Kapitel 11

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Jeongguks Sicht:

Am nächsten Morgen sitze ich komplett verschlafen auf meinem Balkon und rauche eine Zigarette. Ich habe mir eigentlich vorgenommen mit dem Rauchen aufzuhören, aber gerade war der Drang einfach zu groß. Eingekuschelt in einer Decke, weil ich keine Lust hatte mich anzuziehen, scrolle ich durch Instagram auf meinem Handy und fange an zu lachen, als ich den neuen Post von Jimin sehe. Er steht mit Yoongi, Jin und Hoseok vor der Bar und alle vier machen eine hässliche Grimasse. So macht man auch gute Werbung für die Arbeit. Ich like den Post und gehe anschließend aus der App raus, um Jimin anzurufen.

Nach wenigen Sekunden geht er auch schon ans Handy, aber bringt nur ein raues Murren heraus, was eine Begrüßung sein soll.

"Na, Süßer? Habe ich dich etwa geweckt?", lache ich ihn aus, was ihn noch mehr zum Murren bringt.

"Halt die Fresse, Jeongguk", raunt er in den Hörer.

"Ach, es erfüllt meine Seele, wenn du mich mit deiner sexy Morgenstimme beleidigst", gebe ich entzückt von mir und nehme einen Zug von der Zigarette.

"Rauchst du etwa? Hast du nicht gesagt, dass du aufhören möchtest?", fragt er mich direkt und ist plötzlich hellwach.

"Mir war eben einfach danach. Übrigens wollte ich dich bloß fragen, ob du heute Zeit für mich hast", antworte ich und schaue mir den glühenden Stängel zwischen meinen Fingern an.

"Wow, schwache Leistung. Aber ich habe tatsächlich ein wenig Zeit für dich. Ich muss erst um 21 Uhr arbeiten gehen", meint er und im Hintergrund raschelt es laut.

"Sehr gut. Kommst du im Laufe des Tages zu Eun Noonas Café? Ich möchte dir den Typen zeigen, der mich unattraktiv findet. Du warst ja als Einziger an dem Abend nicht da", erwidere ich grinsend und kann ihn auch schon schnaufen hören.

"Sag mir nicht, dass der bei deiner Tante arbeitet! Wie witzig! Bestimmt hat er sich zu Grund und Boden geschämt, als er dich gesehen hat. Ich stehe um Punkt 9 vor dem Café. Das muss ich länger beobachten", lacht er schallend los.

"Kannst du mich eventuell davor abholen?", frage ich ihn und forme meine Lippen zu einer Schnute.

"Was ist denn mit deinem Auto?", stellt er skeptisch eine Gegenfrage.

"Ich habe keine Lust zu fahren", gestehe ich und bete, dass er mich trotzdem abholt.

"Du fauler Sack. Okay, ich hole dich in einer Stunde ab", willigt er seufzend ein.

"Dankeschön und bis später, Jimin", erwidere ich und ahme Kussgeräusche nach, wodurch er lacht und sich dann ebenfalls verabschiedet.

Grinsend drücke ich den Zigarettenstummel im Aschenbecher aus und stehe auf, um duschen zu gehen. Ich bin gestern Abend wortwörtlich ins Bett gefallen, weil ich so erschöpft war. Nachdem Taehyung und sein komischer Freund gegangen sind, habe ich mir förmlich den Kopf darüber zerbrochen, wie diese Beziehung zustande kam. Ich verstehe es immer noch nicht. Sowas Unsympathisches habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Naja, ich werde wahrscheinlich niemals Antworten auf meine Fragen bekommen. Eigentlich möchte ich es auch nicht wissen.

Eine Stunde später sitze ich in Jimins Auto und bin froh, dass meine Beine ihre Freiheit genießen dürfen, da er irgendeinen dunkelgrauen Mercedes fährt. Jimin hat seine blonden Haare nicht gestylt, sodass sie etwas verwuschelt aussehen. Ihm ist wohl auch nicht kalt, weil er bloß einen weißen Pullover und eine Jeanshose trägt. Dagegen habe ich meine fette Winterjacke und einen dicken blauen Wollschal, den meine Oma für mich gestrickt hat, an. Naja, ich habe nur ein schwarzes T-Shirt an, weil ich vom ganzen hin- und her rennen in einem Pullover total schwitzen würde und nicht im Laufe des Tages irgendwann nach Schweiß stinken möchte.

"Ich komme immer noch nicht drauf klar, dass du gestern Taehyung wiedergetroffen und dann auch gleich seinen Freund, den er mit dir betrogen hat, kennengelernt hast. Du wirst wirklich vom Pech verfolgt, Jeongguk", meint Jimin und schüttelt lachend den Kopf.

Während der Fahrt habe ich ihm alles erzählt, was gestern passiert ist und muss selbst nochmal verarbeiten, in was für eine Scheiße ich da reingezogen wurde. Das Schlimme an der ganzen Sache ist, dass ich immer noch Interesse an Taehyung habe. Ich kann diese Gefühle in mir ja nicht einfach abstellen. Niedergeschlagen puste ich die Luft aus meinen Lungen und bemerke erst jetzt, dass wir schon beim Café angekommen sind. Jimin parkt sein Auto vor dem Gebäude und ich schaue unauffällig, ob Taehyung schon da ist. Mein Herz hämmert kräftig in meiner Brust, als ich ihn mit einem Tablett in den Händen an der Fensterfront vorbeihuschen sehe.

"Jimin, das ist er!", rufe ich hektisch und schlage ihm gegen den Oberarm.

"Wo?!", gibt er schrill von sich und schmeißt sich mit dem Oberkörper nach vorne auf meinen Schoß, um mehr sehen zu können.

"Da im Fenster! Er trägt ein weißes T-Shirt und eine schwarze Schürze", sage ich ihm und bin mir sicher, dass er meinen lauten Herzschlag hört, da er seinen Kopf gegen meine Brust lehnt.

Für einen kurzen Moment schweigen wir beide und beobachten Taehyung, der ein strahlendes Lächeln auf dem Gesicht trägt, während er die Getränke der Gäste auf den Tisch stellt. Jimin setzt sich langsam auf und sieht mich mit einem ausdruckslosen Gesichtsausdruck an.

"Und? Haben wir übertrieben?", frage ich nach und muss anfangen zu grinsen.

"Nope, ich hätte auch eine Existenzkrise bekommen, wenn so ein Mann mir nach einer gemeinsamen Nacht eine Abfuhr gegeben hätte. Scheiße, Jeongguk! Der ist ja richtig süß und entspricht komplett deinem Beuteschema! Ich halte eigentlich nichts davon, jemanden den Freund auszuspannen, aber bei ihm würde ich dich sogar unterstützen", antwortet er und ist so schockiert, dass er beginnt zu lachen und sich eine Hand über den Mund legt.

"Soll ich mich etwa noch mehr bloßstellen? Er hat kein Interesse an mir. Nachdem ich seinen Freund gestern gesehen habe-...", erwidere ich hoffnungslos, aber Jimin unterbricht mich einfach.

"Mal ganz ehrlich, Jeongguk. Ich würde deine Denkweise verstehen, wenn ihr noch keine Nacht miteinander verbracht hättet, aber der Kerl hat schon einmal - Entschuldigung für den Ausdruck - mit dir gefickt und kann sich im Gegensatz zu dir daran erinnern. Er weiß ganz genau, warum er sich auf dich eingelassen hat und alles auf den Alkohol zu schieben, ist nichts anderes als eine billige Ausrede. Vielleicht hat er einen Freund, aber offensichtlich fehlt ihm etwas, was er bei dir an dem Abend gefunden hat", pfeffert er mir seine Gegenargumente an den Kopf, die mich nicht wirklich überzeugen.

"Jimin, ich kann das aber nicht. Anfangs dachte ich, dass er das mit seinem Freund erfunden hat, damit ich ihn in Ruhe lasse, aber ich habe ihn gestern getroffen und er ist auf keinen Fall hässlich-", versuche ich ihm zu erklären, aber er macht komplett zu und unterbricht mich erneut, was mich langsam wütend macht.

"Wen zur Hölle interessiert es, ob er nicht hässlich oder Taehyungs Freund ist? Bevor du ihn gesehen hast, konntest du auch wie wild mit Taehyung flirten. Wieso nimmst du Rücksicht auf die Beiden, wenn Taehyung auf deine Gefühle geschissen hat? Seit zwei Monaten denkst du beinahe täglich an ihn und jetzt, wo er vor dir steht, machst du wegen seinem Freund einen Rückzieher? Das macht einfach keinen Sinn, Jeongguk!", regt sich Jimin auf und seine Stimme wird immer schriller, was mich aus dem Konzept bringt.

"Sag mal, kannst du aufhören so zu schreien? Bei dir tickt es doch nicht mehr ganz richtig", meckere ich ihn an.

"Ich höre erst auf zu schreien, wenn du aufhörst, so eine dumme Scheiße von dir zu geben!", keift er mich an.

"Das wird mir zu blöd. Mit dir rede ich nicht mehr!", gebe ich beleidigt von mir und steige aus dem Auto, bevor er mich weiter anschreien kann, schließe ich die Tür und renne zum Eingang des Cafés.

Chasing You | TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt