde verpasse.

„Elijah?"

Das ist nicht Aleyna. Das ist alles andere als Aleyna. Ich verkrampfe meine Hände an dem Fensterbrett und bin gerade wie erstarrt. Wie zur Hölle soll ich reagieren?

Wieso gibt es keine Anleitung für diese Situationen?

Ich drehe meinen Kopf nach rechts und schaue über meine Schulter. Blaine steht in der Tür und schaut mich an. Sein Blick wirkt müde, als hätte er seit Ewigkeiten nicht geschlafen.

Als er auf mich zu kommt, drehe ich meinen Kopf schnell wieder nach vorn. Was soll ich denn mit ihm sprechen? Und was will er überhaupt von mir? Wie kann er so tun, als sei nichts passiert?

Er stellt sich genau neben mich und stützt sich ebenfalls etwas nach draußen. Mein Blick wandert an seinen Armen nach unten zu seinen Händen. Und... mir bleibt der Mund offen stehen. Wieso zur Hölle trägt er den selben Ring wie ich? Am selben Finger wie ich?

Es dauert ein paar Sekunden, bis es endlich klick macht. Der verdammte Ring ist von ihm. Er hat mir diesen Ring geschenkt. Er... fuck. Er hat es wirklich getan, meine Vermutung hat sich soeben bestätigt.

Didn't mean to fall in love. But you were everything l'm not. You were everything I wanted...

Auf einmal macht dieser Spruch so viel Sinn. Auf einmal macht alles Sinn.
„Wieso?", frage ich mit zittriger Stimme. Eigentlich wollte ich das gar nicht, aber es kam einfach über meine Lippen.

Er sagt nichts, sondern atmet einfach nur tief durch. Sein gesamter Körper bebt regelrecht und steht unter Spannung. Ich spüre, wie er sich anstrengen muss, um die Fassung zu behalten.

Wir schweigen uns weiterhin einfach an. Mein Herz schlägt mir mittlerweile bis zum Hals, so sehr, dass es sich schon unangenehm anfühlt. Das Blut rauscht in meinen Ohren und lässt fast keine anderen Geräusche mehr zu.

Blaines kleiner Finger streicht über meine Hand, was mich zusammenzucken lässt. Wieder frage ich mich nur; Wieso?

Vorsichtig wandern seine Finger über meine Hand, bis sie schließlich an dem Ring ankommen. Den er mir geschenkt hat. Er berührt die kleinen Steinchen und fährt behutsam darüber. Seine Berührungen lösen so viel in mir aus. So viel Positives und so viel Negatives. Ich bin in einer Schockstarre.

Wieso lass ich das hier gerade zu? Das geht nicht. Es dauert eine Weile, bis ich mich wieder gefangen habe.

Ich ziehe meine Hand zurück und schaue ihn fassungslos an. Ich kann seine Berührungen nicht ertragen. Nicht nachdem, was er mir angetan hat. Diese Sache lässt sich mit nichts entschuldigen und ich könnte es niemals verzeihen.
„Wieso?"

„Was meinst du damit?", fragt er mit zittriger Stimme.

„Du weißt was ich meine. Wieso schenkst du mir das? Was soll das Ganze?"

Er dreht sich um und lehnt sich mit dem Rücken gegen die Wand. Ich sehe, dass sich in seinen Augen die Tränen sammeln und er versucht, die richtigen Worte zu finden. Doch die gibt es nicht. Es gibt keine Erklärung für das alles hier. Es gibt keinen Sinn, egal wie lange ich versuche ihn zu finden.

Ich gehe ein paar Schritte zurück und bringe somit einige Meter Abstand zwischen uns. Ich kann das alles einfach nicht ertragen und erst recht nicht verstehen. Wütend ziehe ich mir den Ring vom Finger ab und lege ihn auf ein Fensterbrett. Ich kann das einfach nicht an meinem Körper haben. Ich wüsste nicht wieso.

„Du kannst mich mit teuren Geschenken nicht kaufen. Egal wie oft du versuchst, mich mit Geld zu beeindrucken."

Blaine runzelt seine Stirn und schaut mich fragend an. „Du verstehst das immer total falsch", sagt er. „Ich weiß nicht, warum du immer denkst, es geht hierbei um den materiellen Wert. Das tut es nicht. Weder bei den Schecks für die Schulgebühren noch bei diesem Ring. Es sollte einfach ein Geschenk sein, was ich dir machen wollte, der materielle Wert dahinter hat im Prinzip gar keinen Wert."

„Wenn es keinen materiellen Wert hat, warum muss es dann so ein teurer sein und nicht einfach einer für zehn Pfund?"

„Ist das nicht vollkommen egal? Ist es nicht sowas von egal, wie viel etwas kostet? Wieso müssen wir deswegen streiten? Wieso denkst du, es ist etwas schlimmes?"

Um ehrlich zu sein, weiß ich selbst nicht mal, warum ich das schlimm finde. Denn eigentlich finde ich das gar nicht schlimm und wenn mir meine Schwester diese Seite nicht gezeigt hätte, hätte ich sowieso nicht nachgeschaut. Wieso mache ich da so ein Drama draus? Ich will eigentlich gar kein Drama draus machen, ich wollte doch einfach nur sagen ... Ich weiß es selbst nicht.

Jetzt komme ich mir total blöd vor und weiß absolut nicht was das gerade sollte. „Tut mir leid", sage ich. „Die Situation überfordert mich und ich versuche mit dir abzuschließen. Ich versuche es so sehr. Aber immer und immer wieder kommt irgendwas dazwischen. Zuerst die Silvesterparty, dann die Tatsache, dass du an diese Schule zurückkommst, dann dieser Ring. Und allgemein du bist mit Stacy befreundet, du bist überall den Medien..."

Er schließt seine Augen und atme tief durch. Ich merke, wie er mit sich kämpft und wie ihm das hier schwer fällt. Meine Worte verletzen ihn. Auch wenn ich überhaupt nicht gut auf ihn zu sprechen bin, möchte ich ihn nicht verletzen. Dennoch möchte ich sagen, was ich denke. Ich möchte nicht mehr alles einfach nur hinnehmen und so tun, als wäre alles in Ordnung.

„Kennst du dieses Sprichwort richtige Person, falscher Zeitpunkt?"

„Ich hab es schon mal gehört."

„Das trifft dann wohl auf uns zu", sagt er. Er öffnet seine Augen wieder, und eine Träne rollt über seine Wange. Er lächelt mich an und geht einen Schritt von der Wand weg. „Ich liebe dich wirklich über alles, Elijah. Du bist alles was ich nicht bin und du bist alles, was ich je wollte. Aber ich respektiere deine Entscheidung und werde nicht länger irgendwie in dein Leben eindringen."

Er nimmt sich den Ring vom Fensterbrett und läuft dann in Richtung Tür. Ich weiß nicht wieso, aber irgendwie macht mir das Angst. Seine Aussage macht mir Angst. Es ist ein bisschen so, als wäre es jetzt endgültig aus. Ich meine... Das ist es sowieso schon die ganze Zeit aber das jetzt auch noch mal von ihm so wortwörtlich zu hören tut weh.

„Warte", sage ich leise. „Wieso hast du mir das überhaupt geschenkt? Also, mit welchen Gedanken?"

Er bleibt stehen und dreht sich wieder zu mir. „Die Frage ist berechtigt. Das klingt komisch, aber ich wollte irgendetwas haben, was uns beide verbindet. Also ich meine mehr als nur unsere Erinnerungen."

„War das auch irgendwie wie ein promise Ring gemeint?"
Wie komme ich mir bei dieser Frage richtig komisch vor und total voreilig. Allerdings musste ich gerade an die Worte von meinen besten Freunden denken.

„Ja, so ungefähr", sagt er lächelnd und steckt sich den Ring in die Hosentasche.

„Warte", sage ich wieder und gehe ein paar Schritte auf ihn zu. „Kann ich ihn wiederhaben?"
Ich strecke meine Hand aus und schaue ihn an. Ich verzeihe ihm hiermit nicht und ich vergesse damit auch nichts von dem, was vorgefallen ist. Trotzdem habe ich nach wie vor Angst wegen seinen Aussagen. Das macht das Loch in meiner Brust irgendwie noch größer.

Er greift erneut in seine Hosentasche und legt mir den Ring in meine Handfläche. Mit einem Schmunzeln im Gesicht dreht er sich um und verlässt den Raum.

Ziemlich durcheinander, stehe ich da und versuche meine Gefühle zu sortieren. Ich weiß gerade gar nichts mehr, weniger als all die Wochen zuvor. Ich fühle mich auf der einen Seite irgendwie gut und wertgeschätzt und auf der anderen immer noch total ausgenutzt und benutzt. Ich fühle mich hintergangen und einfach nur verletzt.

Royal Revolution [Band 3] || boyxboy Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt