8 - Die Jahre vergehen

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Die Jahre vergingen und über meine Trauer warf sich der Mantel der Vergangenheit.

Ich beendete die Schule mit Bravour und fing an mein Leben mehr mit Farbe zu gestalten.
Ich zog relativ früh aus und lebte mit Farlan in einer kleinen Wohnung, die uns beiden völlig reichte.
Dieser wurde schon nach kurzer Zeit mein Ehemann und so lebten wir auch später in einem größeren Haus.

Auch die Adoption unserer kleinen Tochter Isabel wurde uns vor kurzem genehmigt.
So wurde ich Vater eines ein Jahre alten Babys, welches mein Leben völlig auf den Kopf stellte.
Nachts war sie immer wach und brabbelte was vor sich hin. Ein nachtaktives Kind, aber trotzdem so goldig.
Das die leiblichen Eltern sie einfach weg gegeben haben, konnte und wollte ich nie verstehen.

Farlan wurde Lehrer, während ich einen guten Job bei der Bank hatte.
In meinem Leben waren zwei Dinge am wichtigsten - Meine Familie und Geld.
Ich war besessen von dem Gedanken so viel Geld wie möglich zu sparen, um unserer Tochter so viel wie möglich bieten zu können.
Ich wollte weg von dieser riesigen Stadt und am liebsten auf einen ruhigen Stück Land leben.
Alles in meinem Leben drehte sich nur noch um meine Familie.

,,Vielen Dank für die nette Beratung."
Ich lächelte meine Kundin an, die sich bei mir gerade über einen Vertrag und die Kosten für ein Haus erkundigt hatte.
,,Über den Kredit können wir gerne nächste Woche nochmal reden, aber bis dahin sollten Sie sich das ganze in Ruhe überlegen. Überstürzen Sie nichts."
Ich reichte der Frau meine Hand - auch wenn ich den Körperkontakt mit Fremdem verabscheute - und begleitete die Dame zur Tür.
Noch einmal einen schönen Tag wünschen und dann ließ ich die Tür ins Schloss fallen.

Direkt hatte ich mir die Hände in unserer Küche gewaschen und stützte mich an der Theke ab.
Ich war müde und genervt, aber für mein Gehalt schüttelte ich den Menschen meinetwegen deren ekligen Hände.
,,Naaa? Wieder genervt Leviiii?~"
Gelassen blickte ich zur Seite und sah zu meiner Kollegin Hanji.
Ich sags euch, die Frau war die größte Nervensäge auf der Welt und unmöglich noch dazu.
Sie hielt sich vor nichts zurück, war durchgeknallt bis zum geht nicht mehr und stand total auf die Liebe zwischen Männern.

Wer Angst davor hatte sich zu outen musste nur mit ihr reden und man hat sich in ihrer Nähe automatisch normal gefühlt.
Die Frau akzeptierte alles und war so gut wie immer fröhlich. Liebte ihren Job und hatte Spaß daran mich in meinem Sexleben auszufragen.
Eigentlich hätte sie Reporterin für Homosexuelle Männer sein sollen.
Sie hätte jeden Single verkuppeln können.

,,Wenn du da bist, will ich dir ins Gesicht kotzen."-,,Ohhh, ist da jemand untervögelt oder warum so ^gut gelaunt^?"
Ich seufzte nur und machte mir eine Tasse Tee, während sie sich mal wieder heimlich an den Keksen vom Chef bediente.

Die royal dansk danish butter cookies.
Jede Mutter auf dieser Welt benutzte die Dose danach um unnötigen Kram darin aufzubewahren.
,,Wenn du da bist, bin ich immer schlecht drauf."sagte ich und goss den Tee in meine lieblings Tasse mit dem Batman Logo drauf.
,,Jetzt sei doch nicht so. Ich weiß, dass du mich mehr als deinen Mann liebst.~"-,,Du bist seit deiner Geburt Single. Frag dich mal warum."

Sie lachte und spielte dann an ihrem Handy rum.
Wir hatten immer nur eine halbe Stunde Pause in unseren acht Stunden arbeiten, aber sie machte immer dann Pause, wann sie wollte.
So nervig sie auch manchmal war, sie war trotzdem sehr intelligent und daher brauchte mein Chef sie auch.
Mit dem Wissen, machte was sie wollte ohne die Angst zu haben, gefeuert werden zu können, was letztendlich unmöglich ist.

,,Dieser E-Kyun ist aber auch eine heiße Schnidde."sagte sie aus dem nichts.
Ich nippte an meiner Batman Tasse und sah sie unbeeindruckt an, während sie sie wahrhaftig auf die Unterlippe biss.
Ach der Typ. Ein Modell, welches momentan Thema Nummer 1 war.
Alle liebten ihn, und doch wusste so gut wie niemand etwas über ihn
Weder seinen richtigen Namen, noch sein wahres Gesicht.
Das war irgend so ein komischer Vogel, der immer eine Cappie und eine Sonnenbrille trug, sodass sein Gesicht verdeckt blieb.
Das Highlight bei dem jungen Mann war sein Body. Durch trainiert, sexy und eine V Linie, von denen manche nur träumen.

In meinen Augen ein eingebildeter Fatzke.

,,Der wäre doch auch was für dich!"
Grinsend hielt sie mir ein Bild von dem Modell entgegen.
Desinteressiert linste ich zu ihr und hielt meine eine Hand hoch, um sie auf meinen Ring am Finger hinzuweisen.
,,Ach komm. Jeder darf einen Crush haben, auch wenn er bereits vergeben ist. Kann sowieso nicht nachvollziehen was du an Farlan findest, so hässlich wie der ist."
Ich zog eine Augenbraue hoch und sah sie genervt an, während sie unschuldig ihre Hände hob.

,,Meinungsfreiheit mein lieber."-,,Du spinnst ja."

Genervt stellte ich meine Tasse in die Spülmaschine und verließ die Küche, aus der nur noch Hanjis lachen zu hören war.

Tch, dumme Kuh.

Am Abend kümmerte ich mich noch um einige Dinge an meinem Schreibtisch.
Ich war wie immer derjenige, der als letzter ging aber auch weil ich der Reiningskraft immer ihren Job erklären musste.
Das sie mich deswegen hasste, war mir völlig egal.
Fürs putzen sollte es definitiv eine Ausbildung geben und damit meine ich nicht die dreijährige Ausbildung als Gebäudereiniger.

Müde rieb ich mir die Augen und schaltete das Licht an meinem Schreibtisch aus.
Ich schnappte mir meine Tasche und verließ das Gebäude mit den gleichen vier Wänden, die ich fünf mal in der Woche sah.
Bei meinem schönen BMW angekommen setzte ich mich in den schwarzen Wagen und fuhr im Dunkeln nach Hause.
Es war ruhig und leer auf den Straßen, was ich wirklich sehr mochte.
Ich konnte einfach ordentlich Gas geben, ohne das es jemanden störte. Nicht mal ein Blitzer war zu sehen.

Aufgrund der Situation war ich auch viel früher Zuhause und somit stieg die Freude darauf meinen Mann und vor allem meine kleine Tochter wiederzusehen rasant.
Schmunzelnd stieg ich aus und öffnete die Haustür unseres Hauses.
Allerdings erwartete mich kein schöner Geruch, sondern eher...
,,Was riecht hier denn so angebrannt?!"fragte ich, während ich die Tür hinter mir schloss.

,,Das sind die Eier!"hörte ich meinen Mann aus der Küche fluchen.
Schmunzelnd legte ich meinen Autoschlüssel in die Schale und ging ins Wohnzimmer, wo meine kleine Tochter auf ihrem Spielteppich lag und mit den Klötzen spielte.
Es waren diese typischen bunten Holzwürfel, auf denen Zahlen drauf waren und das obwohl Kinder in dem Alter noch keine Ahnung von Zahlen hatten.
,,Heeyy, meine kleine Prinzessin."sagte ich und hob meine kleine Tochter hoch.
Isabel nuckelte an ihrem Schnuller und schaute in alle Richtungen.
Es wirkte immer so, als würde sie die Räume dieses Hauses das erste mal sehen, aber es lag einfach mit an ihrer Wahrnehmung, denn Babys nahmen alles ganz ander wahr, als wir Erwachsenen.

Ihre Art...erinnerte mich an jemanden...

,,Sorry...ich wollte kochen, aber ich war in Gedanken..."
Mein Mann kam gerade aus der Küche und gab mir einen sanften Kuss, den ich schnell erwiderte, da der Kuss nicht recht lang war.
,,Schon gut. Ich mache mir gleich ein Brot."-,,Wir können auch was bestellen."
Schmunzelnd sah er mich an, während er Isabel's kleinen Kopf streichelte.
Er war so süß und klein, da konnte man einfach nicht anders.
,,Hast du denn schon die Arbeiten deiner Klasse korrigiert?"fragte ich vorsichtig, aber genau in der Sekunde bereute ich meine Frage auch wieder.
Farlan fuhr sich seufzend durch die Haare und sah etwas genervt aus. Typisch für ihn.

,,Mist, das habe ich völlig vergessen..."sagte er und sah mich entschuldigend an.
Ich wusste sofort, was das wieder für ihn bedeuten würde. Die ganze Nacht durcharbeiten und ich müsse wieder alleine sein.
,,Schon gut. Ich gehe Isabel baden und du machst wie immer deine Arbeit."-,,Wir holen das nach, versprochen..."
Ich sah meinen Mann an. Wusste, dass er sein versprechen nicht so einfach halten würde und gab ihn anstelle einer antwortete einen flüchtigen Kuss.
Während ich die Treppen hoch zum Bad lief, hörte ich Farlan seufzen.
Es war mal wieder ein ganz normaler Abend im Hause Ackermann und Church.

Ereri - Puberty - [German]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt