Gucci, Prada und Chanel

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Einen langweiligeren Unterricht, hatte ich noch nie erlebt. Alles was er sagte (was nicht viel war), wusste ich schon. Mit dem Läuten der Schulklingel rasten alle aus dem Zimmer heraus. Ich hielt mich zurück und an ein blondes Mädchen mit einer dicken, braunen Brille und hochgebundenen Haaren. "Hey, bist du im Englischkurs?", fragte ich und sie schüttelte schnell und verlegen den Kopf. "Nein, aber die da.", antwortete sie piepsig, mit dem Zeigefinger auf das Mädchen in der letzten Reihe zeigend, welches mich eben ausgelacht hatte. Ich runzelte die Stirn. Sie trug ein weißes Sommerkleid, eine lederne Pradatasche in der Hand und Louis Vitton Stiefel. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass ich mich nicht gerade mit ihr anfreunden würde. Irgendwie sieht sie auch aus wie eine Vanessa, dachte ich mir nebenbei.

Widerwillig stupste ich ihre Schulter an: "Du hast jetzt Englisch, richtig?" Sie verdrehte die Augen, kaute auf ihrem Kaugummi und antwortete: "Ugh, Stalker." Ihr Ernst? Ich konnte sie jetzt schon nicht leiden. "Ich weiß nichtmal deinen Namen. Da werde ich dich wohl kaum stalken.", gab ich giftig zurück. Mit einem empörten Gesichtsausdruck verlies sie das Zimmer. Wow. Wie eingeildet will man sein?

Unauffällig folgte ich ihr und ihrer Wolke aus Ariana Grande Parfum. (Ich liebe dieses Parfum. Was Düfte angeht, war ich wirklich ein typisches Mädchen.) Jedoch passte ich gut auf, dass sie mich nicht sah. Sie sollte mich BITTE nicht für einen Stalker halten. Wer denkt sie, wer sie ist, dass sie so mit mir redet? Ist die Kylie Jenner? Bella Hadid? Travis Scott? Nein! Doch auf diese Weise fand ich immerhin meinen Kursraum sehr schnell und hatte wenigstens die vollen 45 Minuten Pause für mich.

Man könnte raten, wie ich sie verbrachte: am See, auf meiner Bank, mit einem Kaffee. Ja, ich betitel diese Bank schon als MEINE Bank.

40 Minuten später ging ich zurück und mir fiel auf, wie gut ich schon zurechtkam. Ich setzte mich dieses mal direkt auf einen guten Platz und bereitete mich vor. Als ich gerade noch mit der Nase in einem Buch steckte, klopfte mir jemand auf den Tisch - Es war das eingebildete Mädchen von eben. Mit ihrem geglätteten, blonden Haar, pinken Puschelohrringen, grünen Augen und Tonnen von Make-Up sah sie auf mich herab. "Ich bin Chanel Herol. Und wer bist du, Neue?" Ich schluckte. "Lia Sadan. Was willst du? Man müsste blind sein, um übersehen zu können, wofür du dich hälst." "Tja, für das beliebteste Mädchen der Schule.", lachte sie. "Kindisch und idiotisch. Mehr fällt mir dazu nicht ein.", gab ich zurück, setzte mir meine Kopfhörer auf und symbolisierte ihr, dass es Zeit für sie war, zu gehen. Ich lasse mich sicherlich nicht von irgendeiner "Chanel" herumkommandieren.

Jeder kennt sie. Das beliebte Mädchen. Oft werden sie von ihren Sklavinnen umgeben. Eigentlich kenne ich sie nur aus amerikanischen Highschoolfilmen, aber habe noch nie eins in meiner Schule gehabt. Ich halte auch nichts von Promqueens/kings. Wofür gibt es soetwas? Damit demütigt man alle anderen und zeigt jedem, wer besser ist als der Rest. "Jeder Mensch hat den gleichen Wert, aber ich hoffe ich werde Promqueen!" Dass ich nicht lache. Ein Widerspruch an sich, wenn man mich fragt.

Ob man also sagen könnte, ich war schockiert, als ich auf dem Weg zu meinem Zimmer ein Promqueenplakat sah? Allerdings. Ich riss es von der Laterne, faltete es zusammen und steckte es in meine Hosentasche. Diesen Krieg möchte ich nicht miterleben.

In another Space | Worlds apartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt