Kapitel 23 - Die Tücken des Verbotenen Waldes

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Nervös warf ich immer wieder einen Blick auf die Uhr. Ich hatte mir vorgenommen, extra früh ins Bett zu gehen, um heute Nacht nicht so müde zu sein, wenn Draco und ich in den Verbotenen Wald gehen würden. Nur deswegen hatte ich Hermine dazu überredet, unsere Hausarbeit im Gemeinschaftsraum zu schreiben. Eine denkbar schlechte Idee. Die Atmosphäre hier was so aufgeweckt, dass es mich selber immer hibbeliger machte. Wie sollte ich da gleich einschlafen können?

„Flora, bist du sicher dass es dir gut geht?“, fragte Hermine mich nun schon zum dritten Mal. Mein Blick flog zu ihr. „Warum nicht?“, versuchte ich mich an einem lockeren Grinsen. Eigentlich sollte ich gar nicht so aufgeregt sein. Immerhin war ich eine mächtige Hexe. Ich würde Draco und mich schon beschützen können. Aber der Verbotene Wald war nun einmal nicht ohne Grund verboten. „Du bist den ganzen Tag schon so nervös. Und du hast beim Abendessen fast nichts gegessen. Kann es sein…“ Sie beugte sich zu mir. „Kann es sein, dass du heute Abend wieder einen Auftrag von Dumbledore hast?“, flüsterte sie und sah sich danach schnell in alle Richtungen um. Ihr Gedanke erschien mir gerade so absurd, dass ich fast lachen musste. Aber gut, sie wusste ja auch nicht, dass ich mich heute mit Draco rausschleichen wollte. Sie wusste nur, dass ich im Orden war und schon mal einen Auftrag innerhalb der Schulzeit ausgeführt hatte. Da konnte sie schon auf solche Gedanken kommen.

„Nein, Hermine, ich hatte einfach nur keinen Hunger. Um ehrlich zu sein, ich glaube es geht mir doch nicht so gut. Ich denke, ich werde mich direkt hinlegen.“ Hermines Züge wurden sanfter und sie nickte schnell. „Natürlich. Du brauchst dich doch nicht dazu zwingen, mit mir Hausaufgaben zu machen. Lass deine Sachen einfach liegen. Ich packe sie zusammen und bringe sie später hoch in unseren Schlafsaal“, meinte sie. „Danke“, lächelte ich und griff mir nur meinen Zauberstab, mit dem ich nach oben verschwand. Ohne es zu wollen, hatte Hermine mir die perfekte Vorlage für eine Ausrede geliefert. Vielleicht konnte mir das auch morgen früh helfen, wenn ich müde sein würde, weil ich die halbe Nacht durchgemacht hatte. Im Schlafsaal zog ich mich schnell um und stellte meinen Wecker auf halb eins. Vorsorglich legte ich ihn unter mein Kissen, damit möglichst nur ich und nicht die anderen vom Klingeln aufwachen würden. Seufzend warf ich mich auf mein Kissen und versuchte zu schlafen, was mir allerdings nur schwerlich gelang. Irgendwann jedoch verlangsamte sich mein Herzschlag. Erstarben meine Gedanken. Und ich driftete in den Schlaf.

PIEP! Mit klopfendem Herzen schoss ich nach oben, zog meinen Wecker unter meinem Kissen hervor und schaltete ihn aus. Keuchend hielt ich still und lauschte. Lavender auf der anderen Seite des Raumes murmelte, doch keiner meiner Mitbewohnerinnen schien aufzuwachen. Erleichtert atmete ich aus und stellte den Wecker auf meinen Nachttisch. Ich ließ nur meinen Zauberstab erleuchten und zog den Stapel warmer Klamotten aus meinem Schrank, den ich schon vorbereitet hatte. Mit klopfendem Herzen schlich ich mich ins Bad und zog mich leise um. Meine Winterleggins und darüber eine dehnbare Stoffhose. Ein Unterhemd unter meinen Pulli. Warme Socken. Meine Haare flocht ich zu einem Zopf, damit sie mich nicht stören würden. Zurück im Zimmer zog ich meine Stiefel an. Auf den Schal verzichtete ich, damit er mich nicht behindern konnte. Kurz stand ich unschlüssig vor meinen Jacken und entschied mich letztlich für eine warme Strickjacke, die mir genügend Bewegungsfreiheit bot. Natürlich durfte meine Mütze nicht fehlen. Nervös drehte ich den Drachenkopf-Ring zwischen meinen Fingern. Bald war es so weit. Ich legte meinen Zauberstab auf den Boden und zog meinen Koffer unter meinem Bett hervor. Wenn jetzt eine der anderen aufwachen und mich sehen würde…

Schnell fand ich meine verschließbare Umhängetasche. Darein stopfte ich Merlins Buch, damit Draco und ich die Pflanzen im Verbotenen Wald erkennen konnten. Ich warf einen Blick auf meinen Wecker. Bald eins. Ich musste los. Ich hängte mir meine Tasche um, griff nach meinem Zauberstab und stand langsam auf. Vorsichtig durchquerte ich das Zimmer und öffnete die Tür. Jemand murmelte. Ich hielt den Atem an und schielte nach hinten. Keine wachte auf. Ich wartete noch ein paar Sekunden, dann schlüpfte ich durch die Tür und schloss diese leise wieder. Die Treppen nach unten nahm ich etwas weniger achtsam. Der Gemeinschaftsraum war wie ausgestorben. Kein Licht brannte. Kein Feuer loderte. Niemand da. Achtsam schaute ich auf den Boden, um nicht über irgendwas zu stolpern. Dann stand ich vor dem Ausgang. Ich warf noch einmal einen Blick auf die Uhr. Nicht, dass ich sonst zu früh dran war und minutenlang auf Draco warten musste. Dann würde ich noch von irgendeiner Patrouille entdeckt werden. Doch es war schon Zeit. Tief atmete ich noch einmal durch. Dann gab ich dem Bild der Fetten Dame einen sanften Schubs. Es schwang nach außen.

Merlins Erbin 2 - Wahre das GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt