Academy of Shadows (Minsung)

Kapitel 20

Minho und Han, der seine Gitearre in der Hand hielt, liefen hinunter in den Garten. Er würde vor den anderen spielen, ein Rückzieher war mit Minho an seiner Seite ausgeschlossen. Er fühlte sich stärker wenn er dabei war. Was an ihm ihm das vermittelte, war jedoch unklar. Während sie über den Parkplatz liefen, durchbrach Minho die Stille: ,,Was willst du denn vor den anderen spielen. Du hast mir gerade so viele tolle Stücke gezeigt, da könnte ich mich nicht entschieden." Er überlegte kurz. Dann erwiderte er aber: ,,Ich... weiß noch nicht recht. Ich warte einfach bis ich dort sitze, und spiele das, was mir als erstes in den Sinn kommt. Kein guter Plan, aber ich möchte nicht alle Möglichkeiten durchwälzen, denn dann bekomme ich Muffensausen und mache es am Ende doch nicht. Besser ist also, einfach nicht darüber nachzudenken." Diese Antwort tat Minho mit einem Kopfnicken ab. Je näher sie der Veranda kamen, auf der die anderen wie fast jeden Tag Tennis spielten, desto mehr Zweifel taten sich in ihm auf. Was, wenn er sich komplett verspielte? Würden sie dann noch seine Freunde sein wollen? Jisungs Finger gruben sich so tief in seine Handballen, dass es schmerzte. Da spürte er plötzlich eine Hand auf der seinen. Irritiert sah er hoch. Es war Minho. Er hielt seine Hand! Vom einen auf den anderen Moment war seine Angst wie weggeblasen. Selbstwenn die anderen dann nicht mehr seine Freunde sein würden, er hatte Minho. Der wusste wie toll er spielen konnte. Er war ein Freund und er würde es auch bleiben. Seine Körperhaltung entspannte sich ein wenig, und sie liefen Hand in Hand hinüber zu den anderen. Als diese sie bemerkten, zog Minho seine Hand weg. Das konnte er verstehen, denn für sie war er der kaltblütige und emotionslose Minho. Es wäre komisch ihn händchenhaltend zu sehen. ,,Hallo ihr beiden", rief Hannah und trat zu ihnen. Hinter ihr standen Chan, Felix, Yeji und auch Seungmin war heute gekommen. ,,Du spielst Gitarre", fragte sie an Han gewandt, während sie sie die letzten Meter weiterbegleitete. Er nickte. ,,Ich wollte euch etwas vorspielen, wenn das in Ordnung ist...", fragte er zögerlich, vielleicht wollten sie es ja auch gar nicht. Chan, der mittlerweile rechts neben ihm stand, nahm ihm diesen Gedanken: ,,Oh, ja! Leute kommt her! Jisung will und was vorspielen!" Die anderen taten wie geheißen, und kamen von der Tischtennisplatte zu ihnen herüber zur Sitzecke. Sobald sie alle saßen blickte er in die Runde. In den ihren Gesichtern waren Neugierde und Vorfreude zu erkennen. ,,Also, ich bin nicht so gut, wenn ich..", weiter kam er nicht, denn Minho unterbrach ihn: ,,Quatsch, du bist fantastisch! Und jetzt fang endlich an zu spielen!" Er fügte sich seinem Schicksal, und spielte aus einer Eingebung heraus die ersten Akkorde eines bekannten Musikstückes. Den Blick starr auf seine Finger gerichtet, konzentrierte er sich auf Minho, der neben ihm saß. Er zitterte leicht, verspielte sich aber kein einziges Mal. So viel Glück an einem tag war doch bestimmt nichts Gutes oder? In ungefähr der Mitte des Songs, spürte er eine Hand auf seinem Oberschenkel. Es war die von Minho, dafür brauchte er keine Bestätigung. Wie davor auch schon fiel die Anspannung von ihm ab, und er entspannte sich. Sobald das Lied vorüber war, verschwand die Hand wieder, doch die Stelle wo sie gelegen hatte, war ganz warm. Jisung blickte wieder auf, darauf wartend, mit abstoßenden Blicken empfangen zu werden, doch das geschah nicht. Wieso er es gedacht hatte, wusste er allerdings auch nicht, er hatte sich ja nicht verspielt. Stattdessen saßen die anderen mit offenen Mündern da, nicht in der Lage etwas zu sagen.  War das nun etwas Gutes oder eher etwas Schlechtes? nach einer Weile fand Felix als erster die Sprache wieder: ,,Wow, also, WOW! Warum sagst du denn nicht das du so gut spielen kannst? Das ist ja spektakulär!" Eine Woge der Erleichterung überkam ihn. Die anderen mochten ihn noch, und Felix war ja sogar richtig begeistert. Nach und nach verließ auch die anderen die Sprachlosigkeit, und sie bombardierten ihn geradezu mit Komplimenten und Fragen. Hannah sagte zum Beispiel: ,,Du wirst irgendwann mal ein richtig Guter Musiker, auch wenn du das jetzt schon bist!" und hängte noch eine Frage hinten an: ,,Wie lange spielst du eigentlich schon?" ,,Seit ich sieben Jahre alt bin. Ich habe die Gitarre zum Geburtstag bekommen", lautete seine Antwort. Die Frage, ob er noch etwas spielen könnte, bejahte er, und es ging noch den Rest des Tages so weiter. Sie waren ganz begeistert von seinem musikalischem Talent, sodass sie fast das Abendessen verpasst hätten. Als sie zum ersten Mal auf die Uhr schauten, war es bereits fünf Minuten vor sechs, um voll würde das Essen losgehen. Also rafften sie sich zusammen und liefen in den Speisesaal, wo bereits ein voll bedeckter Tisch stand. Hungrig wie sie waren stürzten sie sich geradezu auf das Essen. Jisung setzte sich wie jeden Tag neben Minho und Felix. Zu seiner Überraschung beteiligte Minho sich auch Mal an dem Gespräch, er lachte sogar über einen seiner Witze. In dem Moment in dem er das tat, sah er ihn an und unwillkürlich lächelte er. Dieser Junge. Er war einfach nur wunderbar, man konnte gar nicht anders als in ihn verliebt sein. Als er jedoch merkte wie lange sie einander bereits anstarrten, wandte er schnell den Blick ab und spürte schon die Röte in seine Wangen hinaufkriechen. Doch er befahl ihr, sich von seinem Gesicht fernzuhalten, und zu seiner Verwunderung klappte es. Er wurde nicht rot. Das war doch mal ein Fortschritt, oder nicht? Als das essen sich dem Ende neigte, fragte Chan ihn, ob er morgen, am Sonntag noch einmal spielen könne. Er bejahte bereitwillig. Die anderen stießen ihn nicht ab, nur weil er sich verspielte, denn das war heute schon öfter vorgekommen. Minho gähnte. Kein Wunder, es war bereits spät am Abend, sie hatten noch sehr lange am Tisch gesessen und geredet, selbst als das Essen schon abgeräumt war. Han erinnerte sich, dass es ein Brettspiel mitgenommen hatte, und dieses Spiel spielten sie nun schon seit eineinhalb Stunden. Auch die anderen waren müde, und sie sagten sich, sie würden das Spiel morgen weiterspielen. Schläfrig trotteten sie auf ihre Zimmer, und alle putzten sich die Zähne, zogen sich um und fielen anschließend in einen tiefen, tiefen Schlaf. Als er schon im Halbschlaf war, murmelte er noch einmal ,,Danke" zu Minho, denn ohne ihn hätte er das mit dem Vorspielen heute sicherlich nicht geschafft. Doch wahrscheinlich hörte er es eh nicht mehr.