Kapitel 32

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Am nächsten morgen erwachte Han gleich beim ersten Weckerpiepen. Erst seit etwa drei Stunden schlief er, und das auch nur einen leichten Schlaf. Die Erinnerungen des gestrigen Abends prasselten auf ihn ein wie zentimetergroße Hagelkörner. Wie vom Blitz getroffen machte er die Augen auf. Er lag immer noch in Minhos Armen, lag auf dessen Bett, genauso, wie er gestern eingeschlafen war. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn. Was, wenn einer der anderen reingekommen war? Aber nein, dass war weit hergeholt. Gestern Abend war es wirklich spät gewesen, und seinen Wecker stellte Jisung immer auf sechs Uhr. Wahrscheinlich war keiner der anderen überhaupt schon wach. Und... Warum geriet er eigentlich so in Panik? War es denn so schlimm, wenn die anderen erfahren würden, dass er und Minho zusammen waren? Nein. So schlimm nun auch wieder nicht. Was war denn nur los mit ihm? Naja, Gedanken beiseite. Schlief Minho eigentlich noch? Langsam drehte er den Kopf herum. Er blickte in die kakaobraunen Augen seines Zimmernachbars, der, wie es schien, schon lange auf war. ,,Hey", sagte er sanft und hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn. ,,Hey", antwortete Han und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. ,,Wir sollten anfangen uns fertig zu machen", meinte Minho. Damit hatte er absolut recht. Also stand er auf, sodass sein Zimmernachbar seinen Arm wieder bewegen konnte. ,,Ich spüre meine Finger nicht mehr", stellte dieser dann einige Sekunden später fest. Jetzt machte Han sich Sorgen: ,,Was?! Warum?! Ist was passiert? Sag mir nicht, dass ich das war!" Sichtlich belustigt von der Reaktion seines Freundes gluckste Minho. ,,Alles gut. Sie sind nur eingeschlafen." Ein Seufzer entfuhr ihm. ,,Warum regst du dich denn so auf? So viele Sorgen musst du dir nun auch nicht machen." ,,Du hast Recht... Ich habe nur... heute nicht so gut geschlafen. Sorry." Nachsichtig lächelte Minho. ,,Ist schon gut, und war auch nicht böse gemeint. Warum entschuldigst du dich überhaupt dafür? Ist ja nicht deine Schuld. Schließlich bin ich gestern als erster eingeschlafen, und da war es ja schon spät." da stutzte Han: ,,Du erinnerst dich noch an den Abend? Du warst doch schon fast am schlafen da hab ich dich ins Bett gebracht." ,,Ich...", setzte Minho an, ,,habe ein ausgezeichnetes Gedächtnis. Kommt wahrscheinlich von meiner Kraft, die hat ja auch so mit Erinnerungen zu tun weißt du?" ,,Achso, verstehe.. aber nun komm, wir müssen uns fertig machen. Sonst kommen wir noch zu spät." Der andere stutzte. ,,Zu spät? Zu was denn?" ,,Ähhh... Schule natürlich? Was denkst du denn?" Ein verwirrtes Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht. Nach einem kurzen Schweigen antwortete Minho ihm: ,,Ich denke, dass du ziemlich gestresst bist. Jisung, es ist Sonntag. Wir müssen nicht zum Unterricht." Das war ihm jetzt aber unangenehm. Aber so richtig. ,,Hast du gestern wirklich einen Wecker gestellt auf 6:30 Uhr? Du bist aber verpeilt", stellte Jisungs Zimmergenosse fest. Und dem stieg schon wieder die Röte ins Gesicht. ,,Äh, ja also, ehem, leg dich.. einfach wieder schlafen und tu so als wäre nichts gewesen. Du bist doch sicher müde nicht? Schlaf einfach noch ein bisschen weiter... Ich... bin weg tschüss!" Doch Minho fasste ihn am Arm. Bevor er sich losreißen konnte, sagte Minho verschwörerisch: ,,Die anderen sind sicher noch nicht wach. Vielleicht könnten wir..." Er grinste schelmisch. ,,Doch nicht hier drin! Was wenn die anderen aufwachen und bei uns reinsehen? Das wäre das Desaster des Jahrhunderts", erwiderte er. ,,Dann... Vielleicht... Draußen! In der Sitzecke", schlug der andere vor. ,,Dort wären wir auf jeden Fall ungestört." Han war hin und her gerissen. Denn es konnte natürlich sein das die anderen dann nach draußen kämen, aber trotzdem war es eher unwahrscheinlich. Schließlich gab er nach: ,,Na gut. Aber dann müssen wir leise sein wenn wir durch den Flur gehen, sonst werden die anderen noch davon wach." ,,Du bist aber wirklich übervorsichtig... Aber gut, ist auch besser, soll ja geheim bleiben. Dann los." Und so machten sie sich auf dem Weg. Sie trafen niemanden im Haus an wie erwartet, und wenig später saßen sie zusammen draußen auf der Sitzecke. Für einige Minuten unterhielten sie sich nur wie normale Freunde es eben tun, doch natürlich bemerkte Jisung, dass Minho währenddessen immer näher kam. ,,Ja, fand ich au- Sag mal was machst du da?" ,,Da sein, was sonst?" ,,Näher kommen, das tust du. Und jetzt rück ein bisschen ab, ich-" Weiter kam er nicht, denn nun gab ihm Minho einen dicken Kuss mitten auf den Mund. ,,Ach komm schon, wieso denn?", erkundigte dieser sich dann trotzig. ,,Weil ich gerne wieder atmen würde. Nun mach schon sonst ersticke ich hier gleich." Widerstrebend und sichtlich beleidigt entfernte sich der andere wieder ein Stück. Das tat Han dann aber doch ein bisschen Leid. Er wusste, es war unlogisch, aber nun kuschelte er sich an denjenigen ran, den er gerade noch zurechtgewiesen hatte sie von ihm weg zu setzten. ,,Sorry, das war gemein." ,,Schon ok." Sie lächelten in sich hinein. Für weitere Minuten lagen sie nur schweigend da. Doch nach einiger Zeit fragte Minho: ,,Was sollen wir machen? Irgendwie ist es langweilig." ,,Ja, irgendwie schon." Da hatte er eine Idee, oder eine Frage um genau zu sein. ,,Was war denn eigentlich bevor ich herkam hier im Internat so los? Wollte ich schon lange mal fragen, aber es schien mir nie der richtige Moment."  Daraufhin brauchte der andere eine Minute Bedenkzeit. ,,Bevor du da warst war es... Auch toll. Wir haben immer genau hier wo wir gerade sind gesessen und haben irgendeinen Scheiß gemacht. Meist spielten wir Tischtennis oder WWOP... das kennst du ja schon" Er gluckste. ,,Aber irgendwie... war ich immer abwesend. Als wäre ich da, aber dann doch wieder nicht. Als wäre ich glücklich, aber würde es nicht richtig spüren. Mit der Zeit habe ich mich immer weiter von den anderen entfernt, habe mehr gemalt und gezeichnet wenn wir zusammen waren und habe mich auch mehr auf mein Zimmer zurückgezogen. Aber das hat sich geändert als du ankamst. Als du zu uns auf die Terrasse kamst und dich zu mir gesetzt hast. Wie du meiner Hand so fasziniert zugeguckt hast." Bei der Erinnerung musste er kichern. ,,Da wusste ich du warst etwas besonderes. Danke, dass du in meinem Leben bist Han Jisung." Dieser war zu Tränen gerührt. Das hatte er nicht gewusst. Seine Augen schimmerten verdächtig, und auch Minho schien langsam die Schwere seiner Worte zu begreifen. Doch er nahm sie nicht zurück. Er sagte nicht: ,,Das war doch nur Spaß.", ,,war nicht so gemeint." oder ,,egal". Er ließ es so. Niemals hatte sich Jisung so geliebt gefühlt wie in diesem Moment. ,,Danke, dass du existierst, Lee Minho."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 21 ⏰

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