Kapitel 12

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Taehyungs Sicht:

Jeongguk stürmt ins Café und scheint völlig aufgebracht zu sein, da seine Körperhaltung angespannt ist. Mit einem finsteren Gesichtsausdruck rauscht er an mir und Jeong-Eun vorbei, wodurch wir uns beide irritiert ansehen. Keine zehn Sekunden später folgt ihm ein blondhaariger Mann, der den selben finsteren Blick drauf hat. Er ist ein gutes Stück kleiner als ich und stampft wie Jeongguk in den Personalraum. 

"Wer ist das?", frage ich meine Chefin, die einen genervten Laut von sich gibt und ihre Schläfen massiert.

"Einer von Jeongguks Freunden. Kannst du bitte nach ihnen sehen? Die veranstalten sonst im Personalraum einen Anschreiwettbewerb", antwortet sie mir und sieht mich flehend an.

"Ja, kann ich machen", lächle ich sie an und mache mich auf den Weg zum Personalraum, der sich genau neben der Küche befindet. 

Als ich mich dem Raum nähere, werde ich automatisch nervös und kriege Herzrasen. Ich fühle mich immer noch schlecht, dass ich gestern einfach früher gegangen bin, obwohl wir zusammen den Laden schließen sollten. Ich wäre auch nicht gegangen, wenn Bogum mich nicht dazu genötigt hätte. Gestern Abend ist bei uns auch die Hölle ausgebrochen, weil es ihm gar nicht gepasst hat, wie mich Jeongguk angeschaut hat. Ich habe rein gar nichts dazu gesagt, weil mir schlichtweg die Worte fehlten. Ich kann ihm unmöglich sagen, dass seine Sorgen berechtigt sind. Ich muss mich unbedingt von Jeongguk fernhalten und ihm deutlich klar machen, dass nichts zwischen uns laufen wird.

Entschlossen öffne ich die Tür zum Personalraum und betrete diesen, jedoch reiße ich überrascht die Augen auf, da der Blondhaarige Jeongguk an der Brust gegen die Spinde gedrückt hat. Dieser schaut ihn nur abschätzig an und umschließt das schmale Handgelenk seines Freundes. Jeongguk trägt ein schwarzes enganliegendes T-Shirt, wodurch ich seine ganzen Tattoos auf seinen Armen wieder zu Gesicht bekomme. Wieso sieht er bloß so gut aus? Mir schießt das Blut ins Gesicht und hinter mir knallt die Tür laut zu, sodass die Beiden sich in meine Richtung drehen.

"Ach, da lerne ich den Kerl namens Kim Taehyung auch mal kennen, der auf dem Schwanz meines besten Kumpels geritten ist und ihn danach wie Müll weggeschmissen hat. Ich bin Park Jimin", stoßt sich dieser Jimin an Jeongguk ab, um mit einem schiefen Grinsen auf mich zuzukommen und mir ganz frech die Hand vor die Nase zu halten.

Mir fällt die Kinnlade runter und ich starre diesen blonden Chihuahua schockiert und sprachlos an. Hat er das gerade ernsthaft zu mir gesagt? Augenblicklich sehe ich Jeongguk an, der im selben Moment ausholt und seinem Kumpel gegen den Kopf schlägt. Jedoch reagiert dieser gar nicht und schaut mich weiterhin böse an.

"Geht's noch? Was sagst du da?", keift Jeongguk ihn an und zerrt ihn am Oberarm zu sich.

"Ja, es geht noch. Lass mich los! Ich bin noch nicht fertig mit ihm! Denkst du wirklich, dass du so leicht damit davon kommst? Du hast unseren lieben Jeongguk für deine Befriedigung ausgenutzt und dich kein Stück für seine Gefühle interessiert! Ich bin froh, dass er sich nicht mehr an die Nacht erinnert, so ist ihm viel Leid erspart geblieben! Weißt du, was du bist? Du bist ein selbstsüchtiges Arschloch und verdienst Jeongguks Rücksicht nicht. Wenn du so eine Scheiße mit mir abgezogen hättest, wäre ich direkt zu deinem Freund gegangen, um dich zu verpetzen!", macht er mich komplett fertig und bohrt seinen Zeigefinger in meine Brust.

Tränen der Wut und Scham bilden sich in meinen Augen und ich kaue auf meinen Innenwangen herum, während ich mich anstrenge nicht zu weinen. Meine Kehle schnürt sich zu und mein Herz klopft mir bis zum Hals. Dieser Jimin öffnet erneut seinen Mund, aber Jeongguk presst seine Hand auf diesen und hindert ihn somit daran, mich weiter zu beleidigen.

"Du hast genug gesagt. Geh raus und beruhig dich", fordert er ihn im ernsten Tonfall auf und schiebt ihn an mir vorbei.

Jimin schnalzt genervt mit der Zunge, aber verlässt den Raum ohne Widerworte. Als die Tür sich nach wenigen Sekunden schließt, fange ich wie auf Knopfdruck an zu heulen und verdecke mein Gesicht mit meinen Händen. Ich habe schon die ganze Zeit mit diesem schlechten Gewissen zu kämpfen und kriege deswegen nachts kein Auge mehr zu. Ich weiß doch selbst, dass ich damals total selbstsüchtig gehandelt habe. 

Plötzlich spüre ich zwei starke Arme, die sich um meinen Körper legen und mich sanft an sich ziehen. Jeongguk klopft mir tröstend auf den Rücken und mir steigt sein wundervoller Duft in die Nase, sodass ich mich mehr an ihn lehne und seinen Geruch in mich einsauge, da er mich irgendwie beruhigt.

"Tut mir leid. Ich habe ihn eben im Auto total auf die Palme gebracht und er hat seine Wut an dir rausgelassen", entschuldigt er sich auf noch für seinen Freund, obwohl Jimin nur die Wahrheit gesagt hat.

"Nein, er hat Recht. Ich habe dich wirklich ausgenutzt, weil ich sauer auf Bogum war und wusste, dass du Interesse an mir hast. Mir tut es unfassbar leid, dass ich dich da reingezogen habe", erwidere ich verheult und löse mich etwas von ihm, um mir die Tränen wegzuwischen.

"Wir können nichts mehr an der Situation ändern. Ich kann mich auch nicht wirklich daran erinnern... Also fühl dich nicht allzu schlecht, ja?", zuckt er mit den Schultern und schenkt mir ein kleines Lächeln.

Mir kullern weitere Tränen über die Wangen, während ich ihn verständnislos ansehe. Wie kann er noch so nett zu mir sein? Ich habe ihm gerade gesagt, dass ich ihn bloß ausgenutzt habe und er lächelt mich immer noch an? Nein, er lächelt mich nur an, um mir nicht zu zeigen, wie sehr es ihn wirklich verletzt.

"Geht es dir wirklich gut? Ich möchte nicht, dass du dich schlecht fühlst", frage ich ihn, wodurch sein Lächeln etwas bricht.

"Ja, alles bestens. Zerbrich dir nicht den Kopf darüber. Ich gehe mal zu meinem Tantchen, damit du dich erstmal beruhigen kannst", meint er und klopft mir auf die Schulter, bevor an mir vorbeiläuft und den Raum ebenfalls verlässt.

Fuck, er hat mir zwar gesagt, dass ich es bereuen werde, ihn jemals kennengelernt zu haben. Aber ich dachte, dass er sich wie ein absolutes Arschloch aufführen würde. Das ist jedoch überhaupt nicht der Fall, was die Situation noch viel schlimmer für mich macht. Mir ging es viel besser mit dem Gedanken, dass er ein Arschloch ist, da wir damals im Streit auseinander gegangen sind. Nun zerfleischen mich meine Schuldgefühle, weil Jeongguk ein echt liebes Kerlchen ist. Was soll ich bloß tun? Ich kann weder Bogum noch Jeongguk ins Gesicht schauen, ohne an meinen Schuldgefühlen zu ersticken.

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Tja, Thaddäus. Du bist halt ein riesiger Vollidiot.

Chasing You | TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt