Kapitel 7

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Am nächsten morgen wachte Han nicht im Speisesaal auf, sondern in seinem Bett. Er hatte keine Ahnung wie er dort hin gekommen war. Während er sich aufsetzte, gähnte er einmal herzhaft. Gestern war er im Speisesaal gewesen, er war einfach eingeschlafen, das wusste er noch. Alles was danach passiert war hatte er vergessen. War er nochmal aufgewacht? Hatte ihn jemand hier hoch getragen, oder war er geschlafwandelt? Wie war er hier hin gekommen? Mit einem Blick auf das Bett links neben ihm, stellte er fest das Minho noch schlief. Wie ferngesteuert stand er auf, und ging auf das Bett von ihm zu. Angekommen, kniete er sich neben ihn und sah ihn einfach nur an. Er war so hübsch wenn er schlief! Hübscher als er selbst je würde sein können. Jisung hob wie aus Reflex seine Hand, um ihm über die Wange zu streicheln, und stoppte erst einen Zentimeter vor seinem Gesicht. Nein, das konnte er nicht tun. Er würde aufwachen und ihn sehen. Was würde er wohl von ihm denken, so wie er dasaß und ihn verträumt anlächelte? Er zog die Hand zurück, es war überflüssig sich zu verraten, und würde nur Verwirrung stiften. Aber was würde er eigentlich verraten? Dass er... Da hörte er plötzlich Schritte die den Gang hinunterliefen. In Windeseile legte er sich zurück in sein Bett, und versuchte dabei möglichst leise zu sein. Doch er wusste nicht einmal wohin derjenige wollte, aber er vertraute einfach Mal auf sein Bauchgefühl, dass es nicht sein musste, unglücklich dabei erwischt zu werden, wie er an Minhos Bett saß und ihm beim Schlafen zusah. Nein, das musste nun wirklich nicht sein. Und sein Bauchgefühl hatte Recht. Ein paar Sekunden nachdem er ins Bett gehuscht war, drückte auch schon jemand die Klinke herunter. Durch die Tür trat Chan, mit einem großen Tablett in der Hand, welches mit Brötchen und zwei Gläsern mit Milch darin beladen war. Han tat so, als wäre er von dem Geräusch der Türklinke aufgewacht, und gähnte noch einmal, glaubwürdig, wie er hoffte. ,,Ahh, du bist wach! Weißt du eigentlich wie...." fing Chan an zu sprechen, doch er verstummte, als Han den Finger auf die Lippen legte, und ihm bedeutete leise zu sein. Der Zimmerbesucher setzte eine fragende Mine auf, und er deutete auf Minho, er schlief noch. Chan formte ein lautloses ,,Ahh, okay" mit seinen Lippen, und stellte das Tablett geräuschlos vor ihm aufs Bett. Danach zeigte er auf sich, und dann auf die Tür, und verschwand wieder. Mit einem leisen Klicken schloss sich die Tür. Erleichtert atmete er auf. Nochmal Glück gehabt. Aber war es wirklich schon so spät, dass sie das Frühstück verpasst hatten? Leise stand er auf, und ging zurück zu Minho, an dessen Arm immer noch  die Uhr hing. 12:17 Uhr?! So lange hatte er geschlafen? Was war gestern nur passiert, sonst wachte er immer spätestens um 8 bis 10 Uhr auf, aber 12 Uhr? Es war ja schon Mittag! Als er wieder im Bett lag, machte er sich über eines der Brötchen her. Lecker. Als er schon halb mit dem zweiten fertig war, und sein Glas ausgetrunken hatte, wachte Minho auf. Seine Lider flatterten als er die Augen öffnete, und sich schlaftrunken umsah. Süß sah er dabei schon aus, das musste man ihm lassen, und Jisung verspürte unwillkürlich den Drang, zu lächeln, widerstand ihm aber. Als Minho sich aufsetzte, war das erste was er sagte: ,,Du siehst aus wie ein Eichhörnchen wenn du isst. Stopfst dir immer die Backen voll. Wieviel Uhr ist es?" Ein Eichhörnchen? War das jetzt nett gemeint, oder wie durfte er das nun verstehen. Eichhörnchen waren ja eigentlich süß, aber er hatte ihn als ein Tier bezeichnet, was wiederum das Gegenteil von dem war, wenn man jemanden süß nannte also... Weiter kam er mit seinem Gedankensturm nicht, denn Minho fuhr sich durch die Haare, was sie nur noch verstrubbelter wirken ließ. Sofort war er nicht mehr in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen, er konnte ihn nur anstarren, wandte dann aber doch schnell den Blick ab, als er wieder den Blick hob. ,,Und? Wieviel Uhr ist es" fragte er stattdessen. ,,Etwa halb eins, schon Mittag. Solange habe ich noch nie geschlafen" kam es als Antwort. Han nickte zustimmend, auch wenn sein Gegenüber das gar nicht zu bemerken schien. Er schien dennoch bemerkt zu haben, das auf seinem Bett ein Tablett mit Essen stand, und kam sogleich zu ihm herüber. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Minho hatte noch nie auf seinem Bett gesessen. Er ließ sich neben seinen Füßen nieder, und berührte sie dabei leicht, denn er lag nicht mehr unter der Decke. Sofort stieg ihm die Röte ins Gesicht, und er bemerkte auch wie sein Zimmergenosse einmal kurz die Fassung verlor, und ein kleines Lächeln über sein Gesicht huschte. Aber das konnte doch nicht sein oder? Nein, er musste sich getäuscht haben. Er musste. Nun nahm sich Minho auch ein Brötchen, und biss hinein. Anscheinend war auch er fast am verhungern, so wie Jisung selbst noch vor ein paar Minuten. Dieser trank seine Milch aus, und sah Minho beim Essen zu. Er vertilgte ein Brötchen, und gleich noch eines. Während er selbst noch immer an seinem Zweiten saß, hatte Minho schon das dritte in der Hand. ,,Du frisst ja richtig. Hast gestern nicht so viel gegessen, hm? Aber wieso eigentlich nicht. Auf einen Schlag kehrten die Erinnerungen an den letzten Abend zurück. Wie er auf Minhos Schulter eingeschlafen war, und wie Minho ihn doch tatsächlich näher zu ihm herangezogen hatte. Da er diesem immer noch beim Essen zusah, blickte er schnell in eine andere Richtung, und tat so, als ob ,,Harry Potter und der Halbblutprinz" aus seinem Bücherregal plötzlich sehr interessant geworden war. Das konnte doch nicht wirklich wahr sein oder, sagte der eine Teil von ihm, der andere sehnte sich geradezu danach, dass es eben dies war. ,,Erinnerst du dich noch an gestern Abend" fragte Minho, als hätte er seine Gedanken gelesen, aber es war auch offensichtlich, da Han schon wieder so rot war wie eine Tomate. ,,Du hattest es ja sehr gemütlich auf meiner Schulter, nicht wahr? Komisch, dass du sogar angefangen hast zu lächeln, als ich dich näher gezogen habe." Hatte er das wirklich getan? Er hatte gelächelt? Oh nein, das war es doch gewesen was er zu verhindern versucht hatte, zu lächeln, in einer Situation wie dieser. Er versuchte das ganze abzumildern: ,,Ich habe nicht gelächelt! Sag sowas nicht... Oder habe ich es doch gemacht und nicht bemerkt... Wieso sollte ich das aber machen... Bitte wenn es nur ein Spaß ist, dann lass es okay?" ,,Du hast es getan, und es war kein Spaß, okay. Aber die Frage stellt sich mir immer noch, wieso? Wir sind ja bloß Zimmergenossen, kein Liebespaar." ,,Ich wüsste auch nicht wieso, deswegen werde ich auch erst die anderen fragen, bevor ich dir antworte", konterte Jisung, stieg aus dem Bett, zog sich Socken und Schuhe an, öffnete die Tür und begab sich aus dem Zimmer, um die anderen zu suchen. Er hatte nicht gelächelt. Er konnte nicht. Er durfte es nicht getan haben.

Academy of Shadows (Minsung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt