13. Kapitel

112 6 5
                                    

Wincent

Endlich werde ich von der Krankenschwester abgeholt und in den Praxisraum begleitet. Die Krücken nimmt sie mir ab und stellt sie an die Wand die neben der Tür ist. „Der Doktor kommt gleich", sagt sie. Ich nicke und warte geduldig während ich auf meinem Handy die Nachrichten auf Instagram durchscrolle. Wieder tausende Markierungen, meist schöne Bilder, oder Merchbilder und Videos aber teils auch unnötige Dinge. Die mich überhaupt nicht interessieren. Ich sehe wie Konzertvideos von letztem Jahr gepostet wird mit den Beschreibungen dass die Personen sich richtig freuen mich wieder zu sehen. Ich kann es auch kaum erwarten wieder auf Tour zu gehen. Das geht aber noch ein paar Monate. Erst muss mein Fuss wieder fit genug sein, dann Tourproben und erst dann kann's losgehen. Ich bin völlig in Gedanken und merke nicht dass Mein Arzt den Raum betritt und sich vor mir an den Schreibtisch setzt. „Herr Weiss?", sagt er und blickt mich an. Ich schrecke hoch und verstaue schnell mein Handy. „Sorry, Guten Tag Herr Doktor", stammele ich. So dann wollen wir mal", sagt er und rollt mit seinen Stuhl und zu mir und nimmt mir die Schiene ab. Dann muss ich auf eine Barre liegen und ich werde bis leicht über den Knöchel in die grosse Maschine des MRT Geräts gefahren. So verweile ich sicher eine viertel Stunde. Ich darf mich nicht bewegen und ich schliesse die Augen. Ein kleines Nickerchen kann nicht schaden, denn die Nacht war doch sehr kurz auch wenn ich es genossen habe neben Clara zu schlafen und ich mir das öfters vorstellen könnte. „Herr Weiss, wir sind fertig, sie dürfen sich wieder auf den Stuhl setzen", sagt mein Arzt und ich öffne die Augen. Ich stehe auf und setze mich wieder auf den Stuhl. Ich ziehe mir die Socke wieder an und warte gespannt auf das Ergebnis. „Herr Weiss das Ergebnis ist sehr positiv, sie können die Schiene hier lassen. Sie brauchen sie nicht mehr. Bitte passen sie aber trotzdem noch auf und lassen sie den Sport noch ein wenig aussen vor." Ein fetter Stein fällt mir vom Herzen und ich freu mich richtig wieder ohne Schiene zu laufen. Ich könnte Hüpfen vor Freude. Freudig bedanke ich mich bei ihm und ziehe mir die Schuhe wieder an. Den zweiten Van habe ich im Rucksack mitgebracht, da ich schon vorher dachte es ist endlich soweit. „Herr Weiss, sie müssen aber trotzdem noch in der Reha bleiben. Einfach zu ihrer Sicherheit und damit der Fuss weiterhin gut Genesen kann", sagt der Arzt während er sich vom Stuhl erhebt und auf mich zuläuft. Freundlich reicht er mir die Hand und verabschiedet sich von mir und verlässt den Praxisraum. Auch wenn ich mich wirklich freue die Schiene los zu werden und nicht mehr lange in der Reha bin, mache ich mir Gedanken über Clara. Völlig in Gedanken laufe ich die langen Gänge des Krankenhauses entlang und verlasse kurze Zeit später das alte Gebäude. Ich werde von einem Chauffeur der Reha Klinik mit einem Shuttle abgeholt und steige hinten ins Auto ein. „Herr Weiss, wie war es? Alles bestens?" fragt mich der nette Fahrer. Ich nicke und berichte was sich in der Zwischenzeit ereignet hat. Ich blicke die Fahrt über zum Fenster hinaus und geniesse die wunderschöne Landschaft die an mir vorbei rauscht. „So Herr Weiss, Wir sind fast da", sagt der Fahrer und ich blicke ihn an. „Oh, ich würde gerne Clara eine Freude machen, Könnten wir kurz in eine Buchhandlung? Einfach die nächste würde reichen", versuche ich zu erfragen. Der Fahrer nickt und wendet das Auto in Richtung Städtchen. Vor der Buchhandlung macht er halt und lässt mich aussteigen. „Ich parke hier hinten", sagt er und zeigt in eine Richtung. Ich nicke und betrete die Buchhandlung. Viele Bücher, sehr viele Bücher. Aber echt eine schöne Buchhandlung. Die Deko passend zu den jeweiligen Genres der Bücher. Einige Sessel sind in dem Laden verteilt, sodass man in den Büchern schmökern kann. Ich stöbere durch die vielen schönen Bücher. Fahre mit der Hand über die wunderschönen Buchrücken und lasse die einfach auf mich wirken. Oben an den Regalen steht immer das entsprechende Genre, gerade stehe ich vor den Jugendbücher. Die haben alle Harry Potter Bände, wie cool. Ich nehme den ersten Band aus dem Regal und schau mir die wunderschöne Illustration auf dem Cover an. Sanft rücke ich den Band wieder zurück ins Regal und laufe weiter. Weiter zu den New Adult Regalen. Die ein paar Regale mehr sind als die Jugendbücher. Auch hier streiche ich sanft den Buchrücken und lese dabei die Titel. Ich will für Clara ein Buch kaufen, als Überraschung. Nur weiss ich nicht so recht in welche Richtung sie gerne liest. Ich drehe mich um und blicke einer jungen Buchhändlerin in die Augen die einige Bücher in der Hand auf einem Stapel hält. „Darf ich ihnen was zeigen?" fragt sie mich und legt den Stapel erstmal auf den tiefen gelegter Büchertisch der richtig schön sortiert ist. Ich nicke und erkläre ihr: „Ich suche ein Buch für eine Freundin, die gerade eine Depression hat und mit mir das Zimmer teilt. Ich möchte ihr eine Freude machen. Irgendwas Romantisches vielleicht?" Die Buchhändlerin holt einige Bücher hervor und zeigt mir die. Golden Heritage, New Chances, Wedding Date, Like Shadow we hide und Twistet Dreams, zeigt sie mir. Das erste klingt vom Titel schon mal gut. Ich nehme es und lese den Klappentext. Grumpy meets Sunshine. Er will in Oslos Society und sie ist die Erbin des Keksunternehmens. Das klingt echt spannend. Ich schaue mir das Buch an und sehe einen rötlichen Farbschnitt. Passt irgendwie voll gut. „Sonst noch was gutes? Die anderen klingen alle nicht schlecht, aber viele Trigger Warnungen, das weiss ich nicht wie sie damit umgeht", sage ich nachdenklich. Die Verkäuferin lächelt und legt die Bücher zurück. „Dann hätte ich hier noch die „Jetzt" Reihe. Das erste heisst „Jetzt sind wir echt" ist von Gabriella Santos de Lima. Es geht um Lucy und Gregor. Die lernen sich bei einem Schreibworkshop kennen, doch nach dem Workshop meldet er sich nicht mehr. Zwei Jahre Später treffen sie sich wieder. Die beiden müssen gemeinsam die Moderation eines Schulpodcasts übernehmen. Es sind ein paar Songs von Taylor Swift drin, wie „All to well". Das ist wirklich schön", sagt sie während sie das Buch hervorzieht. Ok, das muss ich nehmen. Schlussendlich entscheide ich mich für die beiden und bezahle bei der netten Dame. „Vielen Dank für die Beratung, schönen Tag noch", gebe ich von mir und verlasse die Buchhandlung. Vor dem Geschäft wartet der Fahrer schon auf mich und wir laufen zum Wagen.

Zurück in unserem Zimmer lege ich die beiden Bücher auf ihr Bett und verschwinde im Bad. Ich werde meine Klamotten los und stelle mich unter die Dusche. Ich höre wie einige Minuten später die Tür aufgeht und kurz darauf wieder zufällt. Schnell drehe ich das Wasser ab und wickle das Badetuch um meine Hüften. Mit nackten Füssen verlasse ich das Bad und beobachte wie Clara auf das Bett zugeht. Ich stelle mich lautlos hinter sie und warte ihre Reaktion ab. Sie dreht sich um und ich sehe wie Tränen der Freude über ihre Wangen fliessen. Ich nehme sie in den Arm und drück sie fest an mich. Ihre Nähe gefällt mir sehr gut. Ich atme ihren Duft ein, ihr dezentes Parfüm, ihr eigener Duft, das Shampoo, was noch in den Haaren riecht, das Deo. Ich schliesse die Augen und geniesse die Nähe. „Vielen Dank, Wincent, Das ist richtig süss von dir", sagt sie während sie die beiden Bücher genauer betrachtet. Ich streiche ihr sanft über die Wange und wische die Tränen beiseite. Gemeinsam verbringen wir den Abend wieder mal im Garten und quatschen über Gott und die Welt. Die Sonne geht gerade unter und wir stehen von der Parkbank auf und laufen in unser Zimmer. Clara verschwindet sobald wir im Zimmer sind im Bad und ich setz mich auf mein Bett. Endlich kann ich wieder normal laufen. Eigentlich bin ich ganz froh, dass ich noch ein paar Wochen hier bin. Denn ich mag Clara wirklich und ich will nicht dass es ihr noch länger schlecht geht. Allmählich scheint sie mir auch mehr zu vertrauen. Noch nicht Hundert Prozent aber Immer hin ein Anfang. Ich liege schon im Bett als wenig später Clara frisch geduscht aus dem Bad kommt und sich ebenfalls ins Bett kuschelt. „Gute Nacht Clara", gebe ich müde von mir. „Gute Nacht, Wincent", sagt Clara und startet unsere Playlist zum Einschlafen. Kaum ertönen die ersten Sekunden der Playlist schlummere ich auch schon weg.

Am nächsten Morgen klingelt mein Wecker und ich stelle in aus. Ein Blick zu Claras Bett und ich sehe, dass es leer ist. Vielleicht ist sie im Bad. Ich hüpfe aus dem Bett und laufe mit nackten Füssen ins Bad. Niemand hier. Ach vielleicht hat sie ja schon früher eine Therapiestunde und hat mich nicht geweckt. Ich mache mich frisch und gehe zum Frühstück. Auch hier ist keine Spur von Clara zu sehen. Langsam mache ich mir echt Sorgen um sie. Was ist los? Hat sie wirklich schon Therapie? Normalerweise isst sie zuerst Frühstück und dann Therapie. Selbst David scheint sie zu suchen. Ich verlasse nur mit einem Kaffee und einem Müsli den Raum und mache mich auf die Suche nach ihr. Schnellen Schrittes laufe ich auf den Maltherapieraum zu, doch dort ist sie nicht. Also weiter. Vielleicht ist sie schon bei der Gymnastik. Auch im Garten ist sie nicht. Ok, letzte Chance, den Poolbereich. Schnell mache ich mich auf den Weg zum Pool. Ohne Schuhe und Klamotten umzuziehen betrete ich den Bereich, der sonst nur mit Badesachen betretbar ist. Schnell laufe ich zum Beckenrand und sehe wie jemand mit dem Kopf im Wasser auf dem Bauch schwimmt. Es ist Clara!

War schon fast dran gewöhnt ans AlleinseinWhere stories live. Discover now