Kapitel 27

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Es geht mir so auf die Nerven, dass Jeong-Eun und Seojun mich schon wieder mit Taehyung allein lassen. Die Stimmung zwischen uns ist absolut unangenehm, da wir von beiden Seiten aus nicht miteinander reden und uns aus dem Weg gehen. Miga und die anderen sind schon lange nach Hause gegangen, sodass ich komplett allein mit Taehyung im Café bin. Seit einer Stunde sind auch keine Gäste mehr da, wodurch wir mal wieder nur am Putzen sind. Ich habe die Küche in Beschlag genommen und putze jede kleinste Ecke, um nicht in den Gästebereich zurückgehen zu müssen.

Sein dummes Geschwätz über seinen tollen Bogum kann er sich ganz tief in den Arsch stecken. Bogum hier, Bogum da. Wann geht es jemals um Taehyung?! Ich kriege wirklich das kotzen, wenn ich bloß daran denke, wie dieses arrogante Arschloch mich die ganze Zeit angesehen hat. Als wäre ich irgendein ekliges Insekt, was ihm im Weg steht. Hat er etwa Schiss, dass Taehyung merkt, was für ein Wichser er eigentlich wirklich ist? Bestimmt ist ihm bewusst, dass er seinen Freund nicht gut behandelt und macht deswegen die ganze Zeit so einen Stress, damit Taehyung ein schlechtes Gewissen bekommt, was er schon von vorne rein hat.

Es macht mich wahnsinnig.

Es ist nicht nur das, was Bogum sagt oder wie er es sagt – es ist die Art, wie er mich ansieht. Als wäre ich der Störfaktor in seiner perfekten Welt. Dabei bin ich nur froh, wenn ich ihm nicht über den Weg laufen muss. Warum Taehyung das nicht sieht, bleibt mir ein Rätsel. Es ist, als ob er sich blind stellt für all das, was offensichtlich falsch läuft. Und das Schlimmste? Ich kann nichts tun. Egal wie sehr es mich auf die Palme bringt, ich kann nichts sagen, nichts ändern. Er würde mir ohnehin nicht zuhören.

Und dennoch, jedes Mal, wenn ich ihn so sehe, wie er sich verstellt, um es Bogum recht zu machen, brodelt es in mir. Wie kann er nicht merken, wie sehr er sich selbst aufgibt? Taehyung ist so viel mehr wert, als dieser Mistkerl ihm glauben lässt. Er sollte sich nicht unterordnen oder sich kleiner machen, nur damit Bogum sich größer fühlen kann. Er hat zwar einen Fehler begangen, jedoch muss er sich doch selbst nicht so bestrafen.

Aber was weiß ich schon? Vielleicht will Taehyung es so. Vielleicht ist es einfacher, sich an eine Vorstellung zu klammern, als sich einzugestehen, dass man sich geirrt hat. Dass man die falsche Person in sein Herz gelassen hat.

Ein lautes Scheppern aus dem Gästebereich reißt mich aus meinen Gedanken. Taehyung hat etwas fallen lassen. Ich weiß genau, dass er es selbst aufräumen wird, ohne auch nur um Hilfe zu bitten. Aber für einen Moment frage ich mich, was wäre, wenn ich einfach hingehe und ihm meine Meinung sage? Einfach mal alles rauslassen, was sich die letzten Tage in mir angestaut hat?

Doch ich verwerfe den Gedanken genauso schnell, wie er gekommen ist. Nein, das würde nichts bringen. Taehyung würde mich nur ansehen, mit diesen großen, verständnisvollen Augen, und mich trotzdem nicht hören. Und dann wäre wieder alles beim Alten.

Also bleibe ich in der Küche, putze weiter und versuche, den Lärm und den Ärger auszublenden, der in mir tobt. Mehrere Sekunden vergehen und mein schlechtes Gewissen meldet sich zu Wort, dass ich gefälligst nach ihm sehen soll.

Ich beiße mir auf die Unterlippe und werfe den Putzlappen in die Spüle. Mein dummes Gewissen in mir drängt mich dazu, doch nachzusehen, was da los ist. So sehr ich auch versuche, mich rauszuhalten, es zieht mich einfach aus der Küche raus, in den leeren Gästebereich.

Als ich durch die Tür trete, sehe ich ihn. Taehyung steht am Tresen, den Blick auf seine Hand gerichtet, die auf der Theke liegt. Erst da merke ich, dass Blut auf den Boden tropft. Verdammt.

"Taehyung?“, rufe ich, schneller, als ich wollte, und laufe zu ihm. Er zuckt zusammen, als hätte er nicht erwartet, dass ich komme.

"Es ist nichts, Jeongguk“, murmelt er, aber ich sehe deutlich, wie tief der Schnitt an seiner Hand ist.

Chasing You | TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt