KAPITEL 11

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VOR DEM EINGANG DES ANFÜHRERBAUS stand Wüstensturm und blickte mit sorgenvoller Miene zum Himmel. Die Wolken hatten sich verdichtet, der Wind peitschte durch die Baumkronen und ließ die Blätter in einem wilden Tanz herumwirbeln. Der bevorstehende Blattfall drückte sich in jeder Ecke des Lagers aus: Die Bauten schienen kälter, die Beute wurde knapper, und die Anspannung unter den Katzen war greifbar.

Rattensterns Zustand hatte sich über Nacht dramatisch verschlechtert. Er lag fiebernd in seinem Bau, das Fell struppig, und seine Atemzüge waren flach. Regentau hatte alles versucht, ihn zu stabilisieren, doch es war, als ob die Krankheit, die den DonnerClan heimsuchte, nicht nur seine Körper, sondern auch seinen Geist ergriffen hatte. Wüstensturm wusste, dass die Lage kritisch war. Der Clan konnte es sich nicht leisten, seinen Anführer zu verlieren — nicht jetzt, wo der WindClan von ihrer Schwäche wusste.

„Wie geht es ihm?“, fragte Jaguarkralle, der sich leise neben sie gestellt hatte. Seine bernsteinfarbenen Augen suchten ihren Blick, doch Wüstensturm schüttelte nur den Kopf.

„Nicht gut“, antwortete sie schließlich. „Regentau tut, was sie kann, aber es sieht schlecht aus. Wenn Rattenstern noch ein Leben verliert…“ Sie konnte den Gedanken nicht zu Ende bringen. Die Vorstellung, dass Rattenstern den SternenClan auf Dauer besuchen könnte, war zu schrecklich. Ohne ihn wäre der DonnerClan führungslos. Und obwohl Wüstensturm die zweite Anführerin war, wusste sie, dass der Clan sie noch immer als die Tochter eines Feindes sah. Ihre Loyalität zum DonnerClan war oft genug infrage gestellt worden, und nun musste sie beweisen, dass sie diesen Clan mehr liebte als den, aus dem sie gekommen war.

„Du wirst das schaffen“, sagte Jaguarkralle leise und drückte seine Nase beruhigend an ihre Flanke. „Der Clan vertraut dir. Ich vertraue dir.“

Wüstensturm nickte und atmete tief ein. „Danke“, murmelte sie, doch ihre Gedanken rasten bereits weiter. Sie musste handeln, und zwar schnell. Die Große Versammlung stand heute Nacht an, und es war entscheidend, dass der DonnerClan stark und ungebrochen wirkte. Windstern durfte nicht den geringsten Verdacht schöpfen, dass sie geschwächt waren. Gleichzeitig musste sie jedoch sicherstellen, dass das Territorium verteidigt wurde. Ein Angriff des WindClans konnte jederzeit erfolgen.

Sie drehte sich zu Jaguarkralle. „Ich werde die Krieger zusammenrufen. Wir müssen entscheiden, wer zur Großen Versammlung mitkommt und wer im Lager bleibt. Wir können es uns nicht leisten, das Territorium ungeschützt zu lassen.“

Jaguarkralle nickte und begleitete sie in die Lagermitte, wo sie die wenigen gesunden Krieger versammelte: Fleckenfell, Dachsherz, Wolkenblüte und natürlich Jaguarkralle selbst. Sie waren erschöpft, das konnte Wüstensturm sehen, aber sie mussten durchhalten. Der Clan brauchte sie jetzt mehr denn je.

„Die Große Versammlung steht heute Nacht an“, begann Wüstensturm, ihre Stimme fest, obwohl die Sorgen in ihrem Inneren brodelten. „Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir stark wirken. Windstern weiß um unsere Schwäche, und wir dürfen ihm keinen weiteren Grund geben, uns anzugreifen. Das bedeutet, wir müssen genug Katzen zur Versammlung schicken, um den Eindruck eines gesunden und kampfbereiten Clans zu erwecken.“

„Aber was ist mit dem Territorium?“, fragte Fleckenfell, ihre bernsteinfarbenen Augen voller Sorge. „Wenn wir zu viele Katzen zur Versammlung schicken, bleibt das Lager schutzlos. Und wenn der WindClan angreift…“

Wüstensturm nickte. „Das ist der Balanceakt, den wir meistern müssen. Ich werde mitkommen, und Jaguarkralle wird mich begleiten. Außerdem denke ich, dass Fleckenfell und Dachsherz mitkommen sollten.“

Dachsherz hob den Kopf, seine Augen voller Besorgnis. „Ich weiß, dass meine Anwesenheit wichtig ist, aber… Mausepelz... sie erholt sich zwar, aber ich mache mir Sorgen. Was, wenn sich ihr Zustand wieder verschlechtert, während ich weg bin?“

WarriorCats - Zeichen des FeuersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt