9. Kapitel

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Wincent

Das Laufband Training ist sehr angstengend. Der Schweiss tropft nur so über mein Gesicht und ich wische es mit dem Handrücken weg. „Herr Weiss, sie müssen sich mehr konzentrieren", kommt von meinem Trainer. Der kann gut reden! Der ist nicht in Schweiss gebadet. Leicht verkrampft lächle ich ihn an. Ich gebe aber mein bestes. Der Trainer stellt das Laufband einen ticken schneller ein und ich muss ganz schön Gas geben, damit ich nicht vom Band fliege. Ich atme durch die Nase ein und durch den Mund aus. Gebe stossweise den Atem durch den Mund aus. Ich beisse die Zähne zusammen und laufe mit voller Kraft auf dem Band. Meine Beine mögen langsam nicht mehr aber ich mache verbissen weiter. Mein Trainer bemerkt, wie verkrampf ich weitermache und nicht aufgebe. „Brauchen sie kurz eine Pause?" fragt er mich und reicht mir eine Wasserflasche. Ich nicke und er stoppt das Gerät, und öffnet die Plastikplane, sodass ich aussteigen kann. Er reicht mir die Flasche und ich darf mich kurz auf einen Stuhl setzen. „Heute sind sie nicht so in Form Herr Weiss. Haben sie schlecht geschlafen?" fragt er mich und steht plötzlich vor mir. Ich blicke ihn überrascht an. „Nein, ich habe ziemlich gut geschlafen. Ich mach mir nur Gedanken um Frau Beyer. Ich frage mich immer noch wie ich sie aus dem Loch holen soll", gebe ich nachdenklich zurück. Er blickt mich mit einer ruhe in den Augen an und klopft mir aufmunternd auf die Schulter. Das tut mir gerade richtig gut. Ich nehme noch einen Schluck aus der Flasche und stelle sie neben dem Stuhl auf den Boden. „Herr Weiss, sie haben es fast geschafft. Nur noch zehn Minuten, dann kommt die neue Übung", sagt der Trainer während ich mich wieder in die Plastikplane auf das Laufband stelle. Erneut startet er das Programm und ich beginne wieder mit leichter Geschwindigkeit und Gegenwind welches aus der Plastikplane kommt zu laufen. Langsam wird es wieder schneller und ich werde gefordert. Nach diesen zehn Minuten stoppt der Trainer das Laufgerät und öffnet die Plastikplane. Ich steige aus und setze mich völlig erschöpft auf den Stuhl und trinke das Wasser leer. Der Trainer klopft mir auf die Schulter und beglückwünscht mich: „Herzlichen Glückwunsch Herr Weiss. Die zweite Hälfte war viel besser. Machen sie weiter so." Ich nicke und verlasse schweissgebadet die Halle um kurz auf die Toilette zu gehen. Gerade wie ich zurück zum Trainer laufe steht da eine Pflegerin und spricht mit ihm. Er nickt und widmet sich wieder mir zu. „Herr Weiss, nun kommt die nächste Übung. Sie legen die Arme rechtwinklig auf diese hohe Matte hie, Ellbogen auf der Mate und mit dem linken Fuss auf diese Planchette hier. Bevor sie den Fuss auf die Planchette stellen lege ich das Gummiband über den Fuss, sodass sie dann selbstständig ziehen und stossen können", versucht er mir zu erklären. Ich nicke und stelle mich in Position. Ich lege die Arme mit dem Ellbogen auf die Matte und halte diese Rechtwinklig, den rechten Fuss normal auf den Boden und den linken auf diese Planchette, nachdem der Trainer mir das Gummiband um den Fuss gemacht hatte. Dann beginnt die Übung. Langsam ziehe ich mein Bein zu mir, ich lasse den Fuss auf der Planchette, ich drücke ihn fest darauf und halte mich mit den Händen auf der Matte. Dann lasse ich es los und das Bein geht zurück auf die Anfangsposition. Noch einmal ziehe ich das Bein zu mir Richtung Bauch und wieder lasse ich es los und geh in die Ausgangsposition. Das mache ich einfach noch eine gefühlte Ewigkeit. Vor und zurück, vor und zurück. Mein Knie schmerzt langsam, aber ich mache verbissen weiter. Ich will die Übung so gut wie möglich absolvieren. Meine Gedanken fliegen jedoch immer wieder zu Clara. Wieso denke ich so oft an sie? Ich kann es mir nicht leisten bei den Übungen an sie zu denken. Nicht jetzt. Ich schüttle den Kopf um die Gedanken beiseite zu schaffen und widme mich Gedanklich wieder der Übung zu. Vor und zurück, Vor und zurück, vor und zurück. Der Schweiss perlt nur so über mein Gesicht und tropft auf die Matte. Ohje, die Person die das reinigen muss, tut mir Leid. Nach einer halben Stunde bin ich mit der Übung fertig und ich plumpse auf die Matte und ruhe mich kurz aus. Ich stosse einen lauten Atemzug aus und richte mich auf der Matte auf. Der Trainer kommt zufrieden zu mir nachdem er das Gummiband und die Planchette wieder zurück an ihren Platz gelegt hatte. „Sehr gut Herr Weiss, sie machen das toll", sagt er freundlich und mit einem Lächeln. Ich fahre mir durch die verschwitzten Haare und nehme die Flasche die er mir hinhält an und trinke daraus. Ein paar Minuten später verabschiede ich mich von meinem Trainer und verschwinde humpelnd mit meinen Krücken aus der Halle. Ich verschwinde im Hauptgebäude und laufe zu meinem Zimmer. Ausser Atem komme ich vor unserem Zimmer an und öffne die Tür. Leise schlüpfe ich hinein und ziehe mich aus. Ich lasse alle verschwitzen Klamotten auf dem Boden und laufe nackt zum Kleiderschrank und lege die frischen Klamotten auf das Bett. Eine frische Unterhose nehme ich jedoch mit in das Badezimmer und stelle mich unter die Dusche. Es tut so gut, nach dem schwitzen unter das Wasser zu stehen und mich frisch zu machen. Ich sehe im Augenwinkel das Duschmittel welches Clara benutzt und damit so unglaublich gut riecht. Kurzerhand nehme ich die Flasche und rieche daran. Sofort schiessen mir Bilder von Clara durch den Kopf und ich merke wie ich eine Gänsehaut bekomme. Schnell stelle ich es zurück an ihren Platz und widme mich meinem Körper zu. Ein Blick an mir herunter zeigt was sie mit mir anstellt. Gänsehaut, erregt und vor allem schneller Atmend. Clara was machst du mit mir? Was stellst du hier mit mir an? Ich schliesse die Augen und lasse das Wasser über mich rieseln. Ich muss wieder runterkommen. Bloss, wie? Naja, wie immer mit der Hand. Dabei kreisen meine Gedanken um Clara. Plötzlich höre ich wie die Tür aufgeht und Clara mit einem Mann reinkommt. Wer ist das? Was will der hier?! Schnell trockne ich mich ab und verlasse das Bad. Ich sehe wie Clara auf den Armen eines starken Mannes ist. Ach, der Gymnastiklehrer. „Was ist passiert?" frage ich besorgt. „Sie hatte im Wasser einen Krampf und Angst zu ertrinken", gibt er mir zur Antwort. Ich hole ihr sofort ein Badetuch und umwickle sie liebevoll. Ihre Augen sind voller Angst, als sie mich anschaut. Ich nehme sie wortlos in den Arm. „Kann ich sie bei ihnen lassen Herr Weiss?" fragt er mich und verlässt kurze Zeit später unser Zimmer. Ich versuche mich so gut um sie zu kümmern wie es nur geht. Ich rufe den Speisesaal an und frage nach Tee. Sie zittert in meinen Armen und legt ihr Kopf auf meine Schulter. Ich lege das Handy wieder auf die Seite und warte geduldig bis der Tee ankommt. Ich halte sie fest in meinen Armen, wie jemanden die ich nicht mehr loslassen will. Es klopft an der Tür und ich bitte sie herein. Eine Pflegerin stellt ein Tablett mit dem Tee auf den Nachtschrank von Clara und vergewissert sich ob wir noch etwas brauchen. Ich schüttle freundlich den Kopf und widme mich wieder Clara zu. Erneut blickt sie mich voller Kummer an.

War schon fast dran gewöhnt ans AlleinseinWhere stories live. Discover now