Kapitel 21

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Jeongguk verschwindet durch die Tür in den Mitarbeiterraum, und ich bleibe wie angewurzelt stehen. Mein Herz pocht immer noch wie verrückt, und ich spüre, wie mein Magen sich zusammenzieht. Jeongguks Wut und sein beschützendes Verhalten gegenüber seiner Tante haben mir noch einmal verdeutlicht, dass mit ihm nicht zu spaßen ist und seine Grenzen nicht überschritten werden sollten.

Ich atme tief durch und versuche, mich zu beruhigen. Mein Kopf ist voll mit den Bildern, die Jeong-Eun mir gerade gezeichnet hat. Ein kleiner Junge, der nicht einmal von seiner eigenen Mutter angenommen wird, und eine Familie, die auseinandergerissen wurde. Wahrscheinlich versucht die Familie Jeon deswegen stets glücklich zu sein und allen den Tag mit ihrem strahlenden Lächeln zu versüßen.

"Alles in Ordnung?", fragt plötzlich Jeong-Eun neben mir und ich zucke zusammen.

Sie hat sich ihre Tränen weggewischt und schaut mich mit einem halbwegs versöhnlichen Blick an. Ich frage mich wirklich, wie sie ihrer Schwester noch ins Gesicht sehen kann. Wie groß muss bitte ihr Herz sein, dass sie das nach all dem kann?

"Ja, es war nur viel auf einmal und ich dachte vor wenigen Sekunden, dass mir Jeongguk die Visage einschlägt", erwidere ich lächelnd und bringe sie mit dem letzten Teil zum Lachen.

"Als ob. Jeongguk würde niemanden etwas tun, der mir am Herzen liegt", beruhigt sie mich und zwinkt mir grinsend zu.

Bevor ich etwas erwidern kann, kommt Jeongguk wieder zurück. Unter der Schürze vom Café trägt er ein Longsleeve und ein lockere Jeanshose. Ich muss nicht erwähnen, dass das Outfit komplett schwarz ist. Selbst in seiner Wohnung waren alle Möbel schwarz. Jeong-Eun mustert ihn kritisch, bevor sie ihre Arme verschränkt und den Kopf schüttelt. Seine Tante und ich sind im Gegensatz zwei bunte Hunde neben ihm. Wir haben beide eine helle Jeans an und tragen einen dunkelroten Pullover mit dem Café Logo drauf.

"Du solltest mehr schlafen, Kleiner. Schau dich doch mal an! Habt ihr gestern zu viel gesoffen?", schimpft sie mit ihm und packt ihn mit einer Hand unter das Kinn, um sein Gesicht genauer zu betrachten.

Ich sehe, wie Jeongguk leicht errötet, aber seine Tante unschuldig anlächelt. Es ist fast schon seltsam, wie schnell sie ihre Rolle von der schutzbedürftigen Tante zur strengen Aufpasserin wechseln kann.

"Ja, ja. Mach dir mal keine Sorgen, Noona. Ich komm schon klar und ein bisschen Restalkohol ist nicht das Ende der Welt", antwortet Jeongguk und lächelt, aber es erreicht nicht seine Augen.

Ich weiß, dass er es sagt, um sie zu beruhigen, aber ich sehe, dass es ihn viel Kraft kostet, diese Fassade aufrechtzuerhalten. Sie nickt nur, als wäre das alles, was sie hören wollte. Dann dreht sie sich um und geht zur Tür.

"Ich bin dann mal weg. Ihr beiden bekommt das hier schon hin. Seojun wartet ja", ruft sie uns noch über die Schulter zu und verschwindet, bevor einer von uns etwas sagen kann.

Als die Tür ins Schloss fällt, bleibt nur eine schwere Stille zwischen Jeongguk und mir zurück. Das Einzige, was man hört, ist das Klackern der Tastaturen unserer Gäste. Ich weiß, dass ich vorsichtig sein muss, was ich als Nächstes sage. Ich sehe, wie er den Blick fest auf den Boden gerichtet hält und seine Hände in die Taschen steckt. Er wirkt angespannt, als würde er einen inneren Kampf austragen.

"Jeongguk...", beginne ich zögernd, doch er hebt sofort die Hand, um mich zu stoppen.

"Ich weiß ganz genau, dass sie dir von meiner Mutter erzählt hat. Ich hoffe, dass es nicht allzu langweilig für dich war", sagt er kühl und starrt mich eisern an.

Seine Stimme ist schneidend, und ich spüre, wie sich meine Kehle zuschnürt. Reiß dich zusammen. Wir sind im Café seiner Tante und er wird dich nicht vor all den Gästen anschreien oder bloßstellen. Nicht alle Kerle sind gleich. Trotzdem hämmert mein Herz heftig in meiner Brust und das bittere Gefühl verlässt mich nicht.

Chasing You | TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt