Die Sonnenstrahlen, die durch das offene Fenster dringen, wecken mich sanft aus meinen Träumen. Ich schlage die Augen auf und sehe mich um. Ich liege in meinem Bett, zugedeckt und in den Klamotten von gestern. Phil muss mich hochgetragen haben. Meines Wissens bin ich nämlich am Strand eingepennt.
Mein Blick fällt auf den Wecker, der neben dem Bett auf dem Nachtkästchen steht. Halb acht. Phil ist sicher noch nicht wach. Wer steht auch in den Ferien so früh auf?!
Langsam setze ich mich auf und mein Blick schweift im Zimmer umher. Dabei fällt er auf die Balkontür, die sich direkt neben dem Fenster befindet. Langsam stehe ich auf und betrete den Balkon. Plötzlich entdecke ich eine weiß getünchte Treppe, die um die Hausecke herum nach oben führt.
Vor fünf Jahren war die noch nicht da, da bin ich mir sicher.
Neugierig steige ich die Stufen nach oben. Was ich dort sehe, raubt mir den Atem. Ein im Dach eingelassener Pool, dessen Wasser in der Morgensonne glitzert. Außenrum stehen weiße Plastikliegen und eine Außendusche. Probeweise halte ich meinen großen Zeh ins Wasser. Ein bisschen kalt, aber erfrischend. Schnell laufe ich nach unten und zerre meinen Koffer unter dem Bett hervor. Gestern hatte ich weder Zeit, noch Lust ihn auszuräumen.
Ich schlüpfe in meinen Bikini, nehme ein Handtuch mit und laufe wieder nach oben. Das Handtuch werfe ich achtlos auf eine der Liegen und springe Kopfüber ins kühle Nass. Ich tauche ungefähr bis zur Hälfte des Beckens, den Rest schwimme ich. Am Beckenrand stütze ich meine Unterarme auf und schaue auf. Mir bietet sich ein perfekter Blick über den Strand, die Palmen und das Meer. Es ist wunderschön. Die Luft ist warm und das Poolwasser liegt wie ein kühler Film auf meiner Haut.Nachdem ich noch ein paar Bahnen geschwommen bin, steige ich aus dem Wasser und wringe meine Haare aus. Sie sind mittlerweile wieder schulterlang, nachdem ich eine zeitlang einen kurzen Bob getragen habe.
Die Wassertropfen auf meiner Haut glitzern und ich lege mich, nass wie ich bin, auf eine der Liegen.
Plötzlich und völlig unerwartet überkommt mich eine Sehnsucht. Eine Sehnsucht nach dem, was ich damals alles verloren habe.
Nach Lucy, meiner besten Freundin, die ich je hatte. Und nach ...
Nein!! Jetzt nicht!!
Schnell verscheuche ich den Gedanken wieder und trockne mich ab."Na, schon wach?", begrüße ich Phil. Er antwortet mir mit einem Knurren und etwas, dass sich wie "Lass mich schlafen!" anhört und zieht sich seine Decke übers Gesicht. Mit einem Kichern verlasse ich sein Zimmer und begebe mich in meines. Nachdem ich dann fertig mit umziehen bin, gehe ich in die Küche um den Frühstückstisch zu decken. Als der Tisch fast fertig gedeckt ist, höre ich Schritte über meinem Kopf und kann mir, nachdem ich auf die die Uhr gesehen habe um in Erfahrung zu bringen wie lange der werte Herr dort oben noch geschlafen hat, ein Schmunzeln nicht verkneifen, denn ich stehe schon seit einer halben Stunde hier unten und er kommt erst jetzt auf die Idee aufzustehen . Mit den Gedanken bei Phil, ziehe ich mir meine Flip Flops an und gehe in das Dorf, denn soweit ich mich erinnern kann gibt es dort einen Bäcker, welcher die besten Brötchen die ich jemals gegessen habe, verkauft. Dort angekommen kaufe ich 4 Brötchen und eine Nusschnecke. Mit dieser Ausbeute laufe ich wieder nach Hause und ziehe die warme Luft tief ein. Ich bin von dieser Luft abhängig, wie von einer Droge. Ja die Luft ist meine Droge, denn ohne Luft kein Leben. Nein! Schon wieder schießt mir ein Gedanke durch den Kopf und ich bin kurz davor, hier mitten in dem kleinen Dorf zusammenzubrechen. "Ist alles ok?", fragt mich ein kleines, verwahrlost aussehendes Mädchen und ich nicke tapfer . Ich bin kurz davor in Tränen auszubrechen, will vor dem Mädchen aber stark wirken. Deshalb nicke ich noch einmal, dieses mal kräftiger und das Mädchen sieht mich leicht lächelnd an, bevor es mir zuwinkt und zu ihrer Mutter läuft, welche sie glücklich anstrahlt und an der Hand nimmt . Eilig laufe ich aus dem Dorf hinaus und lasse meinen Tränen freien Lauf . Ich bin allein, niemand sieht mich. Meine Schluchzer sind still und die Tränen laufen immer weiter und weiter, bis ich nicht mehr kann und auf einen kleinem Feldweg stoppe um mich in das Gras zu legen, welches vom Wind, welcher salzig schmeckt wie meine Tränen, bewegt wird . Ich bleibe liegen und beobachte den Himmel und die Wolken, bis mir einfällt, dass ich ja schon längst zu Hause sein sollte und mit Phil Frühstücken wollte.
Langsam stehe ich auf und nehme die Tüte vom Bäcker in die Hand. Dann setze ich meinen Weg über den Feldweg fort. Dadurch, dass ich früher so oft hier war und die Umgebung auf eigene Faust erkundet habe, weiß ich, dass ich über diesen Weg direkt zu unserem Grundstück gelange.
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Phil sitzt auf der Terrasse und sonnt sich. Als ich komme, fährt er hoch.
"Annie! Wo warst du?", ruft er. "Ich hab mir solche Sorgen gemacht!"
Dafür, dass er ja so besorgt um mich ist, lag er bis vor kurzem noch seeeehr entspannt in dem Liegestuhl. Meine verheulten Augen hat er wohl auch nicht bemerkt. Und sowas nennt sich mein Freund.
"Ich war beim Bäcker", murmle ich und verschwinde im Haus. Ich lege die Brötchen in eine Schale und die Nusschnecke auf einen Teller, dann flüchte ich ins Badezimmer und schließe ab. Ich lasse mich an der Tür heruntergleiten und verschnaufe um nicht noch einmal in Tränen auszubrechen. Als ich mir dann einigermaßen sicher war nicht mehr anzufangen zu weinen, stehe ich auf und betrachte mich im Spiegel. Mein Gesicht, welches früher Freude ausstrahlte und Pausbäckchen besaß ist eingefallen und wirkt im Licht, welches durch das Fenster das Zimmer erhellt fahl und unscheinbar. Ich zwinge mich zu einem lächeln, welches aber alles andere als echt aussieht und hoffe, dass Phil es später nicht bemerkt, aber mein verheultes Gesicht hat er ja schließlich auch nicht bemerkt, deshalb schätze ich, dass ihm dies auch nicht auffallen wird. Meine Augen sind schon wieder kurz davor sich mit Wasser zufüllen, deshalb schlucke ich den Schmerz herunter und lasse mir kaltes Wasser über das Gesicht laufen um meine Augen ein wenig zu kühlen. Um die Rötungen zu verstecken trage ich mir noch kurz Abdeckstift auf und betrachte mich noch einmal im Spiegel. Ich sah schon mal hübscher aus, mit deutlich weiblicheren Formen und glänzenderem und längeren Haaren, an all dem ist nur eine Sache Schuld,.... Um nicht schon wieder zu weinen verdränge ich den Gedanken schnell und schreite langsam die Treppe hinunter und gehe anschließend in die Küche, wo ich auf Phil treffe, welcher sich gerade ein Marmeladebrötchen in den Mund schiebt . Von warten hat der auch noch nie was gehört oder wie ? Ich ignoriere die Tatsache, dass mein Freund ohne mich angefangen hat zu essen und setze mich um mir ebenfalls ein Brötchen zu machen und dieses zu verspeisen. Nachdem ich mit dem Essen fertig bin, räume ich den Tisch ab und wische diesen ab. Phil befand es anscheinend nicht für nötig mir zu helfen, weshalb ich entschließe es allein zu machen, obwohl wenn wir nicht im Dreck leben wollen muss es wohl oder übel einer machen und in diesem Fall bin das eben ich . Nachdem ich damit fertig bin, schaue ich in den Kühlschrank um in gähnende Lehre zu schauen und den Entschluss zu fassen wieder ins Dorf zu gehen und dort einzukaufen. Da mit Phil heute eh nicht zurechnen ist, wenn es um Arbeit geht, gehe ich allein den Weg ins Dorf, den ich schon so oft zurückgelegt habe im Laufe der Jahre und dieser Weg, diese Insel prägen meine Kindheit.
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Summer Dreams
Sonstiges~Niemand konnte ihn vorhersagen. Doch er kam. Und er nahm mir das Wertvollste, was ich jemals besaß~ Nach fünf Jahren kehrt Annie an den Ort zurück, an dem sie einst ihre beste Freundin verloren hat. Und ihre große Liebe, deren Leiche jedoch nie gef...