Ravens Sicht
Ich stehe vor dem großen Wandspiegel in meinem Schlafzimmer. Das Licht des Mondes wirft nur schwache Schatten auf den Boden, und der Raum ist still. Die Dunkelheit scheint mich zu erdrücken, als würde ich in einem Sturm aus Gedanken und Gefühlen ertrinken. Mein Herz klopft noch schnell von den Ereignissen der letzten Stunde. Jeder Atemzug erscheint mir schwerer als der vorherige, und der Raum um mich herum fühlt sich enger und erdrückender an. Das sanfte Licht des Mondes wirft Schatten, die wie flüsternde Geister meiner Vergangenheit erscheinen.
Als ich mein Spiegelbild betrachte, bemerke ich einen seltsamen Glanz in meinen Augen. Die goldenen Iris scheinen zu pulsieren, und ein Hauch von Violett schimmert darin auf. Es ist, als ob sie auf eine Art von Energie reagieren, die ich nicht ganz verstehen kann. Jeder kleine Funken des violetten Lichts scheint mir etwas zu sagen, als ob er eine Botschaft aus einer anderen Welt übermitteln möchte. Das pulsierende Glitzern in meinen Augen fühlt sich wie ein Hinweis auf das Unbekannte an, das in mir schlummert. Ich frage mich, ob dies der Beginn meiner Veränderung ist.
Plötzlich höre ich die vertraute Stimme, die klar und ruhig in meinem Kopf klingt. „Raven, es ist Zeit, dass du die Wahrheit erfährst."
Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Ich schließe die Augen und konzentriere mich auf die Stimme, die mich schon einmal angesprochen hat. „Nymeria? Bist du das?" frage ich, unsicher, ob ich mir das nur einbilde. Die Stimme scheint aus den tiefsten Ecken meines Bewusstseins aufzutauchen, und ich kann die Klarheit ihrer Worte fast körperlich spüren.
„Ja, ich bin Nymeria," antwortet die Stimme, mit einem beruhigenden Klang, der wie eine sanfte Umarmung wirkt. „Ich bin die innere Wölfin in dir, ein Teil von dir, den du lange Zeit vernachlässigt hast."
„Aber warum habe ich dich so lange nicht gespürt?" frage ich, meine Stimme ein Flüstern, als ob ich den Moment nicht zerstören will. Jede Frage öffnet ein neues Rätsel, dessen Lösung ich lange gesucht habe.
„Du hast dich lange von mir entfernt," erklärt Nymeria. „Als du noch klein warst, haben deine Großeltern beschlossen, deine Brüder zu sich zu nehmen, um dich zu schützen. Du wurdest allein gelassen, und das Trauma dieser Trennung hat dazu geführt, dass ich mich zurückgezogen habe. Die Ereignisse von damals haben uns getrennt."
Nymerias Worte wecken Erinnerungen, die ich lange unterdrückt habe. Ich sehe mich als kleines Mädchen, als meine Großeltern entschieden, meine beiden Brüder zu sich zu nehmen, um uns vor einer drohenden Gefahr zu schützen. Der Schmerz, den ich damals verspürte, ist noch immer frisch. Die Vorstellung, dass sie mich zurückgelassen haben, um mich zu schützen, scheint fast wie ein bitterer Hohn. Die Tränen, die ich nachts heimlich vergoss, und das Gefühl der Verlassenheit kommen mir wieder in den Sinn, als ob ein Teil von mir zusammen mit meinen Brüdern fortgegangen wäre.
„Ich erinnere mich," sage ich leise, meine Stimme zittert vor Emotionen. „Es war, als hätten sie einen Teil von mir mitgenommen, als ob ich allein gelassen worden wäre. Der Verlust war überwältigend."
„Genau," sagt Nymeria. „Du hast dich immer allein gefühlt, und das hat dazu geführt, dass du deine wahre Natur, deine Kräfte, verdrängt hast. Die Trennung von deinen Brüdern hat eine Wunde in dir hinterlassen, und ich musste mich zurückziehen, um dich nicht weiter zu verletzen."
Ich atme tief ein und konzentriere mich auf das brennende Gefühl in meiner Brust. Die violette Energie, die ich zuvor nur flüchtig gespürt habe, wird jetzt intensiver. Ich hebe meine Hände und stelle mich vor den Spiegel. Die violette Energie scheint direkt aus meinem Inneren in die Luft zu fließen, und der Spiegel reflektiert das sanfte Leuchten, das aus meinen Händen strömt. Es sieht aus, als ob sich die violette Energie in der Luft verdichtet.
Plötzlich durchziehen violette Blitze meine Fingerspitzen und formen sich zu leuchtenden Flammen. Es ist kein schmerzhafter Schmerz, sondern ein brennendes Gefühl, das mich auf eine neue Art und Weise anregt. Die Violetttöne in meinen Augen werden intensiver, und ich sehe, wie das Licht, das aus meinen Händen strömt, im Spiegel reflektiert wird. Jede Bewegung, jeder Funke scheint mir zu zeigen, dass ich mehr bin als das, was ich bisher gekannt habe.
„Es ist, als ob mein ganzes Wesen im Einklang mit diesem violetten Feuer steht," denke ich. „Jede Bewegung, jeder Funke zeigt mir, dass ich eine tiefere Verbindung zu mir selbst habe, als ich jemals geglaubt habe."
„Das, was du spürst, ist ein Teil von dir," sagt Nymeria, ihre Stimme beruhigend und ermutigend. „Du hast die Fähigkeit, die violette Energie zu kontrollieren, die aus deinem Inneren kommt. Diese Kraft ist nicht nur ein Teil deiner Natur, sondern auch ein Zeichen deiner Stärke. Du musst lernen, sie zu beherrschen."
„Aber wie?" frage ich verzweifelt. „Wie soll ich das kontrollieren?" Mein Herz schlägt schnell vor Aufregung und Angst. Es fühlt sich an, als ob ich am Rand eines neuen Lebens stehe, aber ich bin unsicher, wie ich den ersten Schritt wagen soll.
„Du musst lernen, dich mit dir selbst und deiner Vergangenheit auseinanderzusetzen," antwortet Nymeria. „Deine Kraft ist tief in deinem Erbe verwurzelt. Wenn du die Vergangenheit akzeptierst und die Verbindung zu dir selbst stärkst, wirst du auch lernen, deine Fähigkeiten zu meistern. Es ist kein Kampf gegen deine Kräfte, sondern eine Reise, um dich selbst zu entdecken."
Mit einem tiefen Atemzug lasse ich die violette Energie in meinen Händen fließen, ohne mich dagegen zu wehren. Die Flammen werden sanfter und leuchten mit einem beruhigenden Glanz. Ich blicke in den Spiegel und sehe die violetten Reflexionen in meinen Augen, die nun nicht mehr beängstigend, sondern voller Macht sind. Die Energie, die mich umgibt, scheint auch meine Seele zu erhellen.
„Ich verstehe jetzt," sage ich leise, mit einer Entschlossenheit, die mir neu erscheint. „Ich werde diese Kraft annehmen. Ich werde lernen, sie zu kontrollieren und zu nutzen." Die Worte fühlen sich wie ein Versprechen an, nicht nur an mich selbst, sondern auch an die Teile von mir, die ich verloren geglaubt hatte.
„Genau," bestätigt Nymeria. „Das ist der erste Schritt. Du bist stärker, als du denkst, und du wirst lernen, deine wahre Stärke zu nutzen." Ihre Stimme klingt stolz und ermutigend, und ich spüre, wie die Verbindung zwischen uns stärker wird.
Ich sinke erschöpft, aber erleichtert auf mein Bett. Die violette Energie pulsiert sanft in meinen Händen, und ich weiß, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Es ist erst der Anfang, aber ich fühle mich bereit, den nächsten Schritt zu gehen. Das Gefühl der Erschöpfung wird von einer leisen Hoffnung abgelöst, und ich schließe die Augen, bereit für das, was kommen mag.
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🖤 Maylunawrites🖤
[1103 Wörter]
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𝑻𝒉𝒆 𝑳𝒆𝒈𝒂𝒄𝒚 𝒐𝒇 𝑻𝒉𝒆 𝑺𝒊𝒍𝒗𝒆𝒓 𝑴𝒐𝒐𝒏🩶🌙
Fantasía𝐌𝐨𝐨𝐧𝐬𝐡𝐚𝐝𝐨𝐰 𝐂𝐡𝐫𝐨𝐧𝐢𝐜𝐥𝐞𝐬 𝐁𝐚𝐧𝐝 𝐈 Zwischen Flucht, Vertrauen und einer gefährlichen Vergangenheit Raven ist schüchtern, ängstlich und von den Narben ihrer Vergangenheit gezeichnet. Als Althea, eine mächtige Kriegerin und Freundin...