Die Katastrophe war abgewendet. Das war, was Griffith sich aus Guts Gebahren zusammenreimen konnte. Der Mann war ungewohnt zurückhaltend - natürlich war er zurückhaltend, du musst gewirkt haben wie der letzte Wahnsinnige - aber er machte nicht den Anschein, als wolle er Griffith vor irgendwem bloßstellen. Die Sorge, die sich die Nacht über in ihm geregt hatte, war eingesunken und zurück in den Hintergrund seines Geistes gekrochen.
Jederzeit gerne wieder... Griffith seufzte zu sich selbst. Würde Guts auch nur den Hauch einer Ahnung haben, wohin seine Gedanken wanderten, er würde nicht so leichtfertig Scherze machen.
Am schlimmsten war, dass es geholfen hatte. Gestern hatte der Gedanke an Gennon ihn noch einsinken lassen wollen, heute füllte er ihn mit eigensinniger Verachtung. Griffith wusste selbst nicht ganz, was er daraus machen wollte.
Den Tag über hatte er in seinem Zelt gelesen, unterbrochen von Casca und anderen Einheitenkommandanten. Trainingspläne wurden besprochen, die Aufstellung ihres Lagers diskutiert - kleinliche Streitereien zwischen Männern waren so ausgewachsen, dass Griffith überlegen musste, sie tatsächlich räumlich zu trennen -, und mit der Logistik durfte er mehrere Stunden seines Nachmittags darauf verschwenden zu überlegen, wie sie die neuesten Vorratslieferungen des Hofs auf die Lager aufteilten, ohne dass Konflikte zwischen einzelnen Parteien verschärft wurden. Frieden und Wartezeit machten die Männer zu einem zänkischen Pulverfass. Es wurde Zeit, dass man ihnen wieder einen Kampf vor die Nase setzte.
Oder zumindest jemanden, der mit einem Messer an ihnen herumschnitt-
Griffith verjagte den Gedanken, aber zu spät. Das kurze Schaudern hatte ihn bereits erfasst.
Er beschloss, dass er genug Zeit im Planungszelt verbracht hatte, und löschte die Lampen, ehe er vor die Tür trat und sich nach einem Moment des Abwägens in Richtung der Zeltstätte seiner Kommandanten drehte. Das Feuer zwischen ihnen schlug bereits hoch, und die Lautstärke signalisierte gute Laune. Perfekt, um ihn auf andere Gedanken zu bringen.
"Der Aufenthalt könnte diesmal länger werden.", hörte Guts neben sich. Die Worte ließen ihn aufhorchen. "Ein paar Wochen, auch wenn ich mich bemühen werde, hin und wieder im Lager vorbeizuschauen." Er wagte einen Blick zur Seite, wo Casca an Griffith Lippen hing. Das prasselnde Feuer, das warme Muster auf ihre dunkle Haut und seine weißen Locken zeichnete, ließ beide für einen Moment übernatürlich schön aussehen, mehr als die Realität erlaubte. Guts blinzelte und schüttelte den Kopf zu sich selbst.
"Was ist so dringend, dass es all diese Zeit beansprucht?"
"Gegenwärtig? Der Rückzug aus Hohenthann und die Verhandlungen mit Haus Morgan. Der Rat fürchtet, dass sie auf Seiten unseres Feindes in den Krieg einsteigen könnten, wenn wir ihnen nicht rechtzeitig eine angenehmere Alternative bieten." Guts hatte keine Vorstellung, zu keinem der Namen. Es war, als käme alle zwei Wochen ein neuer General So-und-so oder ein anderes Haus geschichtsträchtigen Namens aus irgendeinem Loch gekrochen, um sich seinen Teil vom Konflikt zu sichern. Wäre Guts im Rat, er hätte ihnen vermutlich gesagt, sie könnten ihn alle mal. Sollten sie überlaufen, dann gab es mehr für ihn zu schlachten.
Ein guter Grund, vermutlich, warum man Griffith und nicht ihn zu solcherlei Besprechungen einlud.
"Für uns hier ist beides nicht wirklich von Relevanz", fuhr Griffith hinter seinem Rücken fort. "Haus Morgans Vertreter hat deutlich gemacht, was er vom Gemeinen Volk in einem Kriegsrat hält. Da ist für mich nichts zu machen. Und Hohenthann ist zu weit entfernt, als dass die Bande des Falken es dorthin schaffen würde, um den Rückzug zu sichern."
"Quasi auf dem anderen Ende der Karte", hörte er Casca bestätigend seufzen. "Kann ihnen der Rückzug denn gelingen?"
"Jetzt gerade sieht es schlecht aus, den Botschaften zufolge. Der König will ihnen Verstärkungen entgegenschicken. Der Rat fürchtet, dass er nur Männer verbrennt, wenn der Feind zuerst die flüchtende Armee aufreibt und dann die Verstärkungsmächte abfängt."
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Fleisch
FanfictionGriffith muss seinen Kopf wieder funktionsfähig bekommen, bevor Schatten vergangener Entscheidungen ihm den Tag versauen. Glücklicherweise weiß er exakt, wer der richtige Mann für diese Aufgabe ist. -Mom help I've found a new fandom.- Gewohnte Menge...