Es dauerte lange, bis ich mich wieder nach draußen traute.
Mit verquollenem Gesicht huschte ich durch die Gänge und schlich mich in mein Bett.
Am nächsten Morgen sah ich schrecklich aus. Mein Gesicht war rot und aufgedunsen, meine Augen rot.
Ich sagte, mir sei total schlecht und ging in den Krankenflügel - mir war nicht danach zumute, irgendjemanden zu sehen.
"Du siehst ja schlimm aus. Komm, leg dich ins Bett.", schrie Mme Pomfrey sofort, als sie mich sah.
Ich nickte dankbar. "Ich ... ich möchte nicht ... dass jemand mich so sieht."
"Natürlich, natürlich. Leg dich hin."
Ich lag also den ganzen Tag hinter hervorgezogenen Vorhängen im Bett und suhlte mich in Selbstmitleid.
Gegen ein Uhr nachmittags hörte ich, wie jemand den Krankenflügel betrat.
"Ist Hermine da?" Es war Malfoy. Er war der Letzte, den ich jetzt da haben wollte.
"Ja", antwortete Mme Pomfrey spitz, "aber sie braucht Ruhe."
"Kann ich zu ihr?"
"Verstehst du mich nicht? Sie hat gebeten, niemanden zu sehen. Komm wann anders wieder."
Ich hätte sie küssen können.
"Können Sie ausrichten, dass ich da war?"
"Gerne."
Abends musste ich wohl oder übel den Krankenflügel verlassen - schließlich war ich nicht wirklich krank.
Ich sah wieder hinreichend gut aus, um den Weg durch den Gemeinschaftsraum anzutreten.
Harry und Ron saßen in den Sesseln und spielten Snape Explodiert.
Sobald ich hineinkam, drehte sich Harry um und starrte mich an.
Ich versuchte, den Kopf hochzuhalten und an ihnen vorbei zu spazieren, doch es war schwer - zu viel Verachtung lag in den Blicken der beiden.
"Setz dich dazu.", wies Ron mich an.
Wie bitte? Seit wann musste ich auf ihn hören? So ein Arsch. "Vergiss es."
"Aber Dra-" er war wenigstens so aufmerksam und senkte die Stimme, "Draco Malfoy darf dich herum kommandieren?"
Irgendwie musste ich meinen Stolz bewahren. "Ich wüsste nicht, was dich das angeht."
"Das tut es! Hermine, er ist der Feind! Ein Malfoy." Es klang wie eine ansteckende Krankheit.
Ich schluckte. Wie war ich nur in dieses Schlamassel hineingeraten?
Bissig schwieg ich - es gab nichts zu sagen.
"Geh einfach weg.", meinte Ron schließlich enttäuscht, was mich ärgerte - er hatte weder das Recht auf das letzte Wort oder mir Anweisungen zu machen, noch durfte er enttäuscht sein.
Provozierend setzte ich mich auf den Stuhl neben ihnen, drehte den beiden den Rücken zu und fing an, mit Katie Bell zu quatschen.
Wieso war Dra ... Malfoy so ein Widerling? Er war so herzerwärmen toll zu mir, doch dann ...
"Hermine?" Ich wollte mich schon genervt umdrehen, da erkannte ich, dass es Neville war, der mich angesprochen hatte.
"Was ist denn?"
"Da draußen ... will jemand ... mit dir reden." Er sah verängstigt aus. Was hatte Draco zu ihm gesagt? In mir kam Wut hoch. Wehe, er hätte Neville gedroht. Wehe dir, Draco.
"Danke.", meinte ich kurz und stapfte durch das Gemälde der fetten Dame. Ein sarkastischen Pfiff von Harry begleitete mich.
Wie erwartet stand Draco da und sah mich fragend an.
"Was machst du hier?", fragte ich pampig, über das Gefühl, das er in mit auslöste, ärgerlich.
"Ich wollte wissen, wie es dir geht.", fing er verunsichert an. "Du warst auf der Krankensta-"
Ich unterbrach ihn forsch. "Alles bestens. Mit geht es toll. Toll." Irgendwie war meine Stimme quitschig.
"Sag mir doch bitte, was los ist. Du sagst, du ..." er atmete zittrig ein. "Und dann rennst du weinend weg und bist einen ganzen Tag nicht ansprechbar! Ich kann das nicht!"
Ich schnaubte. "Du kannst das nicht? Ich glaubs nicht. Da gestehe ich-" abrupt brach ich ab, als ein Gryffindor kam und uns schräg anschaute.
"Was glotzt du so?", fuhr ich ihn an. "Lauf weiter. Oder sind wir in einem Museum?"
Sobald er weg war, zog ich Draco unsanft in das nächste leere Klassenzimmer.
"Du hast dich nicht verändert. Ich dachte, du wärst anders, aber ich habe mich getäuscht." Wütend strich ich die Tränen weg, die sich irgendwie hergeschummelt hatten.
"Wieso?", wollte er fassungslos wissen. "Was habe ich denn getan?"
"Du sagst, du liebst mich. Und dann ... kommt Harry - ich weiß, es war schlechtes Timing - und du sagst quasi, dass ich dir gehöre. Das tue ich nicht! Du redest genau so wie immer mit ihm, auf deine störrische, hochnäsige Malfoy-Art. Das ist nicht deine Art, sondern die deines Vaters! Wieso kannst du nicht ... was weiß ich, ganz normal sein?"
Er guckte niedergeschlagen. "Also erwartest du von mir, meinen Erzfeind nett zu behandeln, nur weil er dir etwas bedeutet?"
"Du musst nicht nett sein.", widersprach ich. "Nur annehmbar. Nicht wie ... ein normaler Malfoy das wäre. Versuch einfach, nicht offensichtlich feindselig zu sein und sag ja nicht, ich wäre deins!"
"Ich soll fair zu ihm sein, wenn er mich beleidigt?" Er klang wie ein dreijähriger, den man getreten hatte und nun erklärte, weshalb man nicht zurücktreten durfte.
"Ja, bitte", sagte ich nur.
"Merkst du eigentlich, dass ich die ganze Zeit Kompromisse mache? Ich versuche, es dir recht zu machen, aber bei dir bleibt alles beim Alten. Weißt du was - wenn du weiterhin so bist, nein. Entweder ich oder Harry, Ron und den Rest der Schlam-" er unterbrach sich mit erschrockenem Gesicht. "Es tut mir leid."
"Das meine ich!", kreischte ich, "Wieso bist du so? Ich werde mich nicht entscheiden, da das völlig hirnrissig ist! Du bist toll, Draco. Aber wenn du so etwas sagst, sehe ich dich aus den alten Augen für dich. Und das kann ich nicht, wenn ich ..."
"Hast du nun also neue Augen für mich?", fragte er und warf mir ein geheimnisvolles Bad-Boy-Grinsen zu.
"Vielleicht." Meine Wut und das Gefühl der Hilflosigkeit verpuffte auf einen Schlag. Alles in mir kribbelte und wollte auf ihn zu. Ich hatte nicht die Kraft, mein Inneres aufzuhalten, also ging ich auf ihn zu und legte meine Arme um seinen Hals.
"Wieso bin ich toll?", fragte er in mein Haar, sodass es kitzelte und ich wie ein kleines Mädchen kicherte.
"Du bist sehr klug und ein unglaublich guter Zauberer. Bloß dein Geschmack ... ich weiß ja nicht. Du magst Snape, die dummen Puten aus Slytherin ..."
"Hey, immerhin mag ich dich auch", gab er zu bedenken. Mein Herz schlug schneller. "Und Professor Snape ist gar nicht so schlimm, wenn er einen mag."
"Tja, leider habe ich das Pech, dass er mich auf den Tod nicht ausstehen kann.", flüsterte ich. Mein Gesicht war knapp vor seinem und ich spürte, dass sein Puls ebenso raste wie meiner.
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Dramoine
FanfictionSeit Harry und Ron nicht mal mehr eine Minute zusammen sitzen können, ohne sich in die Haare zu kriegen, liegen Hermines Nerven blank. Auf einmal verhält sich Draco Malfoy komisch, sucht ihre Nähe. Was soll sie davon halten? Will er sie umbringen? O...