Leise schleiche ich mich aus Westons Zimmer. So vorsichtig wie ich kann, schließe ich die Tür hinter mir. Dann tappe ich über den Flur zum Fahrstuhl. In der einen Hand meine Schuhe, in der anderen meine Zimmerkarte.
Wir haben gestern zusammen die Minibar leergeräumt und eine Serie auf Netflix geschaut. Anscheinend sind wir eingeschlafen, denn vor ein paar Minuten bin ich auf der Couch aufgewacht. Eng umschlungen lagen wir dort. Westons tiefe Atemzüge im Ohr. Ich hätte gerne noch eine Weile geschlafen. Sein großer, starker Körper auf mir war komischerweise sehr bequem. Doch ich möchte nicht, dass irgendwer mitbekommt, wo ich solange war. Beziehungsweise, dass ich über Nacht nicht in Aspens und meinem Zimmer war, sondern bei einem anderen Mann.
So leise wie möglich stecke ich die Karte in den dafür vorgesehenen Schlitz. Es klickt einmal kurz und das rote Licht über dem Scanner, wird grün. Ich drücke die Klinke nach unten und stoße die schwere Tür auf.
Im Zimmer herrscht fast noch Dunkelheit. Das orange-rote Licht der aufgehenden Sonne ist die einzige Lichtquelle. Schemenhaft erkenne ich eine Person auf einem der Sessel sitzen. Aspen. Dort, wo ich sie gestern zurückgelassen habe. Aufgeschreckt durch mein Eintreten, springt sie auf.
"Eden..."
Ihre Stimme klingt rau vom Schlaf. Sorge spielt in ihr mit. Selbst mit dem wenigen Licht erkenne ich ihre müden Augen. Dunkle Ringe umrahmen sie.
"Wo warst du? Ich habe mir Sorgen gemacht."
Sofort bekomme ich ein schlechtes Gewissen. Der Streit oder besser gesagt ihre Abweisung von gestern, ist vergessen. Ich überlege nicht lang. Die Schuhe fallen mir aus der Hand. Mit wenigen Schritten bin ich bei ihr und ziehe sie in eine feste Umarmung. Meine Arme schlingen sich um ihre Taille. Ich vergrabe den Kopf in ihrem Shirt und drücke mich an sie. Ihr zu Anfang versteifter Körper, lockert sich. Zaghaft legt auch sie ihre Arme um mich und bettet ihr Kinn auf meinem Haar.
So stehen wir einige Minuten da, bis ich mich sanft von ihr löse. Ich nehme ihre Hand in meine und ziehe sie mit mir ins Schlafzimmer.
Dort lasse ich mich auf das weiche Bett fallen. Ich rutsche rüber auf meine Seite und mache ihr so Platz. Sie streift ihre Schlappen von den Füßen und legt sich zu mir. Wortlos nehme ich ihr Gesicht in beide Hände. Mit sanften Kreisbewegungen fahre ich über ihre Wangen. Die Arme rechts und links neben meinem Körper abgestützt, blickt sie mich an. Nach ein paar Minuten des Schweigens, senkt sie den Kopf und bettet ihn zwischen meinem Bauch und meiner Brust. Ihre Arme schlingen um meine Taille und sie liegt fast mit ihrem kompletten Gewicht auf mir. Ich spüre ihre starken Beine, wie sie sich mit meinen verheddern. Zärtlich streiche ich durch ihre kurzen, drahtigen Löckchen. Sie seufzt wohlig.
"Es tut mir leid.", sagt sie.
"Was tut dir leid?", frage ich leise nach einigen Minuten des Schweigens.
Doch Aspen bleibt mir eine Antwort schuldig. Sie ist längst eingeschlafen. Ihr Atem geht langsam und tief. Mit jedem Atemzug presst sich ihre Brust auf meine und jagt mir wohlige Schauer über den Rücken. Auch meine Augen beginnen langsam zuzufallen. Schon bald nach ihr, sinke ich in einen tiefen Schlaf.
Das schrille Klingeln eines Weckers reißt uns schließlich aus den Träumen.
"Bereit für Tacoma?", fragt Aspen und sieht verschlafen zu mir auf.
Ihr ganzes Gewicht drückt immer noch auf mich und auch ihre Hände sind hinter meinem Rücken verschlungen. Ihre Mundwinkel haben sich zu einem Lächeln verzogen, das bis in ihre Augen reicht. Es gibt ihnen einen Glanz, der sie im Licht der einfallenden Sonne noch Honigfarbener erscheinen lässt. Die letzten Stunden scheinen vergessen. Ich verspüre das Bedürfnis trotzdem noch mit ihr über ihr Verhalten zu sprechen, jedoch möchte ich die Ruhe im Moment nicht zerstören.
"Immer.", sage ich, ebenfalls lächelnd.
Aspen löst ihre Hände hinter meinem Rücken und holt sie hervor. Dabei streifen sie einen Streifen nackter Haut an meiner Taille, an der mein Shirt nach oben gerutscht ist. Ruckartig atme ich ein. Einen Augenblick zu lang scheinen sie dort zu verweilen. Schließlich stemmt sie sich hoch und von mir herunter. Sofort vermisse ich ihr Gewicht auf mir. Es fühlt sich an, als wäre eine wohlige Wärme aus meinem Körper verschwunden.
Aspen geht zum Kleiderschrank und holt sich ein paar Shorts und ein rotes Shirt heraus. Dann tappt sie mit nackten Füßen ins Badezimmer, ohne sich noch einmal nach mir umzublicken. Ich selbst bleibe noch eine Weile liegen, erhebe mich jedoch als ich die Badezimmertür aufgehen höre. Aus dem Schrank schnappe ich mir ein sommerliches Kleid und schlüpfe an Aspen vorbei ins Badezimmer.
"Wie lange brauchst du denn noch?", kommt es nach zehn Minuten ungeduldig von Aspen.
Genervt verdrehe ich die Augen.
"Ich bin gerade mal zehn Minuten hier drin. Du brauchst viel länger!", rufe ich zurück und wende mich wieder meinem Spiegelbild zu.
"Lügner!"
Ein paar Handgriffe später, sitzen Frisur und Make-Up. Ich schlüpfe noch schnell ich das Trägerkleid, das ich mitgenommen habe. In Tacoma soll es ziemlich warm werden. Da wir uns den ganzen Tag im Freien aufhalten, müsste ich die richtige Kleiderwahl getroffen haben.
Mit meinen Schlafsachen in der Hand, verlasse ich schließlich das Badezimmer.
Die Arme verschränkt und ungeduldig mit dem Fuß auf den Teppich tappend, steht Aspen mitten im Raum. Ihr Blick schießt auf mich, als ich aus dem Bad trete.
Kurz öffnet sich ihr Mund vor Erstaunen. Ich bemerke wie sie hart schluckt, als ihr warmer Blick an meinem Körper hinabwandert.
Röte breitet sich von meinen Wangen, über meinen Hals bis zum Dekolleté aus. Ihr Blick scheint ihr zu folgen und bleibt schließlich an dem tieferen Ausschnitt des Kleides hängen. Lust und Gier spiegeln sich in ihren braunen Augen, als sie wieder nach oben schaut.
"Eden...", kommt es heiser über ihre Lippen. Mein Name. Ein Hauchen. Ein Fluch. Ein Gebet.
Verhalten lächle ich ihr zu und zucke mit den Schultern. Dann schnappe ich mir meine Handtasche von einem der Sessel und laufe zur Tür. Ich höre wie auch Aspen sich in Bewegung setzt. Ihr Blick brennt sich über meine Haut. Er löst wohlige Schauer aus, die in Strömen meinen Rücken hinabfließen.
Gemeinsam verlassen wir das Zimmer und fahren mit dem Aufzug nach unten. Sage und Atlas stehen schon im Foyer. Seine Arme sind um ihre Taille geschlungen und sie blicken sich tief in die Augen. Verliebt und ganz in ihrer Welt.
"Wollen wir?", frage ich in die kleine Runde.
Sage nickt aufgeregt.
"Ich war noch niein Tacoma. Atlas hat mir gestern den ganzen Abend vorgeschwärmt wie schön dieStadt mit ihrem großen Hafen ist.", sagt sie und klatscht begeistert indie Hände.
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Promise Me
RomanceDie Jungunternehmerin Eden King hat ein Problem. Um von ihrer Familie bei Feiern nicht an den Kindertisch verbannt zu werden, lügt sie dieser eine Beziehung vor. Nun wollen ihre Eltern und ihre zwei Geschwister aber für ein paar Wochen zu Besuch kom...