Kapitel 6 - Der letzte Ferientag - Ein Tag voller Abenteuer

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Die letzten zwei Ferienwochen verliefen im Vergleich zu den ersten paar Wochen sehr entspannt und fast schon langweilig. Draco und ich schrieben uns Briefe, was zum Glück niemand mitbekam, da Tetris immer ungesehen vor meinem Fenster landete und dort leise auf mich wartete. Wer wusste schon, welchen Fragen ich ausgesetzt sein würde, weil alle paar Tage eine Eule für mich kam. Die Ordenstreffen dauerten nicht mehr ganz so lange wie noch am Anfang der Ferien. Viel gab es nicht zu besprechen, außer alle auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen und die Bewachungspläne für die Mysteriumsabteilung zu erstellen. Ab und zu kamen auch einzelne Ordensmitglieder im Grimmauldplatz vorbei, redeten mal mit den anderen und mal fragten sie auch nach mir. Ansonsten verbrachten wir viel unserer kostbaren Zeit damit zu putzen.

Schließlich war der letzte Ferientag gekommen – ein nicht zu warmer, aber auch nicht zu kalter Samstag. Es klopfte an meiner Zimmertür. „Herein“, rief ich und blickte von meinem Koffer auf, den ich gerade packte. Ginny betrat den Raum und streckte mir einen Brief entgegen. „Von Hogwarts. Unsere Bücherlisten und so“, meinte sie. „Danke“, murmelte ich und nahm ihr den Brief ab. Das Mädchen verschwand wieder. Ich betrachtete kurz das bekannte Schulsiegel auf dem Umschlag, ehe ich ihn aufriss und die Liste überflog. Ich hörte ein Schnaufen und blickte zur Tür. Ginny hatte sie nicht ganz geschlossen und ich konnte auf den Flur sehen. „Warte, Molly. Ich helfe dir!“, rief ich und sprang auf. Eilig nahm ich der Frau einen Stapel ihrer Wäsche ab. „Danke, Flora, du bist ein Schatz. Das muss zu den Jungs“, meinte Molly. Zusammen stiegen wir die Stufen nach oben und ich schob die Tür zum richtigen Zimmer mit meinem Fuß auf. „Ginny meint, die Bücherliste ist endlich angekommen“, begann meine Begleitung und legte ihren Wäschestapel auf eines der Betten. Ich tat es ihr gleich und blickte mich dann im Raum um. Neben Harry und Ron waren auch noch Fred, George und Hermine anwesend. Aber sie hatten nicht nur Umschläge in den Händen. Ich runzelte meine Stirn. Was war das für ein Abzeichen, dass Hermine und Ron bekommen hatten?

„Wenn ihr sie mir gebt, nehme ich sie heute Nachmittag mit rüber in die Winkelgasse und besorg euch die Bücher, während ihr packt. Ron, ich muss dir noch Schlafanzüge kaufen, die hier sind mindesten zehn Zentimeter zu kurz, nicht zu fassen, wie schnell zu wächst … welche Farbe hättest du denn gern?“ „Kauf ihm doch was Rot-Goldenes, passend zu seinem Abzeichen!“, rief George. Ich zog meine Augenbrauen nach oben. Klang da etwa Missbilligung mit? „Passend zu was?“, murmelte Molly und schaute sich um. Jetzt schien auch sie zu merken, dass meine Freunde nicht nur Bücherlisten in den Händen hielten. „Seinem Abzeichen. Seinem hübschen glänzenden neuen Vertrauensschülerabzeichen“, erklärte Fred. Ron und Hermine waren Vertrauensschüler? Ein Stich fuhr mir durch den Körper. Warum um alles in der Welt waren ausgerechnet die beiden Vertrauensschüler geworden. Ron war dazu wahrlich nicht geeignet. Und Hermine? Nun, ich war doch viel besser als sie. Nicht nur in der Schule. Ich war immerhin Merlins Erbin! Blinzelnd schüttelte ich meinen Kopf, als Molly einen Freudenschrei ausstieß. Was dachte ich denn da? Hermine war fast genauso begabt wie ich – und sie musste dafür auch noch lernen. Außerdem war ich wohl als Ordensmitglied ziemlich eingespannt. Ob sich das in der Schule ändern würde? Oder würde ich weiterhin Aufträge ausführen? Wenn ja, war es gut, dass ich keine weiteren Pflichten aufgelastet bekam. Am Ende würde ich noch vor Stress umkippen.

„Wenn dein Vater das erfährt! Ron, ich bin so stolz auf dich, das sind ja wunderbare Neuigkeiten, am Ende wirst du noch Schulsprecher wie Bill und Percy, das ist der erste Schritt! Oh, dass so etwas passiert, mitten in all den schweren Zeiten! Ich find’s einfach toll, oh, Ronnie…“ In ihrer Freude bemerkte Molly nicht einmal, dass sie ein Tabuthema angesprochen hatte. Fred und George jedoch zuckten kurz minimal zusammen. „Nun, was soll es sein? Percy haben wir eine Eule geschenkt, aber du hast natürlich schon eine.“ „W-was meinst du?“, murmelte Ron und versuchte sich aus der Umklammerung seiner Mutter zu lösen. Ich musste mir ein Grinsen stark verkneifen. „Dafür musst du doch eine Belohnung kriegen! Wie wär’s mit einer hübschen neuen Garnitur Festumhänge?“ „Wir haben ihm schon was in der Richtung gekauft“, warf Fred ein. Ich zog meine Augenbrauen hoch. Warum kauften sie Ron denn Festumhänge? „Oder einen neuen Kessel. Charlies alter rostet ja durch, oder eine neue Ratte, du hast doch Krätze immer so gemocht…“ „Mum“, unterbrach Ron die aufgeregte Frau. „Kann ich einen neuen Besen haben?“ Molly stockte. „Keinen wirklich guten! Nur – nur einen neuen – zur Abwechslung mal…“, meinte der Junge. Molly sah Ron einen Augenblick lang an, dann nickte sie leicht lächelnd. „Natürlich … nun, ich beeil mich besser, wenn ich dir noch einen Besen kaufen soll. Wir sehen uns dann alle später … der kleine Ronnie, ein Vertrauensschüler! Und vergesst nicht, eure Koffer zu packen … Vertrauensschüler … oh, ich bin ganz hibbelig!“

Merlins Erbin 2 - Wahre das GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt