Gespräch mit Armin und eine Einladung

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Eren

Eren saß auf seinem Bett, das Handy in der Hand, während er mit einem Finger gedankenverloren über die raue Bettdecke strich. Es war ein kühler Abend, und der Himmel draußen war in dunkles Blau getaucht, das nur durch das blasse Licht der Straßenlaternen durchbrochen wurde. Das Zimmer um ihn herum war spartanisch eingerichtet, nur ein paar Kleidungsstücke lagen achtlos auf einem Stuhl, und das Fenster war halb geöffnet, sodass eine frische Brise hereinwehte. Er atmete tief durch, bevor er den grünen Hörer auf dem Display berührte und die Nummer wählte, die er auswendig kannte. Nach wenigen Klingelzeichen hörte er Armins vertraute Stimme.

„Eren! Da bist du ja. Wie geht's dir?" Armin klang wie immer, freundlich und doch mit dieser leisen Sorge, die er nicht ganz verbergen konnte.

Erschöpft von der Sitzung, aber nicht weniger erleichtert freute er sich dieses Mal die Stimme seines blonden Freundes zu hören. Viel zu lange schob er es nun auf und ging ihm regelrecht aus dem Weg. Armin wohnte noch immer in seiner alten Heimat, in der sie sich damals kennengelernt hatten.



Ein kleiner Pausenhof, umgeben von hohen, alten Bäumen, deren Blätter sanft im Wind raschelten. Es war ein klarer, sonniger Herbstmorgen, und die Kinder hatten gerade ihre erste Pause des Tages. Der Boden ist mit frisch gefallenem Laub bedeckt gewesen, und überall waren die fröhlichen Stimmen von Kindern zu hören, die Fangen spielten, miteinander redeten oder einfach herumliefen.

In einer Ecke des Pausenhofs stand Eren, mit zerzausten braunen Haaren und entschlossener Miene. Er trug eine einfache, etwas abgenutzte Jacke und blickte umher, als würde er nach etwas suchen. Auf der anderen Seite, nahe einem der Bäume, stand Armin, ein schüchterner, zierlicher Junge mit hellblondem Haar. Er hielt ein Buch fest an sich gedrückt und beobachtete die anderen Kinder, die um ihn herumspielten, aber er macht keinen Versuch, sich ihnen anzuschließen.

Er bemerkte Armin, der alleinstand, und lief spontan auf ihn zu. Seine Schritte waren entschlossen, aber er hatte einen neugierigen Ausdruck im Gesicht. "Hey, warum stehst du hier alleine?"

Armin hob den Kopf und sah Eren mit großen, blauen Augen an. Seine Hände hielt das Buch noch fester, als wäre es ein Schutzschild. "Ich... ich lese nur. Es ist okay."

Eren runzelte die Stirn und trat näher. "Du liest während der Pause? Warum spielst du nicht mit den anderen?"

Der Blonde zögerte, bevor er antwortete. "Die anderen... sie mögen mich nicht so. Sie sagen, ich bin komisch, weil ich lieber Bücher lese."

Ein Funke von Ärger und Wut blitzte in ihm auf, aber er hielt ihn zurück und lehnt sich ein wenig vor, um das Buch zu sehen. "Was liest du da?"

Zögernd zeigte er Eren das Buchcover. Es war ein abgenutztes Exemplar mit einer Illustration von einem alten Schiff auf einem stürmischen Meer. "Es geht um Entdecker und ihre Reisen. Sie haben neue Länder entdeckt und sind über riesige Ozeane gesegelt... Ich finde es faszinierend."

Erens Augen weiteten sich leicht vor Interesse. "Das klingt cool! Warum sollten die anderen das nicht mögen? Ich finde, das klingt aufregend!"

Der Kleinere lächelte unsicher, als ob er nicht glaubte, dass jemand anderes seine Begeisterung teilen könnte. "Wirklich? Die meisten Kinder sagen, dass es langweilig ist und dass ich zu viel weiß."

Eren schüttelte den Kopf, mit einem entschlossenen Ausdruck. "Die haben doch keine Ahnung! Es ist doch toll, wenn man viel weiß. Und wer weiß, vielleicht wirst du eines Tages auch ein Entdecker oder so."

Armins Gesicht erhellte sich, das erste Mal schien er sich wirklich verstanden zu fühlen, so erzählte er es später nämlich auch Eren, wenn sie an ihre Kindheit zurück dachten. "Meinst du das wirklich? Das wäre unglaublich... Aber ich dachte, niemand würde das verstehen."

Eren lachte und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. "Natürlich meine ich das! Wenn du willst, können wir zusammenspielen oder die anderen Sachen erforschen. Ich wette, wir könnten uns unsere eigenen Abenteuer ausdenken."

Armin wurde mutiger und sein Lächeln breiter. "Das würde ich gern. Hast du schon einmal davon geträumt, weit weg zu gehen? So wie die Entdecker in meinem Buch?"

Mit funkelnden Augen sah er ihn an. "Ja, ständig! Ich will die Welt sehen, alles erleben, was es da draußen gibt. Nicht nur hierbleiben und... naja, nichts erleben."

Und so entstand ihre Freundschaft, es war mehr ein Zufall, aber das spielte für beide keine Rolle. Eren konnte sich keinen besseren besten Freund vorstellen.





Eren lehnte sich zurück, den Kopf gegen die Wand gelehnt, und schloss die Augen. „Hey, Armin. Es geht mir... ja, eigentlich ganz gut. Es ist einiges passiert in den letzten Wochen."

„Das freut mich zu hören." Armin klang erleichtert. „Wie läuft es mit Zeke? Hast du dich ein bisschen eingelebt?"

Eren zögerte kurz, bevor er antwortete. „Ja, es läuft besser, als ich erwartet hätte. Zeke und ich... wir hatten am Anfang unsere Probleme, aber jetzt, bin ich unglaublich froh ihn zu haben. Er ist ein großartiger Bruder. Er hat mir viel gezeigt, besonders in seiner Werkstatt."

„Du arbeitest mit ihm?" Armins Stimme wurde neugierig.

Eren nickte, obwohl Armin das nicht sehen konnte. „Ja. Es ist eine Autowerkstatt, Zeke hat mir einiges beigebracht. Am Anfang war ich ziemlich unsicher, aber inzwischen bekomme ich das meiste alleine hin. Es ist fast schon... beruhigend, weißt du? Etwas mit den Händen zu schaffen, zu reparieren. Es fühlt sich an, als würde ich wieder ein Stück Kontrolle zurückgewinnen."

„Das klingt wirklich gut, Eren", sagte Armin sanft. „Ich bin froh, dass du etwas gefunden hast, das dir hilft, dich wieder zu erden."

Eren spürte, wie sich ein Lächeln auf seinen Lippen bildete. „Ja, das tut es wirklich. Und... ich hab auch endlich den Schritt gewagt und mit einer Therapie angefangen."

„Wirklich?" Armins Überraschung war nicht zu überhören, gefolgt von einem warmen Ton. „Das ist großartig, Eren. Wie läuft das für dich?"

Eren nahm einen tiefen Atemzug, seine Stimme wurde etwas ernster. „Es war am Anfang schwer. Ich wollte nicht über alles reden, wollte nicht wieder all das hochholen, was passiert ist. Aber meine Therapeutin ist gut. Sie ist geduldig, drängt mich nicht zu viel, aber sie versteht, wie sie mich dazu bringt, die Dinge auszusprechen, die ich so lange in mir vergraben habe. Es fühlt sich oft an, als würde ich auf einem Drahtseil balancieren, aber... es hilft. Es hilft wirklich."

„Das klingt, als würdest du Fortschritte machen", sagte Armin, seine Stimme jetzt leise und aufrichtig. „Ich bin so froh, dass du diesen Schritt gegangen bist."

„Danke", murmelte Eren. „Es ist noch ein langer Weg, aber es geht voran. Es ist, als würde ich langsam wieder die Kontrolle über mein Leben zurückbekommen." Zumindest redete er sich das ein.

Es entstand eine kurze Pause, in der beide die Bedeutung von Erens Worten sacken ließen. Dann war es Eren, der die Stille durchbrach.

„Es gibt da noch etwas, Armin", begann er vorsichtig, fast zögerlich. „Ich habe jemanden kennengelernt."

„Jemanden?" Armins Stimme klang nun überrascht, aber auch neugierig. „Wer ist es?"

Eren spürte, wie sich automatisch ein leichtes Lächeln auf seine Lippen legte, ein seltenes Gefühl für ihn in letzter Zeit. „Sein Name ist Levi. Ich habe ihn ungefähr vor zwei Wochen kennengelernt. Er besitzt hier in der Stadt einen kleinen Teeladen."

Armin schien kurz zu schweigen, als würde er die Worte verarbeiten, dann lachte er leise. „Levi? Ein Teeladen? Das klingt... irgendwie passend. Wie habt ihr euch getroffen?"

Eren lehnte sich zurück und schloss die Augen, als er sich an den Tag erinnerte. „Er war Kunde in meiner Werkstatt, danach wieso auch immer habe ich ihm sein Auto persönlich zurückgebracht und habe ihm seinen Schlüssel in den Laden gebracht. Er hat daraufhin einen Tee empfohlen, und bevor ich's mich versah, saßen wir zusammen und haben geredet. Hauptsächlich über Tee natürlich. Er ist... anders, als ich erwartet habe. Ruhig, aber nicht auf eine unangenehme Weise. Er hat etwas Beruhigendes an sich."

„Und ihr habt euch schon ein paar Mal getroffen?" Armin klang jetzt aufrichtig erfreut.

„Ja", bestätigte Eren und grinste nun. „Wir hatten ein richtiges Date gestern. Davor hat er mich aber zwei Wochen lang in seinen Laden kommen lassen, um mir jeden Morgen eine Tasse Tee zu holen damit ich das Date auch bekommen würde. Es war... gut. Wirklich gut. Er ist nicht der Typ, der viel redet, aber das brauche ich auch gar nicht. Es reicht, dass er da ist und zuhört, wenn ich reden will. Wir verstehen uns gut, und es ist... es fühlt sich richtig an."

„Das freut mich so sehr für dich, Eren", sagte Armin, seine Stimme sanft und voller Wärme. „Ich hoffe, dass das etwas ist, das dir weiterhin hilft, dich selbst wiederzufinden. Auch wenn ich es komisch finde das er dich zwei Wochen lang in den Laden hat kommen lassen. Du als großer Tee Fan", Eren hörte das Schmunzeln in Armins Stimme was ihn nur noch breiter grinsen ließ.

Eren nickte, spürte, wie sich eine Last von seinen Schultern hob. Er war wirklich erleichtert das sein bester Freund so leicht und offen mit allem umging. „Ja, das hoffe ich auch. Es ist noch alles neu, aber es fühlt sich gut an, zu wissen, dass da jemand ist, der mich versteht. Auch wenn er noch nicht alles weiß."

„Das ist alles, was zählt", erwiderte Armin leise. „Nimm dir die Zeit, die du brauchst. Es klingt, als würdest du endlich die Richtung finden, die du suchst. Und wenn die Zeit reif ist, und du ihm genug vertraust wirst du dich ihm bestimmt auch öffnen können"

„Danke, Armin. Wirklich", sagte Eren, seine Stimme ehrlich und dankbar. „Es bedeutet mir viel, dass du mir zuhörst und mich unterstützt."

„Natürlich, Eren. Dafür sind Freunde da. Und du weißt, dass ich immer für dich da bin, egal was passiert."

Eren spürte, wie eine Welle der Erleichterung ihn durchströmte. Das Gespräch mit Armin hatte ihm geholfen, seine Gedanken zu sortieren und die Veränderungen in seinem Leben zu akzeptieren. „Ich weiß. Und ich bin froh, dass du da bist."

Sie redeten noch ein paar Minuten weiter, tauschten Neuigkeiten und Erinnerungen aus, bevor sie sich verabschiedeten. Als Eren das Telefon schließlich auf den Nachttisch legte, spürte er eine unerwartete Ruhe in sich. Er war nicht mehr der Junge, der in die Welt hinausziehen wollte, um alles und jeden zu bekämpfen. Aber vielleicht, dachte er, fand er nun langsam den Frieden, den er so lange gesucht hatte.

Ohne groß weiter über seine nächste Tat nachzudenken, griff er wieder nach seinem Handy und suchte einen bestimmten Kontakt. Eren suchte Ihn.


„Hast du Lust vorbeizukommen? Ich könnte uns etwas kochen" schrieb er ihm, sein Herz schlug ihm wild gegen die Brust, während er auf eine Nachricht wartete. War das wirklich eine gute Idee? Vielleicht störte er den Älteren gerade auch. Kurz huschte sein Blick auf seine Uhr, so spät war es eigentlich noch nicht. Levi sollte gerade seinen Laden schließen, wenn er sich richtig erinnerte. Eren war selten abends in dem Laden gewesen.

Als sein Handy in seiner Hand vibrierte war sein Blick sofort auf das Display gerichtet.

„Ich bin in 10 Minuten da", las er die Antwort. Er würde tatsächlich kommen. Eren brauchte noch einen kurzen Moment, um es zu realisieren, dann sprang er von seinem Bett auf wie von der Tarantel gestochen und fing an sich noch ein Outfit für gleich herauszusuchen. Er würde wirklich kommen...

Purple HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt