Zeit zu zweit

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Nachdem Wattpad eine meiner Geschichten gelöscht hat, habe ich nach langem Überlegen (und gutem Zureden einer lieben Leserin) den fünften Teil, den ich gelöscht hatte, wieder entdeckt. Hier also nochmal der fünfte Teil - den ich immer noch sehr liebe.

Ich freue mich auf erneutes Feedback!
Eure Keeponsinging_Kellys

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»Papa Paddy, darf ich Ruby abholen?«
Es war das erste Mal überhaupt, dass Jamila etwas sagte, seit sie in München gelandet und auf der Heimfahrt auf ihren Hof waren. Paddy lächelte Mark neben ihm auf dem Fahrersitz an. Jamila war sehr bedrückt gewesen, als sie sich am Flughafen von Wincent und Alvaro verabschieden musste, und Paddy hatte ihr hoch und heilig versprechen müssen, dass sie ihre "Onkel" bald wieder besuchen durfte. Auf der gesamten Autofahrt nach Hause hatte Jamila Musik über ihren MP3-Player gehört, und Paddy war schon froh, dass sie überhaupt noch mit ihnen redete.
»Na klar«, meinte Paddy. Ruby war bei Jamilas bester Freundin Sophia und ihrer Familie geblieben, die am Rand der nächsten Kleinstadt lebten, wo Jamila auch zur Schule ging.
»Ich fahr schnell rum«, sagte Mark und gab Paddy einen flüchtigen Kuss. »Kommst du, Jamila?«
»Ja!«, kam es etwas freudiger von Jamila, sie packte Marks Hand und zog ihn wieder zum Auto. Sicherlich würde der Hund die wieder auf andere Gedanken bringen.
Paddy beobachtete, wie Mark sie auf den Vordersitz klettern ließ, um das Auto herumlief und ausparkte, und dachte, dass Jamila jetzt wohl wieder eher an Mark hängen würde. Das war immer so, wenn Mark zuhause war, und Paddy machte ihr keinen Vorwurf. Er wusste selbst noch nicht genau, wann Mark wieder nach Berlin aufbrechen würde, er wusste nur, dass Mark sich jetzt, nach ihrer Südafrika-Reise, mit seiner Band auf die Clubtour Ende März vorbereiten würde.

Seufzend schnappte Paddy sich den letzten Koffer, den Mark auf dem Treppabsatz abgestellt hatte, und trug selbigen ins Haus. Es fühlte sich ein wenig seltsam an, nach dem Trubel um die Jubiläumsstaffel von Sing meinen Song zurück zu Hause zu sein. Es war still im Haus, Paddy öffnete erst einmal alle Fenster und trug dann die Koffer mit den dreckigen Klamotten in die Waschküche. Er ging ins Wohnzimmer, schaute sich kurz in dem großen Raum um und atmete einmal tief durch.
Welcome home, dachte er bei sich, sein Blick glitt instinktiv zur Kommode, über die Familienfotos, das Kruzifix, weiter zum Kamin und den Zimmerblumen, und das vertraute Gefühl des Zuhause seins durchflutete Paddys Brust. Joelle hatte während ihrer Abwesenheit die Blumen gegossen, auch draußen auf der Terrasse und im Garten und ihm eine WhatsApp geschrieben, dass sie die Post auf den Küchentisch gelegt hatte. Paddy riss sich vom Anblick der Familienfotos los und ging in die Küche, schaute kurz durch die Briefe und sortierte den relativ kleinen Stapel nach Marks und seinem Namen. Darum würden sie sich später kümmern. Er stellte den Kaffeeautomaten an, trat ans Küchenfenster und ließ den Blick über den Garten schweifen. Bald musste er wieder Unkraut jäten, nach dem Frost der vergangenen Monate könnte er auch bald die ersten Blumen pflanzen.
Aber er konnte sich noch nicht richtig auf den Gedanken einlassen, wieder Zuhause zu sein, waren Südafrika und die wunderbare Zeit dort doch noch viel zu nah. Prompt schweiften Paddys Gedanken wieder ab, zu ihrem Besuch bei Yasmin und James vor zwei Tagen und zu ihrem Abschied vom Grootbos, zu den Aufzeichnungen der Jubiläumsstaffel von Sing meinen Song und er seufzte tief. Es war wieder einmal so intensiv gewesen, er hatte jede Minute so sehr genossen, weil es ihr Südafrika war. Mark und sein ganz persönliches Paradies. Er hatte sich wie im Rausch gefühlt, obwohl er kein Gastgeber gewesen war, oder vielleicht gerade deshalb. Weil er so noch einmal alles in sich aufsaugen konnte, ohne ständig von Termin zu Termin hetzen zu müssen.

