Kapitel 10

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"Was ist passiert?", wollte Ron wissen, als wir im Gryffindor Gemeinschaftsraum saßen.
"Nichts", sagte ich wenig überzeugend. "Absolut nichts." Jedoch war es weit mehr als nichts. Es war alles - wenn man es so sah. Meine Welt stand Kopf.
Musste ich Draco nicht hassen? Er war ein Todesser, ein Slytherin, ein Malfoy, ein Schleimbolzen, ein Widerling. Aber wieso war ich dann so unglaublich traurig?
Weil er auch ein Junge ist, dachte ich. Weil er Draco ist, weil er ganz normal war, weil er auch Gefühle hatte. Weil er mir zeigt, dass er verletzlich ist.
"Hermine?" Harry wedelte mit seiner Hand vor meinem Gesicht herum. "Hat er dir etwas getan?"
"Nein", brachte ich heraus. "Ganz und gar nicht."
Doch, er hatte etwas getan - mit mir. Er hatte mich irgendwie verändert. Bloß wie, das wusste ich nicht.
"Gut, wenn du nicht darüber reden willst, ist das in Ordnung.", meinte Harry und Ron nickte.
Ich hatte die Jahre, die ich nun schon in Hogwarts war, damit verbracht, Du-weißt-schon-wen zu jagen, hatte ihn sogar schon einige Male gesehen und geschlagen. Wie konnte Draco nur ... komplett gegen mich arbeiten? Wie war das möglich?
Wie veränderte es ihn? Oder eher meine Gefühle für ihn?
Denn ich musste mir eingestehen, dass ich Gefühle für ihn hatte.

Ich ging Draco aus dem Weg. Ich ging nicht mehr raus, obwohl es noch immer heiß war. Irgendwann kühlte es soweit ab, dass der Unterricht anfing. Wie immer hatte ich schon lange vorher gelernt und in der Schulfreien Zeit geübt, sodass ich keine Probleme hatte, als die Professoren das Tempo radikal anzogen.
Ganz im Gegensatz zu fast allen anderen, die jammerten und murrten. Ich konnte darüber nur den Kopf schütteln.
Nur in Zaubertränke war ich gezwungen, mit ihm im gleichen Raum zu sein. Ich hatte mir verboten, über ihn machzudenken, seinen Namen in den Mund zu nehmen oder für ihn etwas zu fühlen ... doch es ging nicht. Sobald ich ihn sah, klopfte mein Herz laut, ich bekam eine Gänsehaut und mein Bauch kribbelte wie verrückt.
Es benötigte meine volle Beherrschung, um nicht dauernd zu ihm herüber zu gucken und dadurch aufzufallen.
Ich liebte seine Haare. Aber noch viel mehr liebte ich seine Augen, doch ich verbot mir, zu ihm zu gucken, wenn ich seinen Blick auf mir sprürte.
Doch am meisten liebte ich den Jungen unter den Haaren, hinter den Augen. Er war schön.
Er war ein Todesser.
"Holt jetzt eure Zutaten - schnell", schalt uns Snape, der noch schlimmer war als in jedem Schuljahr zuvor.
Alle sprangen auf und liefen zum Schrank, nur ich wartete. Ich würde sowieso am schnellsten fertig sein und ich wollte das Gedränge und Draco vermeiden.
Mein Plan ging nicht auf.
Auch Draco ließ es langsam angehen, sodass wir letztendlich gleichzeitig am Schrank waren und diverse Wurzeln, Knollen und Elixiere holten.
"Hermine", flüsterte er.
Ich warf ihm einen Blick zu.
Seine Augen, seine wunderschönen Augen. Mein Herz setzte einen Schlag aus.
"Bitte rede mit mir ..." Er bettelte geradezu.
"Nicht einschlafen, dort vorne!", schnarrte Snape gehässig.
"Nachher.", flüsterte ich, alle meine Vorsätze über den Haufen schmeißend. Ich musste ihn sehen. "Im Raum von Professor Binns."
Er nickte erleichtert.
Wie vorausgesagt hatte ich es als Erstes geschafft und erntete einen spöttischen Kommentar von Snape. "Sie können es wohl nicht lassen, immer die Beste sein zu wollen, Granger?"
"Sir, ich hatte nicht vor ..."
"Ich erinnere mich nicht, Sie zum Reden aufgefordert zu haben!"
"Das ist ...", fing ich an, aber er unterbrach mich. "Da Sie mit Ihrem losen Mundwerk meine Unterricht stören - fünf Punkte Abzug für Gryffindor."
Wie in alten Zeiten.

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