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Park Jimin
Dienstag, 12:30 Uhr


Jae stolzierte davon, scheinbar mehr als zufrieden mit seiner Tat, und liess uns alle sprachlos zurück.
«Fuck», flüsterte ich und langsam liess ich mich wieder auf meinen Stuhl fallen. «Fuck, fuck, fuck.»

«Denkst du, Jimin hatte was mit diesem Freak?», hörte ich ein Mädchen am Tisch neben uns raunen. Ihre Freundin zuckte mit der Schulter, musterte Yoongi dabei mit gerunzelter Stirn und verzog das Gesicht. «Ich denke nicht, schau ihn dir an», wisperte diese.
Mir wurde speiübel bei den Worten, zum Glück sass Yoongi weit genug von den beiden entfernt, dass er sie bestimmt nicht hören konnte. Doch ein Blick zu dem einsamen Jungen bestätigte meine Befürchtung, dass auch bei den Tischen neben ihm, die Schüler tuschelnd die Köpfe zusammengesteckt hatten.

«Und schau dir doch dieses Foto an. Rosé und er sehen aus wie ein Traumpaar», hörte ich wieder das eine Mädchen neben mir. Ihre Freundin kicherte bloss und schaute mit geröteten Wangen zu uns rüber.
«Steckt eure Nasen gefälligst in eure eigenen Angelegenheiten», fuhr Taehyung die beiden an und erschrocken zuckten sie zusammen.
Meine Hände zitterten und mein Puls raste. Ich nickte meinem Freund dankbar zu, doch das Getuschel der anderen Schüler hielt noch immer an.

«Warum reden alle auf einmal von diesem Yoongi, auf dem Foto macht Jimin schliesslich mit Rosé rum?», bemerkte ein Junge zwei Tische hinter mir.

«Hast du nicht gesehen, wie Jimin vorhin zu ihm geschaut hat? Da ist bestimmt was gelaufen», entgegnete sein Freund milde.

«Rosé hat etwas Besseres als Jimin verdient. Ausserdem hing er doch in letzter Zeit ständig mit diesem Yoongi rum. Da würde ich nicht mit reingezogen werden wollen», bekundete eine Schülerin aus dem ersten Jahrgang lautstark.

Meine Gedanken drehten sich im Kreis, immer weiter und weiter. Rissen jedes hässliche Wort mit in den Strudel, und nur Kookie der meine Schulter gepackt hatte und mich sanft daran rüttelte riss mich aus dem tobenden Sog.

Hobi sah mich besorgt an, bevor er mit dem Kopf Richtung Yoongi deutete. Der Schwarzhaarige packte hektisch seine Schulbücher zusammen und sprang von seinem Stuhl hoch, dabei rutschte ihm eines seiner Hefter aus den Händen und krachte donnernd zu Boden. Die Schüler um ihn begannen zu kichern, während Yoongi mit gesenktem Kopf und hoch angezogenen Schultern das Buch aufhob und aus dem Raum eilte.

«Jimin», flüsterte Hobi, und mit diesem Wort drückte mein Freund so viele Dinge aus, die er nicht aussprechen musste, damit ich sie begriff. Jetzt war der Moment, das Richtige zu tun. Also sprang ich ebenfalls vom Stuhl hoch und schlängelte mich mit langen Schritten an den Tischen vorbei, in die gleiche Richtung, in der der Junge gerade eben zur Tür heraus war. Ich ignorierte das aufgeregte Geraune, welches mir bei jedem Tritt folgte, bis mich jemand am Unterarm gepackt hielt, und mich so am Weitergehen hinderte.

«Jimin!», Rosés sanfte Stimme drang nur schwach zu mir durch. Sie starrte mich besorgt an und hob ihre Hand an meine Wange. Ich zuckte zurück und hielt sie davon ab, in dem ich sie sachte, aber bestimmt am Handgelenk festhielt. Das Mädchen ahnte nicht, dass sie damit alles nur noch schlimmer machte. Doch wie sollte ich ihr deswegen einen Vorwurf machen.

«Es tut mir leid», flüsterte sie. Die schönen Augen des Mädchens glitzerten und ich erkannte an ihrer zitternden Unterlippe, dass sie kurz davor war in Tränen auszubrechen.
«Es ist nicht deine Schuld. Aber -», ich reckte mich, in der Hoffnung über Rosés Schulter Yoongi an der Tür zu entdecken, doch der Junge war fort.
Rosé schien zu begreifen und schenkte mir daraufhin ein knappes verstehendes Lächeln. «Ich hatte wirklich gehofft, es klappt.»

Damit riss sie mich aus meinen wirren Gedanken und zurück in die Wirklichkeit. Die Schüler um uns musterten uns gespannt und erfreuten sich an dem Drama. In meinem Kopf arbeitete es, die Gerüchteküche würde hierdurch nur noch mehr zu brodeln beginnen. Trotzdem ergriff ich eilig Rosés Hand und raunte ihr ein kurzes: «ich auch» zu, dann war ich an ihr vorbeigeeilt, der Blick starr geradeaus zur Tür.

Kaum war ich um die Ecke gebogen und somit nicht mehr sichtbar für die Schülerschaft, begann ich zu rennen.
Wo mochte er bloss hingegangen sein?

Ich klapperte den ganzen ersten Stock ab, aber er war nicht in den Schulzimmern und ein Blick durch das grosse Fenster zeigte mir auch, dass er sich nicht auf eine der Bänke auf dem Pausenhof gesetzt hatte. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend hastete ich also in den zweiten Stock und hielt schlitternd vor Yoongis Klassenzimmer an. Aber auch dieses war leer. Mein Herz raste und ich spürte, wie sich kleine Schweissperlen in meinem Nacken sammelten.

«Scheisse, wo bist du?», sprach ich mehr zu mir selbst. Langsam rutschte ich der Wand entlang zu Boden. Auf einmal traf mich die Erschöpfung, und ich fühlte mich völlig ausgelaugt. Meine Augen brannten, mein Mund war staubtrocken und meine Gedanken galten allein Yoongis Blick, als er das Foto sah.
Das Gesicht in den Händen verborgen blieb ich einfach still sitzen, so lange, bis Stimmen zu vernehmen waren und mich hochschrecken liessen. Ich kämpfte mich auf die Füsse und verzog mich möglichst schnell auf das Jungsklo.

Und somit prompt in Jaes Arme. Der Blonde wollte wohl gerade die Tür ergreifen, als ich in den Raum platzte.
«Na sieh mal einer an», der schlaksige Junge grinste hämisch und warf seinem Kumpel – ein grossgewachsener Junge mit kurz geschorenem Haar – einen bedeutungsvollen Blick zu. Die Tür hinter mir viel klickend ins Schloss und es wurde still im Raum.

Ohne Worte wollte ich mich an den beiden vorbeidrücken, um in einer der Kabinen zu verschwinden, da hielt mich Jae davon ab, in dem er mir breitbeinig den Weg verstellte.
«Nicht so schnell», raunte er, während er lässig die Arme vor der Brust verschränkte und mich mit geneigtem Kopf musterte.
«Lass mich in Frieden Jae», knurrte ich, doch der Junge und sein Kumpel begannen lediglich zu lachen.
«Wenn du Yoongi suchst, er ist nicht hier», sprach der Blonde weiter und ich versuchte mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr mich der Name aus dem Konzept brachte, doch Jae schien es dennoch zu erkennen, denn sein Grinsen wurde breiter. «Bestimmt hockt er irgendwo und weint um sein erbärmliches Leben.»

Ich ballte meine Hände zu Fäusten, um den beiden nicht zu zeigen, wie stark ich zitterte. Jae wartete gar nicht darauf, dass ich etwas erwiderte und sprach einfach weiter: «Der Junge ist so erbärmlich, vergreift sich an dem Erstbesten, der ihm schöne Augen macht und fällt aus allen Wolken, wenn dieser sich dann doch nicht für ihn entscheidet.»
In meinem Hals bildete sich ein dicker Kloss, der mich am Sprechen hinderte, das Rauschen in meinen Ohren wurde immer lauter, sodass ich Jae's Worte kaum noch wahrnahm.
«Aber ich hätte wirklich nicht gedacht, dass gerade du es so weit kommen lassen würdest.»
Er sollte einfach aufhören, mich allein lassen, damit ich mich in meinem Elend suhlen konnte und vergessen konnte, was heute passiert war.

Jaes Kumpel legte seinem Freund eine Hand auf die Schulter, aber nicht um ihn aufzuhalten, sondern um ihn lediglich darin zu bestärken, weiter zu reden. Der Blonde liess den Blick hinter mich schweifen und warf seinem Kumpel erneut einer dieser bedeutungsvollen Blicke zu, ehe er erneut das Wort ergriff: «Sag mir bloss eines, hat dir Yoongi wirklich etwas bedeutet, oder hast du auch mit ihm nur gespielt, so wie du es mit Rosé getan hast?»
In mir kochte es, meine Fingernägel gruben sich in meine Handfläche, doch ich blendete den stechenden Schmerz einfach aus.

Allein. Ich wollte einfach nur allein sein!

«Lasst mich einfach in Frieden. Yoongi bedeutet mir gar nichts», presste ich hervor, und es schien genau das gewesen zu sein, was die beiden hören wollten. Zufrieden brachen sie in Gelächter aus und schlenderten endlich an mir vorbei.
«Da hast du's, Freak!» Jaes Worte waren eiskalt und galten nicht mir.

Ruckartig drehte ich mich um, und da stand er. Das Lachen von Jae und dessen Kumpel wurde dumpf, als sich die Tür hinter ihnen schloss und Yoongi und mich somit allein im Raum zurückliessen.

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