Academy of Shadows (Minsung)

Kapitel 8

Jisung fand die anderen draußen bei der Tischtennisplatte. Yeji saß auf der Bank daneben, und las ein Buch. Chan und Felix spielten Tennis und Hannah sah ihnen dabei zu. Nur Seungmin war nirgendwo zu entdecken. Hannah bemerkte ihn als erstes, und kam auf ihn zu. ,,Guten morgen, Schlafmütze! Ist Minho auch endlich Mal wach? Was habt ihr gestern überhaupt den ganzen Tag getrieben, dass ihr so erschöpft wart", sagte sie zur Begrüßung. Er antwortete ihr auch gleich: ,,Minho ist bereits wach. Und erinnerst du dich noch an unser Gespräch, vorgestern beim Essen? Wir wollten uns hier draußen treffen, zum Malen. Hat länger gedauert als ich gedacht hätte." Sie gesellten sich zu den anderen auf der Veranda, und Han bemerkte, dass auf einem kleinen Tisch auch Donuts standen, mit Schokoglasur und Streuseln. Sie sahen sehr verlockend aus, auch wenn er gerade erst etwas gegessen hatte. Yeji hatte anscheinend mitbekommen, dass er sie so anstarrte, und meinte: ,,Du kannst dir ruhig einen nehmen, die Köchin hat sie extra gebacken damit wir etwas Süßes haben. Für die Gehirnzellen, hat sie glaube ich gesagt. Komm, setz dich." Er tat wie geheißen. Nun saß er auf der Bank, mit einem Donut in der Hand, der der Beste war, den er je gegessen hatte. Sogar besser als der seiner Mutter, und die arbeitete in einer Bäckerei. Da erinnerte er sich wieder an die Frage die er ihnen stellen wollte: ,,Ihr wisst doch bestimmt noch, was gestern Abend passiert ist, oder? Habe ich als ich eingeschlafen bin irgendwann angefangen zu lächeln? Weil Minho hat das gesagt, aber ich glaube es ihm nicht." ,,Gelächelt? Nein du hast nicht gelächelt, nicht ein kleines bisschen. Warum solltest du auch! Und noch wichtiger: Wieso hat er dir das erzählt", ging Hannah auf seine Frage ein. ,,Wir müssen dir aber noch etwas sagen", fuhr sie fort, ,,Vielleicht hast du es aber auch gemerkt, keine Ahnung. Minho hat dich gestern von Speisesaal aus, bis in euer Zimmer getragen. Er hat dich ins Bett gelegt, und zugedeckt. Natürlich sind wir mitgekommen, aber er wollte uns nicht ins Zimmer lassen. Er hat irgendetwas, von wegen in Ruhe lassen, und Privatsphäre gesagt, ist aber selbst drinnen geblieben, und hat die Tür zugemacht." Es schien als sei sie fertig mit Reden, doch sie holte nur einmal Luft, denn sie hatte das gerade in Rekordzeit heruntergeleiert. Weiter ging es also: ,,Das Wichtigste ist aber, wie er dich getragen hat. Er hat dich nicht irgendwie Huckepack genommen, oder so, nein! Er hat dich getragen wie der Bräutigam die Braut, vor seinem Körper. Soweit wir wissen hast du einfach weitergeschlafen. Es muss wohl ziemlich gemütlich gewesen sein, in seinen Armen, denn du hast dich geradezu eingenistet. Hast dich an ihn gekuschelt, wie ein Kleinkind an seine Mutter wenn es einen Albtraum hatte. Du hattest doch keinen, oder?" Ein Nicken von Han als Antwort. ,,Naja, jedenfalls gab es noch etwas was mich irgendwie... Gestört hat. Minho hat gelächelt. Er hat gelächelt! Und zwar sein richtiges Lächeln, nicht sein Fake-Lächeln wie er es sonst immer aufsetzt. Er hat wahrhaftig gelächelt. Das habe ich zuletzt vor einem oder zwei Monaten gesehen, und da hatte er Geburtstag." Fassungslos sah Hannah in die Runde. Auch für Jisung war es zu viel, und wenn er es nicht längst schon täte, müsste er sich spätestens jetzt setzten. Vor ein paar Sekunden noch, hatte er sich ein Stück Donut in den Mund schieben wollen, doch seine Hand war in der Luft stehen geblieben, ab dem Teil, in dem sie erzählt hatte, das Minho ihn getragen hatte. Ihn. Getragen. ,,Wie der Bräutigam die Braut", wie Hannah es formuliert hatte. Noch dazu hatte er gelächelt. Gelächelt. Er seufzte. Zu mehr war er in diesem Moment nicht im Stande. Auch Chan und Felix hatten mittlerweile aufgehört zu spielen, und sahen jetzt mindestens genauso fassungslos aus wie Hannah. Sie wollten das alles also auch nicht glauben, so wie Han selbst. Felix meldete sich als erster wieder zu Wort: ,,Und Minho hat wirklich gelächelt? Also, so fröhlich oder so, und nicht so wie sonst immer? Krass, das ist mir ja noch nie untergekommen. Glaubt ihr, er mag Jisung?" Bei dieser Frage gefror dem Genannten das Blut in den Adern. Er sollte ihn mögen? Ihn mögen? Unmöglich, einfach unmöglich, das konnte nicht sein. Und doch hob nach und nach jeder der Anwesenden die Hand. Nur seine eigene Hand blieb natürlich unten. ,,Du, Jisung", wandte Chan sich an ihn, sobald jeder seine Hand wieder runtergenommen hatte. ,,Magst du Minho eigentlich?" Ja, das wüsste er auch gern. Er hatte keine Ahnung von Liebe und diesem ganzen Zeug, deshalb wusste er nicht wirklich wie es sich anfühlte, verliebt zu sein. Seine 1-Woche-verliebt-sein mit der Parallelklässlerin war wirklich nichts Ernstes gewesen, er kannte ja nicht einmal mehr ihren Namen. Seine Antwort folgte erst nach ein paar Momenten des Überlegens, in denen man die Ungeduld der anderen geradezu spüren konnte: ,,Ich... Weiß es um ehrlich zu sein nicht. Also klar, ich mag ihn, wir sind schließlich Zimmergenossen, aber nicht so, in dem Sinne. Was ich aber noch dazu sagen muss: Ich weiß nicht wie es sich anfühlt verliebt zu sein. Könnt ihr ja Mal versuchen zu beschreiben. Vielleicht bin ich es, das halte ich aber für unwahrscheinlich, vielleicht aber auch nicht. Das halte ich für wahrscheinlicher." Da die anderen auch nicht viel Erfahrung damit hatten, verliebt zu sein, schauten nachher eigentlich alle ratlos drein. Yeji hatte sich aber noch nicht an der Unterhaltung beteiligt, sie saß bloß da, und las ihr Buch. Erst als Chan sie ansprach, ziemlich laut tatsächlich, zuckte sie erschrocken zusammen. ,,Was ist passiert? Hab ich was verpasst", fragte sie. Sie hatte wohl wirklich nichts mitbekommen. Aber dieses Gefühl kannte Han nur zu gut. Wenn ein Buch wirklich gut war, dann bekam man irgendwann überhaupt nichts mehr von der Außenwelt mit, man war in seinem eigenen Universum. Oder in dem des Buches, wie man es nimmt. ,,Warst du schon Mal verliebt?" Das war das erste Mal gewesen, dass jemand sie mit einem klaren Ja beantworten konnte. ,,Das war ich tatsächlich, schon öfter sogar" , kam es als Antwort von ihr. Felix stellte ihr sofort die nächste Frage: ,,Wie fühlt sich das an? Also das Verliebtsein?" ,,Das ist ziemlich leicht zu erklären", befand Yeji und setzte zur Erklärung an, ,,Also, erst einmal, kriegt man bei gefühlt jeder Berührung Schmetterlinge im Bauch. Es breitet sich ein warmes Gefühl aus, und in Ernstfällen wird man richtig rot im Gesicht. Zum zweiten muss man, wenn man an denjenigen denkt, immer lächeln. Wenn man sich zum Beispiel an einen Moment erinnert, in dem es für einen selber nur euch beide gab. Zuletzt starrt man den anderen die ganze Zeit an. Man lächelt meist dabei, aber wenn man selbst ein Psychopath ist, dann hat man so eine steinerne Miene aufgesetzt. Das macht man aber nur solange, bis ein anderer oder sogar derjenige selbst es bemerkt, oder bemerken könnte." Sie wusste aber viel darüber. Aber das Schlimmste, und zugleich Verstörendste an dem Ganzen war, das das alles, die gesamte Schilderung, genau auf Jisung mit Minho zutraf. Shit.