»Na, haste schon wieder vergessen, Tassen reinzustellen?«, riss ihn da Marks Stimme abrupt aus den Gedanken, Paddy zuckte zusammen und sah, wie Mark zum Kaffeeautomat deutete.
»Sorry, ich war gerade…«, begann er und musste sich erneut sammeln, um den Fokus auf Mark zu lenken.
»Bist noch nich’ wirklich wieder Zuhaus angekommen, ne?«, schmunzelte Mark, gab ihm einen Kuss und schob zwei Kaffeetassen in die Vorrichtung am Automat.
»Sorry«, murmelte Paddy verlegen. »It’s just… it was such a great time again.«
»War‘s«, nickte Mark zustimmend. »Also bereust nicht, es nochmal gemacht zu haben?«
Paddy wünschte sich, doch sagen zu können, um nicht mehr so sehr daran festzuhängen. Er sollte sich darauf konzentrieren, dass Mark noch hier war. »Natürlich nicht«, seufzte er.
Mark lachte. »Du klingst, als hätten wir dich down under zur Schlachtbank geführt«, gluckste er, Paddy musste selbst lachen und nahm die Tasse mit  dampfenden Kaffee entgegen, die Mark ihm hinhielt.

»Wo ist Jamila?«, fiel Paddy dann doch endlich auf, dass Mark alleine gekommen war. Sogar ohne Hund, denn normalerweise hätte Ruby ihn stürmisch begrüßt.
»Hab se bei Sophia gelassen«, meinte Mark. »Die beiden haben sich ne Menge zu erzählen, und ja… Jamila hat gefragt, ob sie da übernachten darf. Hat ja eh immer Klamotten bei Sophia. Anne hat gemeint, es is auch kein Ding, wenn Ruby noch 'ne Nacht bleibt, damit wir bisschen ankommen können.«
»Anne ist ein Engel«, sagte Paddy. »Dachte nur, Jamila will vielleicht noch Zeit mit dir verbringen, bevor du nach Berlin musst.«
»Ach, Quatsch, soll’n die Mädels mal ihr Ding machen, solang noch Winterferien sind«, meinte Mark. »Hab se doch dann wieder, wenn ich von der Clubtour zurück bin. Dachte, du freust dich auch, wenn wir noch n bisschen Zeit für uns haben.«
»Of course I do«, erwiderte Paddy, ließ sich in einen tiefen Kuss ziehen und blinzelte überrascht, als Marks Zunge direkt gegen seine Lippen stupste. »Mark«, seufzte er in den Kuss, spürte Marks Hände an seinen Hüften und schaffte es gerade so, die Kaffeetasse auf die Anrichte zu stellen. »Wollten wir nicht Kaffee...«
»Kann doch warten«, nuschelte Mark, schob ihn gegen die Anrichte und Paddy ließ sich nur zu gerne ablenken. Marks rechte Hand glitt tief in seinen Nacken und weiter in seine Haare, sein Kuss wurde intensiver. Paddys Augen fielen flatternd zu und er sog die Luft ein, als Marks Linke sich unter seinen Pullover verirrte.

»Mark«, raunte er und zog sich ein wenig zurück. »Wir sind in der…«
»Küche, ich weiß«, gab Mark unbeirrt zurück und zwinkerte. »Kann man ja ändern.«
Er griff nach Paddys Hand, zog ihn in den Flur und weiter an den Treppabsatz. Dort aber spürte Paddy plötzlich die Wand im Rücken, weil Mark ihn daran schob und sich einen weiteren Kuss holte. Paddy raunte, weil Marks Zunge seine Lippen teilte, in seinen Mund glitt und er schlang seine Arme um den Hals seines Mannes. Glühendes Verlangen erfüllte Paddy, weil sie sich in Südafrika Jamila zuliebe natürlich zurück gehalten hatten, und er fühlte seine  Knie erzittern, als eine von Marks Händen forschend seine Seiten hinunter streichelte und über seine Hüfte nach innen glitt.
»My love«, keuchte Paddy und hob sein Becken instinktiv ein wenig in Marks Berührung. »I don’t know if I’ll make it to the bedroom…«
»Wozu haben wir das Gästezimmer hier unten«, schmunzelte Mark und ließ von ihm ab, aber nur um ihn rasch in das an Ende des Flurs liegende Gästezimmer zu ziehen.
Dort ließ Paddy sich den Pullover über den Kopf streifen und sank auf das Bett. Mark folgte ihm sofort und als er sich halb auf halb neben Paddy legte, zerstreuten sich seine Gedanken.

»Müssen wir nicht eigentlich noch was einkaufen?«, fragte Paddy einige Zeit später, als sie, nur noch mit ihren Hosen bekleidet, die jedoch offen waren, noch eng nebeneinander auf dem Gästebett lümmelten. Er fühlte sich erschöpft vom langen Flug, aber auch zufrieden, jetzt Zuhause angekommen zu sein. Sie müssten sich beide säubern, dachte Paddy, es war sehr intensiv, aber wunderschön  gewesen. Aber er würde sich jetzt bestimmt nicht vom Fleck bewegen, genoss er die Nähe doch viel zu sehr. Mark war früh genug wieder unterwegs.
Mark zog eine Augenbraue hoch, legte seine linke Hand an Paddys rechte und verkeilte grinsend ihre Finger ineinander. »Da haben wir mal sturmfrei und du denkst gleich wieder ans Einkaufen.«
»Sorry«, gluckste Paddy. »Ich dachte nur, dass wir auch irgendwann Hunger haben.« Sanft klopfte er auf Marks Bauch und bekam prompt ein empörtes »Ey!« zurück.
»Was hältste davon, wenn wir’s machen wie früher?«, meinte Mark, verschwörerisch zwinkernd. »Pizza bestellen, Cola haben wa doch noch im Keller.«
»Solange deine Fitness das vor der Clubtour vertragen kann, bin ich immer dabei«, grinste Paddy und streichelte über Marks Bauchansatz, den man dank des großartigen Essens in Südafrika und zugegebenermaßen auch dank ihrer Bequemlichkeit deutlich sehen und fühlen konnte.
»Jetzt sach ma«, beschwerte sich Mark gespielt empört. »Wenn’s dein Gewissen beruhigt, ich geh in Berlin noch n paar Stunden mit Nitti ins Gym.«
»Ich will jetzt nicht an Berlin denken«, seufzte Paddy, legte seine linke Handin Marks Nacken und einte ihre Lippen erneut.
»Hast ja selbst damit angefangen«, kicherte Mark in ihren trägen Kuss.
»Stimmt, sorry«, seufzte Paddy. »Pizza klingt großartig.«

Mark wandte sich zum Nachttisch, Paddy genoss die Nähe und die Küsse noch ein wenig, bis sie das Klingeln von Marks Handy aus dem Wohnzimmer aus der Innigkeit riss.
»Hast du nicht die Türen zugemacht?«, seufzte Paddy. »Wenigstens dein Handy lautlos oder so?«
»Sorry«, erwiderte Mark. »Das ist bestimmt Nitti. Ich geh ihn beruhigen, dass ich sicher gelandet bin und übermorgen in Berlin aufschlagen werd.«
Übermorgen, dachte Paddy seufzend. Marks baldige Abreise schwebte wie immer unablässig über ihnen und vielleicht, dachte Paddy, hatte Mark es nicht ganz uneigennützig gefunden, dass Jamila so gerne bei Sophia bleiben wollte. Er konnte ihn so gut verstehen, genoss er doch selbst jede Minute, bis Mark wieder unterwegs war. Es war zu süß, wie er ihnen noch ein bisschen gemeinsame Zeit verschafft hatte, und Paddy nahm sich vor, dass sie morgen noch etwas Besonderes zu dritt unternehmen würden.
Eintönig würde es ohne Mark die nächsten drei Wochen früh genug werden.

A Thousand DoubtsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt