Ich schloss die Tür zu unserem Wohnblock auf und nickte einem Nachbarn freundlich zu, der mich seltsam ansah. Vielleicht weil ich zu so später Stunde und voller Dreck im Gesicht nach Hause kam.
Mit letzter Kraft schleppte ich mich die Stufen zu unserer Wohnung hinauf, die ich mit meiner besten Freundin und meinem Beta als WG teilte.
Dies war äusserst praktisch, da mein Beta Josh mein Stellvertreter war und so zu meinem Rudel gehörte. Dazu kam, dass wir uns bereits seit Ewigkeiten kannten und somit beste Freunde waren. Meine beste Freundin Jessica konnte er jedoch nicht übertreffen. Sie war wohl eine der wenigen Menschen, die von uns Werwölfen wusste.
Wir waren damals alle im gleichen Schuljahr gewesen und so kam es, dass wir nach unserem Abschluss eine WG gegründet hatten.
Josh arbeitete als Automechaniker, Jessica in einer Drogerie und ich im Wood-Food.
Ich öffnete die Wohnungstür und der Geruch von Pizza wehte mir entgegen. Pizza konnte ich jetzt gut gebrauchen.
Ich fand meine Freunde auf der Couch am Gamen. Die zwei waren süchtig nach Videospielen. Ich hingegen las lieber einen spannenden Roman, als sich gegenseitig in einer nicht realen Welt abzuschlachten. Zu einem richtigen Kampf würde ich nicht nein sagen, doch auf dem Bildschirm war es für mich einfach zu langweilig.
Ich schnappte mir ein Stück Pizza aus dem Karton, der am Boden lag und setzte mich auf den freien Platz zwischen die beiden.
«Wie lief es?», wollte Josh wissen, den Blick starr auf den Bildschirm vor ihm gerichtet. Seine dunkelblonden Haare waren wie immer zerzaust und zeigten in alle Himmelsrichtungen.
«Gut, ich habe sogar den Alpha des neuen Rudels angetroffen», erwiderte ich und biss in meine Pizza. Sie war einfach köstlich. Ich könnte mich mein ganzes Leben lang nur von Pizza und Jessicas Cookies ernähren.
Überrascht drehte Josh sich zu mir um und vergass das Videospiel völlig. «Der Alpha, der das westliche Rudel besiegt haben soll?»
Ich nickte zustimmend. Jessica stiess einen triumphierenden Schrei aus und Josh drehte sich entsetzt zum Bildschirm um. Ich hatte keine Ahnung von Videospielen, doch ich glaubte, Josh hatte gerade verloren.
Ich kicherte amüsiert. Josh gab nur ein verärgertes Schnauben von sich. «Das zählt nicht. Kate hatte mich mit ihren Neuigkeiten abgelenkt.»
Jessica zuckte mit den Schultern und meinte nur: «Dann lass dich halt nicht ablenken.» Jessica war das genaue Gegenteil von mir. Sie war eher klein und hatte naturblondes Haar. Dieses war schulterlang geschnitten und die Spitzen waren pink gefärbt. Sie stach gerne aus der Menge heraus und war für ihre Grösse erstaunlich taff und mutig.
Josh schnappte sich genervt ein weiteres Stück Pizza und nahm einen Bissen. «Und, wie war der Alpha so?», fragte er dann mit vollem Mund.
Ich erstarrte. Vor dieser Frage hatte ich mich die ganze Zeit gefürchtet. Ich konnte ja schlecht sagen, dass er mich so durcheinandergebracht hatte, dass ich mich wie ein junger Welpe aufgeführt hatte und alle Pflichten vergessen hatte.
Ich nahm schnell einen weiteren Bissen, um Zeit zu schinden und überlegte panisch, was ich denn jetzt antworten sollte. Ich entschied mich für das Nötigste.
«Er sah stark aus. Ich traue ihm zu, das westliche Rudel besiegt zu haben. Was leider auch bedeuten würde, dass der neue Alpha nun ein doppelt so grosses Territorium besitzt. Aber ich habe keine Ahnung, ob er uns ebenfalls erobern will.», erklärte ich und hoffte damit alles Wichtige gesagt zu haben.
Josh nickte nachdenklich und Jessica drehte sich nun auch zu mir um. Ich schien sie nun doch neugierig gemacht zu haben. «Hast du ihn gesehen? Und er dich auch, oder nicht?», fragte sie mich und ich erstarrte abermals.
«Ja, ich sah ihn. Doch dann lenkte mich ein Reh ab und er verschwand», entschied ich mich für die Halbwahrheit. Hoffentlich würden sie es mir abkaufen.
Josh schien es zu glauben, da er sich erhob und in die Küche schlurfte. Jessica hingegen schaute mich merkwürdig an. Ihre himmelblauen Augen starrten mich durchdringend an, so als würde sie mir anmerken, dass mehr dahintersteckte. Sie war schon immer sehr einfühlsam gewesen und ich habe manchmal sogar das Gefühl, als könnte sie meine Gedanken lesen.
Deshalb durfte ich mich jetzt nicht seltsam verhalten. So ich schnappte mir das letzte Pizza Stück und folgte Josh ebenfalls in die Küche.
Josh stand an der Spüle gelehnt und ass eine Banane. Mit einem Glas Wasser setzte ich mich an den kleinen Küchentisch und tippte auf meinem Handy herum.
Es dauerte nicht lange, da kam auch Jessica herein und entsorgte den Pizzakarton und setzte sich mit einem Glas Saft ebenfalls an den Küchentisch.
Sie schien mir nun zu glauben und war nicht mehr misstrauisch. Und wenn doch, so zeigte sie es zumindest nicht.
«Wir sollten beim morgigem Rudeltreffen das neue Westliche Rudel ansprechen», durchbrach Josh schliesslich die Stille. Morgen hatten wir ein Rudeltreffen in der Kneipe und hatten ursprünglich uns nur versammeln wollen, um zusammen zu reden. Doch wie es aussah, musste ich morgen das Rudel über das neue Westliche Rudel informieren.
Normalerweise fanden zwei Rudeltreffen pro Woche statt, beide Male versammelten wir uns in Menschengestalt in der Kneipe. Wenn Vollmond war, versammelten wir uns zusätzlich noch am Abend im Wald als Wolf.
«Werde ich machen und ich überlege mir noch, wie ich dem Rudel vom Westlichen Rudel berichten kann, ohne dass Panik ausbricht», stimmte ich Josh zu und widmete mich wieder meinem Handy. Scheinbar hatte es in Greenwood keine Interessantere Ereignisse gegeben als den achtundneunzigsten Geburtstag unseres Dorfältesten. So stand es zumindest in unser Dorfzeitung Greenwood-Talk.
Wenig später, nachdem Josh noch von irgendeinem Lieferwagen erzählt hatte, den er heute erfolgreich repariert hatte und offenbar eine Seltenheit war, ging ich zu Bett.
Ich lag noch lange wach und konnte einfach nicht einschlafen. Immer wieder blitzen meerblaue Augen vor mir auf und ich rätselte über mein seltsames Benehmen heute Abend nach.
Wieso hatte ich mich sicher gefühlt? Wieso war der Geruch mit vertraut vorgekommen? Und wieso wollte ich diesen Wolf unbedingt wiedersehen?
Solange ich auch darüber nachdachte, ich fand keine Antworten. Schliesslich schlief ich doch noch ein und fiel in einen unruhigen Schlaf.
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Danke fürs lesenˆˆ
Was sagt ihr zu ihren Freunden?
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Blaue Augen zum Feind
WerewolfZwei Alphas. Eine Seele. Kate und Ash sind wie Feuer und Wasser. So unterschiedlich und doch bestimmt sich gegenseitig zu ergänzen. Kate lebt als Alpha mit ihrem Rudel in Greenwood, einem abgeschiedenen Dorf. Doch eines Tages zieht ein Rudel dazu un...