24 - This Side of Paradise - Hayley Kiyoko

303 19 3
                                    

Ich erwidere darauf nichts. Kurzes Schweigen hüllt uns ein. Es ist jedoch nicht unangenehm. Wir scheinen beide die kurze Pause zu genießen, in der wir über das nachdenken, was wir gerade über den anderen erfahren haben.

"Wie kommt es eigentlich, dass du meine Hilfe brauchst? Hättest du nicht Weston fragen können? Vor allem, da ihr bei dem Weingut seiner Eltern sehr vertraut schient.", fragt sie nach einer gewissen Zeit.

"Wir sind nur Freunde. Sehr gute Freunde und deswegen wird da nie mehr laufen. Es gab ein einziges Mal einen Kuss auf einer Party. Einen sehr betrunkenen Kuss. Aber ich wollte unsere Freundschaft durch dieses Fake-Dating nicht auf die Probe stellen. Außerdem wäre es komisch, da ich in Weston nie mehr als nur einen Freund sehe."

"Aber in mir siehst du mehr als eine Freundin?"

Sprachlos und ohne einen Konter auf der Zunge, blicke ich Aspen an. Schalk spiegelt sich in ihren Augen. Sie weiß genau, dass sie mich hat.

"Wieso hast du eigentlich keine Freundin? Ich meine, sieh dich doch mal an Aspen.", wechsle ich das Thema.

Die Freude und der Schalk verschwinden sofort. An ihre Stelle treten eine Dunkelheit und Trauer, die mein Herz verkrampfen lässt. Ihre Hände, die auf der Tischplatte vor uns ruhen, ziehen sich zusammen und bilden Fäuste. Die weichen Konturen werden so hart wie der Strich, den ihr Mund bildet.

"Tut mir leid, Aspen. Du musst nicht darüber reden.", versuche ich die Wogen wieder zu glätten.

"Nein, Eden. Ist schon gut. Ich glaube das bin ich dir nach meinem Verhalten von gestern schuldig. Ich möchte, dass du verstehst warum ich so reagiert habe und warum sich mein Verhalten so plötzlich ändert. Denn ganz ohne Zweifel mag ich dich, Eden."

Ihre Worte rasen durch meinen Kopf. Sie mag mich. Ganz ohne Zweifel.

"Ich hatte vor ein paar Jahren, bevor das ganze Fake-Dating anfing, eine Freundin. Coraleigh. Sie war – ist – Model und sieht dementsprechend aus. Dieser typischer Covermagazin schlanke Körper und die wasserstoffblonden Haare. Wir kannten uns von der High School und waren später bei American Airlines. Damals modelte sie noch nicht, sondern machte eine Ausbildung zur Flugbegleiterin. Dank ihr, bin ich heute wer ich bin. Im Guten sowie im Schlechten. Irgendwann wurden wir schließlich ein Paar. Anfangs lief alles gut, bis sie irgendwann ihre Karriere als Flugbegleiterin aufgab und anfing zu modeln. Durch meinen Job war ich oft lange unterwegs. Einmal bin ich an unserem Jahrestag eher zurückgeflogen, um sie zu überraschen.", erzählt sie.

Ich schließe die Augen. Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen, da ich mir die nächsten Worte denken kann.

"Als ich unsere Wohnung betrat hörte ich Stöhngeräusche und Schreie. Am Anfang dachte ich, sie hatte sich verletzt und brauchte dringend Hilfe. Wie vom Teufel verfolgt, rannte ich in unser Schlafzimmer. Wegen irgendwelcher Schmerzen stöhnte und schrie sie jedoch nicht. Der Sex mit meinem Mitbewohner war einfach ziemlich gut...", endet Aspen.

Sie spielt unruhig mit ihren Händen. Der Blick fliegt ziellos umher.

Ich bin sprachlos. Was genau sagt man in einer solchen Situation? Mit der Ansicht, dass Taten manchmal mehr sagen als Worte, ergreife ich ihre Hände. Sanft reibe ich über die Haut ihrer Finger. Ich spüre die weiche Haut ihres Handrückens und die Schwielen an den Fingern. Wir sitzen eine Zeit lang so da.

Ich verstehe nun, warum sie ihre Mauern um sich aufbaut und sich hinter ihnen versteckt. Einen solchen Schmerz kann ich mir im Leben nicht vorstellen. Vertrauen und Loyalität sind für mich das Wichtigste in einer Beziehung. Würde ich so hintergangen werden, wüsste ich nicht, was ich als nächstes tun sollte.

Wir verständigen uns ohne Worte. Zeit vergeht, in der wir nicht reden, uns nicht anblicken. Zeit, in der wir nur die körperliche Nähe des anderen, durch die Berührung unserer Hände, genießen. Ich versuche so viel Trost wie möglich in meine Bewegungen zu stecken und hoffe innigst, dass es ausreicht, damit sie sich ein bisschen besser fühlt.

Die Sonne hat den höchsten Stand schon längst überschritten, als wir schließlich aufstehen. Wir bringen unsere Teller und Gläser zurück. Hand in Hand gehen wir den Weg über den Markt zum Auto. Schweigend.

___________

Ein eher kurzes Kapitel. Ich fand den Punkt jedoch gut, um den heutigen Tag zu beenden :)

Promise MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt