Kapitel 7

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Abends konnte ich wieder nicht einschlafen. Mit einer Art Aufregung stand ich auf und ging in Schlafshorts und T-Shirt hinaus.
Wie erwartet saß Draco unter den Bäumen und guckte auf die gekräuselte Oberfläche des Sees.
Vorsichtig setzte ich mich neben ihn.
Noch bevor ich ganz saß, fragte ich mich, wieso zur Hölle ich das gerade tat.
"Wieso ist es nur so heiß?", fragte ich irgendwann.
Er lächelte. "Ich weiß nicht."
Ich betrachtete sein Lächeln. Er hatte wunderschöne Lachfältchen um die Augen und sah viel entspannter aus. Er sollte öfter lachen.
"Wieso?", kam aus meinem Mund, ohne dass ich es wollte.
"Was?" Er warf mir einen verständnislosen Blick zu.
"Wieso bist du nett zu mir?", erklärte ich.
Oh Gott, hatte ich das gerade ernsthaft gefragt? Wie peinlich.
Er zögerte - es war das erste Mal, dass ich ihn zögern sah. Dann zuckte er mit den Schultern. "Wieso bist du nett zu mir?"
Unbewusst entschied ich, dass ich mit ihm reden konnte.
"Es ist so ... Harry und Ron streiten sich ununterbrochen. Weißt du, wie nervig das ist?" Was für eine dumme Frage. "Ähm - egal. Auf jeden Fall haben sie mir mehr oder weniger verklickert, dass ich auf sie angewiesen bin."
Sein Gesicht verschloss sich. "Also bin ich ein Mittel zum Zweck."
"Hä?", sagte ich äußerst intelligent.
"Ist doch ganz klar ... du willst ihnen beweisen, dass du noch andere Freunde hast. Schon klar."
"Was - nein!" Wieso dachte er so was? Obwohl ... würde ich so mit ihm sprechen, wenn die Jungs ...
Ich verbot mir, daran zu denken.
Aber wieso eigentlich?
Weil er nett war, erklärte ich mir selbst. Draco Malfoy war nett.
"Nicht?" Wieso klang seine Stimme so komisch? Sie hatte einen merkwürdigen Unterton.
"Nein! Ganz und gar nicht. Es ist hier doch eigentlich ganz nett?", brachte ich heraus. Zum Glück war es so dunkel, dass er nicht sah, wie rot ich wurde.
Er sagte lange Zeit nichts.
Die Luft war schwül, aber es wehte ein kalter Wind. Eine Gänsehaut überzog meine Haut und ich rubbelte meine Arme.
Plötzlich legte sich etwas über meinen Rücken - ein Pulli. Er roch nach ...
Ich lächelte Draco an. "Danke."
"Ich muss zurück. Kannst ihn ruhig behalten." Draco stand auf. Ich ebenfalls.
"Draco?" Meine Stimme klang piepsig.
"Ja?"
"Ich ... es war wirklich ... nett ... schön mit dir."
Er warf mir einen Blick zu, der mich schaudern ließ. Es schien, als würde er durch meine Augen direkt in meine Seele sehen. "Fand ich auch. Gute Nacht." Vorsichtig hob er die Hand und ließ sie in Richtung meines Gesichtes wandern, doch dann überlegte er es sich anders und strich mir über den Arm.
"Gute Nacht", hauchte ich, während noch immer ein Prickeln über die Stelle lief, die er angefasst hatte.
Keiner von uns beiden bewegte sich. Wir guckten uns nur in die Augen. Ich bemerkte, dass in seinen eisblauen Augen ein paar Sprenkel waren.
Was tat ich da? Dies war Draco Malfoy, quasi Mister Schleimbolzen. Was hatte sich verändert? Wie ... ?
Langsam bewegte sich sein Gesicht auf mich zu.
Wollte er mich etwa küssen?
Wollte ich ihn küssen?
Die erschreckende Antwort lautete: Ja.
Trotzdem zuckte ich zurück, verhaspelte mich beinahe beim: "Ich geh dann schlafen" und lief zurück zum Schloss.
Oh Gott. Beinahe hätte ich einen Todesser geküsst. Oh mein Gott. Wieso?!
Als ich mich umdrehte, sah ich, wie er wütend einen Stein ins Wasser kickte.

DramoineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt