Kapitel 22

134 9 0
                                    

Ich hasste den Verlust von Kontrolle. Und gerade das geschah jetzt.

Ich verwandelte mich vor Ashs Augen zurück in meine menschliche Form. Der einzige Trost dabei war, dass es ihm gleich zu gehen schien, denn er krümmte sich ebenfalls zusammen.

Meine Muskeln krampften sich schmerzhaft zusammen und die Haare zogen sich in die Haut zurück. Mein Kiefer bildete sich zurück und meine Sinne wurden dumpf. Ich kam auf allen Knien wieder zur Besinnung und keuchte auf. Vor mir kniete Ash ebenfalls im Laub. Komplett nackt.

Und genauso wie er, war ich ebenso komplett ohne Kleidung. Meinen Wangen erröteten und ich blickte nervös weg. Eigentlich war uns Werwölfen das nacktsein egal und wir empfanden es als nichts Spezielles. Doch mit Ash war es etwas komplett anderes. Es fühlte sich intim und persönlich an.

Er räusperte sich und lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf ihn zurück. Sein Blick war durchdringend auf mein Gesicht gerichtet. Ihm schien es gleich zu gehen.

Eine schwere Stille breitete sich zwischen uns aus, in der wir uns gegenseitig durchdringend in die Augen starrten. Unsere Auseinandersetzung war vergessen.

Nach einiger Zeit rührte Ash sich. Langsam und sanft hob er die Hände und berührte mich an den Schultern. Als ob der Bann gebrochen worden war, erinnerte ich mich wieder an unsere Auseinandersetzung und ich konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten.

Sie strömten unaufhaltbar über meine Wangen. Langsam Ash kam näher und drückte mich tröstend in seine Arme. Ich drückte mein Gesicht gegen seine Brust und genoss seine tröstende Wärme. Er murmelte beruhigende Worte und strich mir sanft über den Rücken.

Ich weiss nicht wie lange wir so dasassen, doch irgendwann versiegten meine Tränen und ich bemerkte, wie ich am kompletten Körper vor Aufruhr zitterte. Er strich mit seinen Fingern sanft über meine Wangen und blickte mir tief in die Augen. «Ich glaube an dich.»

Meine Sicht verschwamm erneut vor Tränen. Jedoch waren es diesmal Freudentränen. Mein Herz machte ein Purzelbaum und ich konnte das Lächeln nicht zurückhalten. Seine Augen strahlten mir entgegen und ich versank in ihren Tiefen.

Mein Gesicht immer noch in seinen Händen, beugte er sich vor und drückte mir einen sanften Kuss auf die Stirn. Er zog nach einigen zu kurzen Sekunden seinen Kopf zurück und brachte sein Gesicht so nah an meines, so dass sich unsere Nasenspitzen berührten und ich seinen warmen Atem auf meinen Wangen spüren konnte.

«Wunderschön» murmelte er kaum hörbar, sein Blick auf mein Gesicht gerichtet.

Ermutigt hob ich meine Hände und legte sie ihm auf die warme Haut seiner Brust. Sein Atem stockte kurz und in seinen Augen blitzte Neugierde auf. Doch ich rührte meine Hände nicht, liess sie einfach auf seiner Brust ruhen.

Weitere Minuten vergingen, als wir uns weiterhin in die Augen schauten. Als ich mich dann schliesslich rühren musste, da mein Fuss einschlief, zog er mich auf seinen Schoss und drückte mich gegen sich. Zuerst war ich starr vor Überraschung, doch seine Wärme und sein vertrauter Duft lockerte meine Muskeln und ich begann mich zu entspannen und lauschte seinen Atemzügen.

Ich versuchte nicht über unsere fehlenden Klamotten zu denken, sondern seine Nähe zu geniessen. Jetzt als ich mich für einmal nicht gegen das Gefühl in meinem Inneren versuchte zu wehren, verstand ich nicht, wie ich es je verabscheuen konnte.

Nichts fühlte sich so vollkommen und bestimmt an, wie in den Armen seines Seelenverwandten zu liegen.

Nach einiger Zeit räusperte sich Ash plötzlich. Fragend hob ich den Kopf. Er jedoch strich besänftigend über meine Haare. «Ich bin dir vermutlich eine Erklärung und Entschuldigung schuldig. Du weisst schon... wieso ich so gemein zu Beginn zu dir war.» Seine Finger spielten mit meinen Haarsträhnen. «Wie du hoffentlich jetzt bemerkt hast, bin ich nicht einfach so ein Mistkerl. Vor allem seit ich von der Matesache weiss, versuche ich es wieder gut zu machen. Was das alles vorher natürlich nicht entschuldigt. Aber naja... ich versuche mich besser zu benehmen. Deiner Reaktionen nach, scheint mir das nicht sonderlich zu gelingen», die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus und ich hörte ihm schweigend zu. Er musste sich einiges von der Seele reden und da wollte ich ihn auf keinen Fall unterbrechen.

Blaue Augen zum FeindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt